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Literatur und Autoren Literatur allgemein sowie Rezensionen von Büchern, Stücken und Autoren. |
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 182
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![]() Shakespeare: Romeo und Julia In der nun folgenden Interpretation werde ich aufzeigen, was Shakespeares eigene Idee in dem berühmten Stück ist und was wir heute, nach über 400 Jahren daraus lernen können. Ich gehe davon aus, daß Leute, die sich für eine Interpretation interessieren, das Stück bereits kennen, sei es vom Theater, vom Englischunterricht in der Schule oder aus einer Verfilmung des Dramas. Wem die Handlung nicht (mehr) geläufig ist, findet bei Wikipedia unter „Romeo und Julia“ eine gute Zusammenfassung. Romeo und Julia entstand im Zeitraum von 1594 – 96. Shakespeare hat die Geschichte nicht erfunden, sondern sich Quellen aus der Vergangenheit bedient. Neben zwei italienischen Novellen gab es vor allem das aus 3000 Versen bestehende epische Gedicht von Arthur Brooke The Tragicall Historye of Romeus and Juliet aus dem Jahre 1562. Der Unterschied zu Brooke besteht nicht nur darin, daß aus einem drögen Prosagedicht ein mitreißendes und sprachlich brillantes Bühnenstück wurde, sondern auch in der moralischen Bewertung der Geschichte. In dem Vorwort zu seinem Gedicht informiert der Autor den „frommen Leser“ darüber, was die Folge gottloser Leidenschaft und geheimer Liebe ist sowie was aus dem Ungehorsam zu Gesetz und Rat der Eltern folgt. Zitat:
„Entsprungen aus den fatalen Lenden dieser beiden Feinde werden ein Paar von chancenlosen Liebenden sich das Leben nehmen.“ Zitat:
Um diesen Gedanken zu verstehen, brauchen wir uns nur einen Autounfall vorstellen. Zwei Autos treffen zur exakt derselben Zeit am selben Ort aufeinander. Hätte nur einer der beiden Fahrer in dem Ablauf davor ein wenig Zeit verloren oder gewonnen, so wäre es zu diesem Unfall nicht gekommen. Wenn eine Nichtigkeit ausschlaggebend für ein tragisches Ereignis ist, kann man dann von Schuld der Beteiligten sprechen? Wäre der von Friar Laurence geschickte Bote mit dem Brief rechtzeitig bei Romeo angekommen, wäre Julia eine Minute früher von ihrem todesähnlichen Schlaf erwacht, wäre der Tod der beiden vermieden worden. Romeo und Julia waren dazu bestimmt, mit ihrem Tod die beiden verfeindeten Familien zu versöhnen, der Ungehorsam ist dabei unbedeutend. Bei Shakespeare werden die Liebenden nicht bestraft, weil sie ungehorsam sind, sondern vielmehr die Gesellschaft, weil sie die beiden in den Tod getrieben hat. Nachdem die beiden ihr Leben verloren haben, sagt Prince Escalus zu den Anwesenden: Zitat:
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Für Julia gilt vor allem, daß sie sich ihren Ehemann selbst erwählt und diese Entscheidung nicht ihren Eltern überläßt. Am Anfang erfahren wir, daß County Paris bei Lord Capulet um die Hand seiner 14jährigen Tochter anhält. Wohlgemerkt: er fragt den Vater und nicht Julia selbst. Julia ist nicht begeistert von dem Anliegen, würde aber zunächst noch aus Gehorsam einwilligen. Als Lady Capulet ihr mitteilt, daß sie auf dem anstehenden Fest County Paris zu Gesicht bekäme, verspricht sie folgsam, daß sie versuchen werde ihn zu mögen, ist sich aber nicht sicher, ob der Anblick auch ihre Sympathie befördert. Zitat:
Zitat:
Im Unterschied zu den Heldinnen der Literatur ist Juliet jedoch ein Mädchen, dessen Denken und Fühlen nicht gemäß einer Idee von großer Liebe ersonnen ist, vielmehr der Realität entspricht, so daß wir alles auch heute noch nachvollziehen können. Nachdem sie auf dem Fest ihres Vaters eine Liebe auf den ersten Blick erfahren hat, sind ihr ihre Gefühle nicht ganz geheuer. Sie befürchtet, ihre Liebe könnte wie ein Blitz aufleuchten und dann erlöschen. Es ist ihr bewußt, daß man der schwärmerischen Liebe junger Männer nicht immer trauen kann, oft ist sie nur von kurzer Dauer. Sie weiß auch, daß man als Mädchen normalerweise seine Gefühle nicht so ohne weiteres offenbaren sollte, gerät man doch damit in den Verdacht, ein „leichtes Mädchen“ zu sein. Sie fragt ihn deshalb, ob es ihm lieber sei, sie wäre widerspenstig. Zitat:
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Als sie nach ihrem Erwachen in der Gruft den Leichnam ihres Geliebten vorfindet, löst sie ihr im Obstgarten gegebenes Versprechen ein. Sie folgt ihrem Ehemann nicht nur überallhin in der Welt, sondern sogar noch in den Tod. Was können wir Heutige aus Shakespeares Drama lernen? In der Literatur der Vergangenheit begegnen wir mit dem Dichter einem intelligenten Menschen, der vor uns gelebt hat und uns in seinem Werk sein Lebenserfahrung mitteilt. Wenn wir uns damit auseinandersetzen, können wir von ihm lernen. Dieser subjektiveAnsatz ist ein anderer als das Drama nur objektiv als sprachliches Kunstwerk zu betrachten. Zuerst ist da die Sitte, junge Mädchen an Männer zu verheiraten, die sie sich nicht selbst gewählt haben. In Shakespeares Zeit war das Mindestalter für die Ehe eines Mädchens zwölf Jahre, Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich fünfzehn. Mit dem Ehevertrag konnte der Gatte über die Frau verfügen wie über einen Dienstboten. Noch heute werden Mädchen im Orient und in Indien von ihren Eltern verheiratet. Man stelle sich vor, einem muslimischen Mädchen fiele es ein, sich heimlich mit einem Mann zu treffen, diesen ohne Wissens ihrer Eltern zu heiraten und die Hochzeitsnacht klammheimlich im Elternhaus zu verbringen. Wäre das nicht Grund für einen „Ehrenmord“? Von hier aus kann man sich vorstellen, wie revolutionär Shakespeares Denken war und wie mutig von ihm, derartiges nicht nur auf die Bühne zu bringen, sondern diese Freiheit auch noch zu rechtfertigen. Von Eltern, die ihre Kinder verloren haben, sei es durch Krankheit oder Unfall, wissen wir, daß nach dem Tod ihrer Lieben nichts, worüber sie sich früher geärgert hatten, noch irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Manch zerstrittenes Ehepaar soll sich am Grab ihres gemeinsamen Kindes auch wieder versöhnt haben. Liebe auf den ersten Blick wird nicht jedem zuteil, doch viele glauben, daß es so etwas gibt. Daß Liebe die Poesie beflügelt, dafür gibt es hier im Forum mancherlei Belege. Liebe gibt manchen auch die Kraft für solche Bravourstückchen wie Romeos nächtliches Eindringen in Capulets Garten. Julias Mißtrauen an der Beständigkeit der Gefühle verliebter junger Männern ist den meisten Frauen auch vertraut. Viele wollen sich auch nicht so leicht erobern lassen und sind vorsichtig, ihre wahren Gefühle zu früh zu offenbaren. Wer vertrauensselig Herz sein entblößt, läuft Gefahr, daß es einen – für die Liebe – tödlichen Stich erhält. Julia spricht von ihrer Liebe als so grenzenlos und tief wie das Meer, je mehr sie gibt, so mehr bekommt sie zurück. Zitat:
Julia könnte man „emanzipiert“ nennen, da sie sich aus den Händen ihrer Eltern befreit und selbst bestimmt, was gut für sie ist. Emanzipation kommt vom lateinischen emantipatio, was so viel heißt wie die Freilassung des Sohnes aus der Hand des Vaters bzw. der des Sklaven von seinem Herrn. Eine „Emanze“ ist sie deshalb aber nicht, denn einer solchen fiele es doch niemals ein, ihrem Ehemann – sollte es einen solchen überhaupt geben - unbedingte Loyalität und Gefolgschaft zu schwören. Daß Julia ihren Romeo vor Angriffen in Schutz nimmt, ist schön, doch nicht selbstverständlich. Oft gehen Ehefrauen zu ihren „besten Freundinnen“ und beklagen sich über ihre Männer in der Erwartung, bei ihnen Verständnis zu finden. Ephraim Kishon gefiel es, ein „heiteres Trauerspiel“ als Fortsetzung von Shakespeares Tragödie zu schreiben: Deutscher Titel „Es war die Lerche“. Die deutschsprachige Uraufführung fand1974 im Schauspielhaus Zürich statt. Darin stellt Kishon sich vor, was geschehen wäre, hätten Romeo und Julia die damaligen Umstände überlebt. Nach 29 Jahren hätten sie allen Glanz und alle Noblesse verloren, stritten sich den lieben langen Tag und lebten mit zwei mißratenen Kindern. Die Zeit und der Alltag hätten die große Liebe korrumpiert. Ich glaube nicht, daß Shakespeare damit einverstanden gewesen wäre, auch nicht bei einem weniger krassen Verlauf. Große Liebe läßt sich bewahren, man darf sich nur nicht so gehen lassen wie die Figuren in Kishons Stück. Die Korrosion einer Liebe ist nicht zwangsläufig, sie folgt keinem Naturgesetz. Eine Liebe wie die von Romeo und Julia ist möglich, allerdings recht selten. Voraussetzung dafür ist nicht nur die Gunst der Stunde, demjenigen oder derjenigen zu begegnen, für den man vorbestimmt ist, es hat wohl auch mit dem Aussehen und dem Charakter der Beteiligten zu tun. Romeo und Julia sind schön, jung und intelligent. Wie kann man sich für jemand so rückhaltlos begeistern, wenn dieser schwerfällig, einfältig und von gewöhnlichem Aussehen ist? In „Hamlet“ spricht Shakespeare von seiner Auffassung vom Zweck des Theaters. Das Drama spiegele uns die Natur wider. Zitat:
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#2 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.355
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Lieber Friedrich,
ich wünsch Dir tausend Leser für diese Interpretation. Was ich vermisst habe, ist ein Wort zu den gestalterischen Mitteln Shakespeares. Ich gestehe: Ich bin des Englischen nicht mächtig und kenne nur die Übersetzungen des Stückes, an der sich seit 250 Jahren verschiedene Personen versuchen. Bei den Übersetzungen fällt mir natürlich gleich auf, dass die besten in Blankversen geschrieben sind. (Es war die Nachtigall und nicht die Lerche .... xXxXxXxXxXx, fünfhebige Jamben und ohne Endreim). Sicher kannst Du mir sagen, ob sich Shakespeare auch des Blankverses bedient hat. Ich stand, das Herz gefüllt mit Trauer, Tränen vergießend unter dem Balkon, wo Julchen ... Liebe Grüße, Heinz |
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#3 |
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
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Beiträge: 28.902
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Also ... ich hatte das Stück, obwohl irgendwann in der Steinzeit auf der Bühne gesehen, nicht so in Erinnerung, wie es hier interpretiert wird. Mich irritiert stellenweise, dass von Romeo als Julias Ehemann geschrieben wird, obwohl er es de facto nicht war.
Schicksalhaftigkeit im Sinne einer griechischen Tragödie klingt für mich wie eine Religion: Der Herr hat's gewollt, da kannst du machen, was du willst, es wird dennoch wie vorgegeben geschehen. Mich erinnert diese Geschichte an das, was ich seit Jahren in diesem Forum immer wieder von Usern im Teenageralter lese, die an ihrer ersten Liebe verzweifeln und glauben, ihr Leben sei vorbei. Der erste Flirt, der dem eigenen Ausprobieren gilt, kann, wenn er todernst genommen wird, zum Weltuntergang führen. Seltsamerweise geht das Leben in der Regel aber trotzdem weiter, und irgendwann wandelt sich der Herzschmerz zu einer bittersüßen, belächelten Erinnerung. Julia verteidigt ihren Romeo, aber sie ist erst vierzehn Jahre alt und unerfahren. Was, wenn die Amme mit ihrer Lebenserfahrung recht behalten hätte? Hatte Julia wirklich keinen Ausweg? Sie wurde, wenn ich die Interpretation richtig verstehe, nicht zur Heirat mit dem vorgeschlagenen Mann gezwungen. Er war nur eine Option. Hätte sie, fast noch ein Kind, nicht auf Zeit spielen können? Haben wir es wirklich mit der merkelschen "Alternativlosigkeit" zu tun? Es fällt mir schwer, Shakespeare das abzunehmen. Wie ich bei anderer Gelegenheit schon anmerkte, sind Shakespeares Werke nicht mein Fall. Da ist mir vieles zu überzogen und unplausibel. Mir steht, was Romeo und Julia betrifft, Schillers "Kabale und Liebe" näher, und das halte ich auch für die glaubhaftere Geschichte und das bessere Theaterstück. Ferdinand erscheint mir reifer als Romeo, jedenfalls ist hier nicht mehr dieser pubertäre Touch vorhanden wie bei Shakespeare. Seine Liebe scheiterte an Intrigen, die er nicht durchchaute und die nichts mit bereits gezogenen Fäden einer dunklen Macht zu tun hatten, sondern mit irdischen Interessen. Aber auf welcher Seite man stehen mag, Shakespeare oder Schiller: Ein deterministisches Weltbild geht für mich gar nicht. Selbst eine Antigone hätte sich gegen die Tradition und für ihr Leben entscheiden können. Das Beispiel mit dem Autounfall halte ich ebenfalls für unpassend, denn so ein Zusammenstoß ist weder vorherbestimmt noch unausweichlich oder gar endbestimmt. Hunderte von nanosekundenschnellen Entscheidungen und Handlungen wirken darauf ein, wie er sich abspielt und ob er tödlich endet oder nicht. Oder ob die Fahrer im letzten Augenblick ausweichen können und auf Haaresbreite aneinerander vorbeischrammen. Die Anzahl vermiedener Autounfälle ist nicht erfasst - wie sollte das auch statistisch möglich sein? Wie sagte in David Leans Monumentalfilm Lawrence zu seinem Freund Ali, als es um eine Frage um Leben und Tod ging? "Nothing is written." Das ist mein Motto. Nicht Shakespeare. Bei ihm geht es nur um fatalistisch Vorherbestimmtes. Man müsste für ihn einen gesonderten Friedhof abstecken, um all die determiniert zu Tode gekommenen seiner Stücke zu begraben. Sorry, aber dafür brenne ich nicht, denn für mich ist so eine Haltung unmenschlich. So etwas wie "Schicksal" gibt es sowieso nicht. Deshalb tippte sich Lawrence in einer anderen Szene des erwähnten Films an die Stirn und sagte: "It's written here." |
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#4 |
Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.355
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Liebe Ilka-Maria,
was das Heiratsalter angeht: Im Frühmittelalter (etwa 500 bis 1050 n. Chr.) waren Mädchen ab 13 Jahren heiratsfähig, im Spätmittelalter (1250 bis 1500) lag ihr Heiratsalter bei 15 bis 18 Jahren; Jungen waren mit 12 bis 15 Jahren heiratsfähig. Folglich gibt es an Shakespeares Altersangaben für die Protagonisten nicht viel zu kritisieren. Die Lebenserwartung lag bei 35 bis 40 Jahren. Die beiden, Julia und Romeo, hatten also schon ein gutes Drittel ihres Lebens hinter sich. Was die Heirat der beiden angeht: Siehe Akt 2 Szene 6. Hier wird die Trauung in Lorenzos Klosterzelle hastig vollzogen. Falsch liegt Friedrich also nicht. Da ich leider nur die deutsche Übersetzung kenne, muss ich mich bei Shakespeare-Texten zurückhalten. Aber wenn der Übersetzer nur einen Teil so übersetzt hat, dass selbst Shakespeare zustimmen würde, bekommen wir doch einen Einblick in die glänzende Sprache des Autors. Logisch, folgerichtig? Ich denke, da legst Du einen falschen Maßstab an. Täte ich das auch bei Märchen oder anderen Literaturgattungen, schmölze mein Buchbestand wir der Schnee im März. Liebe Grüße, Heinz 2. Akt, Szene 6: Bruder Lorenzos Zelle Lorenzo und Romeo. LORENZO Der Himmel lächle so dem heilgen Bund, Daß künftge Tag' uns nicht durch Kummer schelten! ROMEO Amen! So sei's! Doch laß den Kummer kommen, So sehr er mag; wiegt er die Freuden auf, Die mir in ihrem Anblick eine flüchtge Minute gibt? Füg unsre Hände nur Durch deinen Segensspruch in eins, dann tue Sein Äußerstes der Liebeswürger Tod; Genug, daß ich nur mein sie nennen darf. LORENZO So wilde Freude nimmt ein wildes Ende Und stirbt im höchsten Sieg, wie Feur und Pulver Im Kusse sich verzehrt. Die Süßigkeit Des Honigs widert durch ihr Übermaß, Und im Geschmack erstickt sie unsre Lust. Drum liebe mäßig; solche Lieb ist stet; Zu hastig und zu träge kommt gleich spät. [Julia tritt auf.] Hier kommt das Fräulein, sieh, Mit leichtem Tritt, der keine Blume biegt. Sieh, wie die Macht der Lieb und Wonne siegt! Julia tritt auf. |
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#5 | |
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 28.902
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Zitat:
Mädchen und Jungen waren, anders als heute, mit dreizehn und vierzehn Jahren noch Kinder. Ihre Körper waren im Wachstum und hatten längst nicht die volle sexuelle Reife erlangt. Also waren sie auch nicht "heiratsfähig", sondern sie wurden verheiratet, und zwar aus rein pragmatischen Gründen. Man könnte auch sagen: Sie wurde geschachert. Der Körper einer Dreizehnjährigen, oft genug an wesentlich ältere Männer "abgegeben", ist noch nicht für Sex und Geburt von Kindern gereift. Heute würde man von Kindesmissbrauch reden und Anklage erheben. Im Frühmittelalter nahm man hin, dass so ein Kind an der Misshandlung starb. War egal, es gab genug an Nachschub. In vielen Ländern ist es heute noch so. Da gelten Mädchen nichts. Hat man eine Dreizehnjähriege verbraucht - warum musste die dumme Kuh eingehen? -, schiebt man eine Elfjährige nach. Ich habe einen Verwandten, der als Entwicklungshelfer in einem dieser Länder - ich sage absichtlich nicht, in welchem - unterwegs war und hinterher ein Buch über dieses Thema geschrieben hat. Aber was hat das mit Shakespeare und seiner Zeit zu tun. Nichts! Was er schildert, ist ein zusammengeschustertes Melodram einer ersten, pubertären Liebe, die viele Menschen erfahren und - man glaube es nicht - welche die meisten ohne Schrammen überstehen. Sie wird überhöht und idealisiert. Gehen wir in der Zeit ein paar Schritt weiter. Was Pubertierende in diesem Alter wirklich umtreibt, kommt nicht zur Sprache, nämlich wie das ist mit dem erstem Sex und der Angst, wenn die Periode ausbleibt, weil man es man "ausprobiert" hat. Wenn man unverheiratet schwanger wird und die Eltern vor einem Dilemma stehen: Kloster oder Tante Frieda, ganz weit weg. Wer es sich leisten konnte, wählte das Kloster, denn um da rein zu kommen, musste man ein Vermögen abdrücken. Und das war nicht das Frühmittelalter, sondern ging noch bis weit in unsere Zeit. Aber bleiben wir im elisbethanischen Zeitalter: Sorry, für mich sind Romeo und Julia starre Figuren, geschaffen als Stereotypen für die Botschaft: Da kommst du nicht raus. Du hast dich in diesen Beau zu verlieben und an ihm zugrunde zu gehen. Das ist die Idealisierung, an der Roxane scheiterte, als sie beide verlor, Christian und Cyrano. |
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#6 | |||||||
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 182
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Lieber Heinz,
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Liebe Ilka-Maria Zitat:
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Lieben Gruß an Euch beide Friedrich |
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#7 | |||||
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 182
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Nachtrag
Liebe Ilka-Maria ich nachhinein ist mir aufgefallen, daß ich in meinem letzten Beitrag vergessen habe, auf eine wichtige Frage von Dir zu antworten. Zitat:
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Zitat:
Lieben Gruß Friedrich |
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#8 | |
Hallo Friedrich,
ich finde das Stück sowie deine Interpretation wunderschön. Wir haben zu Hause eine Musical-DVD „Romeo et Juliette" auf Französisch (mein Mann ist kein Deutscher und spricht fließend vier Sprachen), die wirklich - auch visuell - wahnsinnig schön gemacht ist. Auch wenn die Aufführung schon 20 Jahre her ist. Das Stück habe ich auch auf Deutsch gelesen und auch mal als Film gesehen. Manche Sätze aus dem deutschen Stück im Fernsehen weiß ich noch auswendig, als Romeo über seinen Freund sagt anfangs: „Einer, der in einer Stunde mehr spricht, als er in einem Monat verantworten kann." Mir fiel die nicht alltagsgemäße Ausdrucksweise auf, vermutlich waren es Blankverse. Zurück zur Geschichte: Es ist eine wunderbare, tragische Liebesgeschichte und ich teile deine Meinung darüber voll und ganz. Zitat:
Noch etwas zu Tybalt: Hat Romeo nicht ihn erst erstochen, als dieser zuvor einen von Romeos Verwandten erstochen hat? Mercutio, wenn auch aus Versehen? Ich finde diesen Thread hier sehr interessant! Schöne Grüße DieSilbermöwe |
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#9 | |
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 182
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Hallo Silbermöwe,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Zitat:
Dein Zitat sagt mir nichts, wer soll denn das sein, der so viel "labert"? Und nun zu Tybalt. Dieser gehört wie Julia zu den Capulets, Romeo ist ein Montagu. Die beiden Sippen hassen sich. Als Romeo mit Julia verehelicht ist, will er Tybalt als einen Verwandten begrüßen. Dieser versteht das nicht, will sich viel lieber mit ihm schlagen, weil er doch unerlaubterweise in das Fest der Capulets eingedrungen ist, wo er auch Julia kennenlernte. Da Romeo auf die beleidigenden Äußerungen nicht entsprechend reagiert, will Romeos Freund Mercutio die verletzte Ehre der Montagus wiederherstellen und schlägt sich mit Tybalt. Romeo will die beiden Kampfhähne trennen und Mercutio wird aus Versehen von Tybalt erstochen. Danach brennt bei Romeo eine Sicherung durch. Er schlägt sich mit Tybalt und tötet ihn (bei Zeffirelli auch ohne Absicht). Ich hoffe, Dir damit nicht allzuviel erzählt zu haben, was Du ohnehin schon weißt. Vielleicht ist diese Zusammenfassung aber auch hilfreich für all die, die diesen Faden verfolgen, und den plot nicht mehr so detailliert im Kopf haben. Schön, jemanden zu begegnen, der von dem Stück in gleicher Weise angetan ist wie ich. Lieben Gruß Friedrich |
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#10 | ||
Zitat:
Danke für deinen Tipp mit der DVD! Vielleicht war das sogar das Stück, das ich im Fernsehen gesehen hatte, damals war ich noch ein Teenager. Zitat:
Vielen Dank für deine Erklärung! |
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#11 | ||
Zitat:
natürlich war er das, ich habe gerade noch einmal das Reclam-Heftchen „Romeo und Julia" durchgelesen, Lorenzo hat sie getraut. Zitat:
Und nein, sie konnte nicht „auf Zeit" spielen. Sie war ja da schon - ohne Wissen ihrer Eltern - mit Romeo verheiratet. Der Gedanke, einen anderen Mann in ihr Bett lassen zu müssen - und damit ihren Gatten quasi zu entehren - unvorstellbar für sie ... LG DieSilbermöwe |
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#12 | |
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
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Zitat:
Ich habe mir dennoch eine Interpretation gesucht, um zu verstehen, was an dem Stück so faszinierend sein soll: https://www.inhaltsangabe.de/shakesp...g-und-analyse/ Liegt wohl an mir, dass ich dem Stoff nach dem Lesen dieser Interpretation noch abgeneigter bin als vorher, als es mir nur noch in Fragmenten in Erinnerung war. Jetzt weiß ich, weshalb ich mich mit diesem Stück nie mehr wieder befasst habe. Aus mir wird kein Romantiker mehr, deshalb halte ich mich jetzt aus der Diskussion raus. Finde es aber gut, dass der Faden aufgemacht wurde und so viel Anklang findet. Wenn andere User daraus schöpfen können, ist Friedrichs Arbeit die Sache wert. Würde mich über mehr freuen, und vielleicht ist demnächst wieder etwas für mich dabei. LG Ilka |
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