Ein Herr aus dem Wohlstandsgefälle

[Rumpelstilz]

Am besten wär es wohl, jetzt mal zu flüchten,
so dachte er voll Ärger gestern noch.
Im Fernsehn lauschte er entsetzt Berichten,
wonach es stark nach Aufstandszeiten roch.

Doch heute ist er aller Sorgen ledig,
heut hat er seinen festen Mut zurück.
Wie wär es denn - paar Tage in Venedig?
Er denkt an längst vergessnes Liebesglück.

Dann fällt ihm ein, was so die Leute sagen.
Und offne Fragen quälen ihn zu Hauf,
die ganze Sache liegt ihm schwer im Magen.
Und wieder steigt in ihm der Ärger auf.

Und er beschließt, mit sich mal zu beraten.
Die Tag ist kühl, ihm ist enorm zu heiß.
Was die da auf den Straßen immer taten!
Er nennt es nur noch einen großen Scheiß.

Wenn man nur wüsste, was die Leute wollen.
Regierung stürzen? Bloß nicht! Nicht mit ihm!
Und er sagt sich: Ach, lass die Irren grollen,
die wissen nichts, die sind nicht legitim!

Was gibt es überhaupt zu protestieren?
Das Fernsehn läuft. Jetzt kommt die Tagesschau.
Er sieht vom Blatt den Kanzler referieren,
sagt sich sodann: Das ist es doch. Genau!

Der Tag ist um, bald geht es in die Betten.
Er sitzt noch zwei, drei Stunden nur so rum,
um Herz und Hirn und Seele sich zu retten,
und resümiert: Was Welt? Mir viel zu dumm!