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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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#1 |
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Die Vergangenheit entschwindet,
obwohl ich nicht vergessen will. Mein Lebensspiegel ist erblindet, um mich herum wird es ganz still. Ein Arzt erkannte die Demenz, bei der, wenn ich es recht versteh‘, in allerletzter Konsequenz nichts richtig tickt unterm Toupet. Dabei tut mir doch gar nichts weh, bin äußerlich noch voll intakt, doch mein Gehirn wird zu Gelee, ist butterweich, nicht mehr kompakt. Mein Verbleib wird aufgekündigt, das Ende naht, ich spür´ es kaum, fühl‘ mich machtlos und entmündigt, so nutzlos wie ein morscher Baum. Das Vergessen wird gewinnen, nie mehr wird es wie früher sein, doch ich werde weiterspinnen, im Innersten, ganz insgeheim. |
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#2 |
Wenn ich mal alt und tatt‘rig bin, zahnlos und dement. Wenn ich dann so vor mich hinspin, mein Geist nichts mehr erkennt. Als tatenlose Existenz nichts mehr geregelt krieg, dann bleibt mir aber wenigstens als Freundin die Musik. Lieber Rolli, ein tolles Gedicht, Kompliment. Ich habe als Musiker eins mit ähnlichem Thema und tröstendem Abschluss gemacht. Viele Grüße Bernhard |
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#3 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.355
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Lieber Rolli,
ich hoffe, es ist nicht autobiografisch. Ein paar minimale Änderungen möchte ich vorschlagen: Die Vergangenheit entschwindet, obwohl ich nichts vergessen will. Mein Lebensspiegel ist erblindet, um mich herum wird es ganz still. Ein Arzt erkannte die Demenz, bei der, wenn ich es recht versteh, (Apostroph weg) in allerletzter Konsequenz nichts tickt mehr richtig unter dem Toupet. (xXxXxXxXxX) Dabei tut mir doch gar nichts weh, bin äußerlich noch voll intakt, doch mein Gehirn wird zu Gelee, ist butterweich, nicht mehr kompakt. Mein Verbleib wird aufgekündigt, (Apostroph weg) das Ende naht, ich spür es kaum, ich fühl mich machtlos und entmündigt, (Apostroph weg - xXxXxXxXx) so nutzlos wie ein morscher Baum. Vergesslichkeit, sie wird gewinnen, (xXxXxXxXx) wie früher wird es nie mehr sein, (xXxXxXxX) jedoch ich werde weiterspinnen, (xXxXxXxXx) im Innersten, ganz insgeheim. Die Apostrophe stören beim Lesen; die meisten Änderungsvorschläge dienen der Rettung des Jambus. Ich kenne mehrere Fälle in meinem Bekanntenkreis. Ich glaube, die beginnende Demenz, in der die Betroffenen noch klare Episoden erleben und ihre Krankheit erkennen, sind schlimmer als die komplette Demenz. Liebe Grüße, Heinz |
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#4 |
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Lieber Rolli,
nein, das lyrische Ich ist nicht das Dichter-Ich. Hoffe ich wenigstens. Metrisch hat Heinz dir gezeigt, wo es hakt, muss ich ja nicht wiederholen. Das Problem bei dem Gedicht für mich liegt woanders, und zwar da, dass 1. kein Arzt einem Patienten knallhart Demenz bescheinigt und 2. der Betroffene sich darüber gar nicht im klaren ist, er also um die Konsequenzen seiner Krankheit gar nicht weiß. Der Arzt wird seine Diagnose höchstens der Familie mitteilen. Insofern ist das Gedicht die Vorstellung von Demenz, die man als Nichtbetroffener hat. Was das Gedicht nicht allzu glaubwürdig macht. Man soll eben nur darüber schreiben, was man wirklich genau kennt. Du hättest das Gedicht glaubwürdig schreiben können, wenn du gleich in der Exposition davon ausgegangen wärst, dass dein Ich Angst vor Demenz hat, und dann schilderst, dass er sich vorstellt, wie es ihm ergehen könnte. Das würde das Gedicht auch "belebt" haben. Aber dass der Kranke selbst spricht, kann ich dir so nicht abnehmen. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
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#5 |
Für mich spricht das Gedicht nicht von jemandem der immerwährend in Demenz lebt.
Er hat scheinbar seine wachen Momente. Das mehrmalige Selbsterkennen an Demenz erkrankt zu sein kann sehr verletzend sein. Zudem ist der Zustand schleichend und fällt dem betroffenen auf. Nur wie soll derjenige nach Hilfe fragen? Es ist einem mehr als peinlich zuzugeben das man Kapazität verliert. Die einzige Kritik die ich am Text habe ist, dass nicht die Vergangenheit verschwindet, sondern die Wahrnehmung der Gegenwart. Oft lebt man aufgrund einer Demenz in seiner Vergangenheit, weil es etwas darstellt dass der Gewohnheit angehört und nicht selten eine Erinnerung durchlebt, die sich auf irgendeine Weise festgesetzt hat. Nicht selten stehen Demenzkranke schreiend vor einem, weil sie erneut etwas durchleben und ihr Umfeld dabei vergessen. Ich gebe Heinz recht, das eigene erkennen an Demenz zu leiden, ist das schlimmste für alle beteiligten. Das muss sich anfühlen wie ewig hinter einer Mauer zu leben und zwischendurch schafft man es hinüber zu schauen um zu sehen was man kennt und was man eigentlich gerne durchleben möchte. Alles was vor einem liegt zwingt einem die Vergangenheit auf zu vergessen. Lg Mono |
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#6 |
Vorweg ein Dankeschön an alle Leser der Zeilen, in welchen ich eine Situation beschreibe, die hoffentlich an uns vorbei gehen möchte. Gott sei Dank bin ich kein direkt Betroffener, aber im perönlichen Umfeld gehören Einzelfälle leider zum Alltag, und sicher nicht nur bei mir.
Das sollte auch die kleineren, inhaltlichen Ungereimtheiten erklären. Ich interpretiere natürlich meine persönliche Vorstellung von dem, was in den betroffenen Menschen vorgehen könnte. Danke auch für die wirklich guten Korrekturvorschläge. Liebe Grüße Rolli |
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#7 |
Hallo Rolli,
witzig. Ich hatte vor wenigen Tagen dieselbe Idee, ein Gedicht über die Demenz meines verstorbenen Opis zu schreiben. Bei ihm kam das wie überall schleichend. Das Hier und Jetzt war für ihn immer weniger zu fassen. Er fragte so zum Beispiel gefühlte hundert Mal hintereinander "Na, wie geht's?". Anfänglich war es mit einem Schmunzeln unsererseits abgetan, aber später reagierten wir oftmals nicht mehr darauf. Meine Omi schimpfte sogar. Fand ich irgendwie blöd, aber sie konnte damit echt schwer umgehen. Das schlimmste Erlebnis, was ich damit verbinde, ist, als er auf der Beerdigung von Omi bei der Trauerfeier saß und fragte: "Wo ist denn Inge?" Oh, was weinten wir. Ich muss den anderen hier zustimmen, dass die Vergangeheit immer noch sehr präsent ist. Die Gegenwart mehr und mehr verblasst. Somit sind deine Zeilen nicht ganz stimmig. Aber auch das haben dir die anderen schon mitgeteilt. Ich hab es gern gelesen und konnte einmal mehr in Erinnerungen versinken. Nette Grüße, Candlebee |
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#8 |
Das Feedback auf meine in Verse gefasste Wahrnehmung war sehr vielschichtig,
so vielschichtig wie die Erkrankung selbst. Leider können uns die Betroffenen die Veränderungen ihres Innersten nicht in klaren Worten mitteilen, weil sie sich dessen wahrscheinlich gar nicht bewusst sind. Ich hatte die Wahrnehmung, dass z.B. fragmentierte Erlebnisse aus der Vergangenheit fast gebetsmühlenartig immer wieder hochgespült wurden, dass die Gegenwart z.T. hellwach wahrgenommen wurde, bevor sie kurze Zeit später wieder hinter einer Nebelbank verschwand. Da sich alles als schleichender, zunehmend verschlechternder Prozess darstellt, steht außer Frage. LG Rolli |
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