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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 15.03.2023, 16:40   #1
Friedrich
 
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Beiträge: 237

Standard Julia

Julia

Die Autobahn schier endlos scheint,
noch achtzig Kilometer,
in schwarzer Nacht der Regen rinnt,
das Auto rast, ich bin allein.

Von Frankfurt aus zwei Stunden Zeit,
um Dein Hotel zu finden,
und Düsseldorf ist naß und kalt,
kein Mensch zu sehen weit und breit.

Such schneller noch, die Zeit sie drängt,
um zwölf schließt man die Pforte,
und schaff' ich's nicht bis Mitternacht,
so hab' ich meine Chance verschenkt.

Erstaunte Blicke der Kollegen,
"Versteh nur den Verrückten!
Verschwendet Kraft und Zeit und Geld,
allein um ihrer Nähe wegen!"

Triumph, hab' ich dich je gespürt?!
Es ist, als wollt' ich schweben.
So hab' ich Dich, Prinzessin mein,
im letzten Augenblick entführt.

Nun geht's zurück, und Du bist da,
Dein Haupt ruht an der Schulter,
bin Romeo, ich liebe Dich,
most lovely lady, - Julia.
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Alt 15.03.2023, 17:45   #2
weiblich Ilka-Maria
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Klasse! Die einfachsten Geschichten und Begebenheiten sind oft die schönsten, und die Schilderung einer Vorfreude gehört dazu. Gekonnt rübergebracht.

LG
Ilka
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Alt 15.03.2023, 18:44   #3
Friedrich
 
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Beiträge: 237

Hallo Ilka-Maria,

Zitat:
die Schilderung einer Vorfreude gehört dazu.
In meinem Gedicht geht es nicht um Vorfreude, sondern um etwas ganz anderes. Ein Mädchen, das gar nicht Julia heißt, ruft das LI nachts an und sagt ihm, es sei wegen eines Studentenjobs in einem Hotel in Düsseldorf. Das verliebte LI macht sich von Frankfurt aus bei strömenden Regen auf den Weg dahin und weiß dabei, daß er bis Mitternacht dort angekommen sein muß. Er schafft es und denkt auf dem Rückweg im Auto an Shakespeares Romeo and Juliet. Aus Liebe zu Juliet steigt Romeo nachts über eine Mauer in Capulets Garten. Juliet sagt ihm, daß das gefährlich sei (They will kill thee). Die Liebe verleiht ihm jedoch Kraft, Mut und "Flügel". Eine Parallele dazu ist die Fahrt des LI nach Düsseldorf. Den Bezug zu Shakespeares Drama stellt der letzte Satz "Most lovely lady Julia" her.

Danke für das Kompliment.

Lieben Gruß

Friedrich
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Alt 15.03.2023, 18:49   #4
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
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Komisch, bei mir ging die erste Assoziation zu Goethes "... geschwind zu Pferde ...".

Ich dachte immer, ich sei kein Romantiker. Vielleicht muss ich mich noch besser kennenlernen.

Bei deiner Erklärung des Gedichts wurde ich nüchtern, da fiel mir plötzlich ein Stundenhotel und eine Prostituierte ein. Man sollte dem Leser Gedichte besser nicht erklären.
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Alt 15.03.2023, 19:40   #5
Friedrich
 
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Beiträge: 237

Zitat:
Bei deiner Erklärung des Gedichts wurde ich nüchtern, da fiel mir plötzlich ein Stundenhotel und eine Prostituierte ein
Um Gottes Willen! Wie kann man nur bei Worten wie "Prinzessin mein" und "most lovely lady" auf so etwas kommen? Und von dem, was man in einem "Stundenhotel" so treibt, ist ja nun überhaupt nicht die Rede, weder im Gedicht noch in meiner Erklärung.
Zitat:
Vielleicht muss ich mich noch besser kennenlernen.
Wenn Du darüber nachdenkst, warum Du solche Assoziationen hast, kommst Du Dir dabei vielleicht ein Stückchen näher.
Zitat:
Man sollte dem Leser Gedichte besser nicht erklären.
War das jetzt ein Fehler? Versteht man das Gedicht ohne Erklärung besser?

Gruß

Friedrich
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Alt 15.03.2023, 20:00   #6
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.079

Zitat:
Zitat von Friedrich Beitrag anzeigen
Versteht man das Gedicht ohne Erklärung besser?
Wie ein Gedicht verstanden wird, Friedrich, hat doch nicht damit zu tun, was du als Autor beim Dichten gedacht hast, sondern wie es der Leser mit seiner Lebenserfahrung und Weltsicht vereinbaren kann. Er steckt doch nicht in deinem Kopf. Ein Mensch, der gerade frisch verliebt ist, wird es anders lesen und interpretieren als ein Leser, dem gerade die Frau mit dem besten Freund durchgebrannt ist.

Ist doch egal. Es ist ein gut geschriebenes Gedicht, das aus der Masse hervorsticht. Wenn ich es anders aufgefasst habe, als das, was du vermitteln wolltest - geschenkt. Das mindert nicht seine Qualität.
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Alt 15.03.2023, 21:23   #7
männlich MonoTon
 
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Beiträge: 1.105

Zitat:
Wie ein Gedicht verstanden wird, Friedrich, hat doch nicht damit zu tun, was du als Autor beim Dichten gedacht hast, sondern wie es der Leser mit seiner Lebenserfahrung und Weltsicht vereinbaren kann.
Kommt drauf an ob etwas bildlich dargestellt wird im Text, das nachvollziehbar ist und keine Interpretationsmöglichkeiten offenlässt, oder ob ein Text verkryptet und metaphorisiert vorliegt denke ich.
Wenn man sich am Text entlang hangeln kann, ist das natürlich nie ein konkretes Bild dass der Autor im Kopf hatte, da gebe ich recht, aber die Worte geben die Gegebenheiten eigentlich sehr konkret vor.

Ich erinnere mich an einen Text den ich interpretiert habe, wo die Autorin mir sagte "Was willst du denn interpretieren? Es steht doch alles da."
Ich sehe zu dem Text hier kaum einen Unterschied.
Mir stellt sich nur die Frage, kam Romeo überhaupt lebend an und wenn ja, hat Julia es auch überlebt? An diesem Punkt werden meine Gedanken über den Text hinaus weiter geführt, weil man das Ende der Geschichte ja eigentlich kennt.
Ich assoziiere leider negativ über den Text hinaus, weil ich mit dem genannten Pärchen ausschließlich Tragik verbinde.

Lg Mono
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Alt 16.03.2023, 11:42   #8
Friedrich
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 237

Hallo,
Zitat:
Wie ein Gedicht verstanden wird, Friedrich, hat doch nicht damit zu tun, was du als Autor beim Dichten gedacht hast, sondern wie es der Leser mit seiner Lebenserfahrung und Weltsicht vereinbaren kann.
Grundsätzlich hast Du ja recht, liebe Ilka-Maria. Ich erinnere mich an meinen Professor an der Uni, der sagte, man könnte nicht in den Kopf des Autors hineinsehen und sehen, was er sagen wollte. Man beschränke sich darauf darzustellen, was er (für uns) gesagt hat. Andererseits kann man - dem noch lebenden - auch nicht verübeln, daß er es gerne hätte, wenn seine Idee, die er in dem Gedicht verpackt hat, beim Leser auch "rüberkommt.

Und diese Idee ist, daß die Liebe zu einer "bezaubernden Frau einen - normalerweise vorsichtigen - Mann zum "Helden" machen kann. Und diese nächtliche Fahrt im strömenden Regen von Frankfurt nach Düsseldorf unter Zeitdruck ist doch ein "Bravourstück" vergleichbar mit dem Eindringen Romeos in Capulets Garten.

Lieber Gruß

Friedrich
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Alt 16.03.2023, 22:52   #9
männlich stephanius
 
Dabei seit: 06/2016
Ort: Sachsen
Beiträge: 406

Also ich empfinde das als modernes, aber dennoch zartes Liebesgedicht
und sehr schön geschrieben lieber Friederich.
Sicherlich, Du hattes andere Assoziationen, aber lassen wir es so stehen
und freuen uns dran. Mir gefällts.
Bste Grüße St.
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.03.2023, 23:42   #10
männlich Heinz
 
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Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879

Gedicht erklären?
Das erinnert mich an eine Begebenheit in der Evangelischen Akademie Loccum.
Es müsste sich etwa in den späten siebziger Jahren zugetragen haben. Der Akademieleitung war es gelungen, den Lyriker Peter Huchel einzuladen. Unter meinen Begleiterinnen war die schwarzhaarige Petra und wir hörten Peter Huchel bei der Rezitation seiner Gedichte zu. In einer Pause wagte Petra sich an Peter Huchel ran, um ihn eine Frage zu stellen: "Herr Huchel, könnten Sie so nett sein und dem Gedicht
"Östlicher Fluss
Such nicht die Steine
im Wasser über dem Schlamm,
der Kahn ist fort,
der Fluß
nicht mehr mit Netzen ..."
eine Interpretation anfügen?"
Peter Huchel, Lyriker hin oder her, antwortete sehr barsch:
"Junge Dame, lesen Sie mein Gedicht - da steht alles drin, was ich zu sagen hatte." Das war genug Anlass für mich, Herrn Huchel freundlichst für seine Abfuhr zu danken - und seinen Gedichtband habe ich dann nicht gekauft.
Nein, ich will mich nicht mit P. Huchel vergleichen, aber wenn mich so eine schwarze Petra nach dem Sinn eines meiner Gedichte fragt, gebe ich gern Auskunft. Peter Huchel hatte trotz all seiner Preise und wichtigen Positionen
bei mir versch...
Heinz
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Alt 17.03.2023, 10:59   #11
Friedrich
 
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Beiträge: 237

Lieber stephanius

Zitat:
Sicherlich, Du hattes andere Assoziationen, aber lassen wir es so stehen und freuen uns dran.
Ich selbst hatte keine "Assoziationen", sondern eine Idee, die ich im Gedicht ausgedrückt habe. Welche Assoziationen hast Du denn? Ich habe nichts gegen anderer Leute Gedanken zu meinen Gedichten, es ist ja schön, wenn mein Gedicht ihnen zu solchen verhilft. Von Ilka-Marias Assoziationen bzw. Interpretation (Vorfreude / Stundenhotel) erfuhr ich durch sie selbst und erlaubte mir, ihr zu sagen, daß diese nicht gemäß meiner Idee waren.

Hallo Heinz,

vielen Dank für Deinen Kommentar.
Zitat:
, aber wenn mich so eine schwarze Petra nach dem Sinn eines meiner Gedichte fragt, gebe ich gern Auskunft.
Ganz in meinem Sinne. Und wenn es sich um eine shöne schwarze Petra handelt, umso bereitwilliger. Wir haben es in dem Forum wie auch bei Lesungen nicht mit einem "Club der toten Dichter" zu tun, sondern mit lebendigen Autoren, mit denen man mit Fragen nach dem Sinn ihrer Werke ins Gespräch kommen kann. Wenn diese einen schroff abbügeln, wie von Dir geschildert, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn sie bei Dir "versch ..." haben.

Lieben Gruß
Friedrich ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.03.2023, 12:28   #12
männlich MonoTon
 
Benutzerbild von MonoTon
 
Dabei seit: 04/2021
Beiträge: 1.105

Zitat:
Mir stellt sich nur die Frage, kam Romeo überhaupt lebend an und wenn ja, hat Julia es auch überlebt? An diesem Punkt werden meine Gedanken über den Text hinaus weiter geführt, weil man das Ende der Geschichte ja eigentlich kennt.
Ich assoziiere leider negativ über den Text hinaus, weil ich mit dem genannten Pärchen ausschließlich Tragik verbinde.
Vielleicht ging mein Kommentar ja mal wieder unter?
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.03.2023, 12:37   #13
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Lieber Friedrich,
"meine" schwarze Petra gehörte zu den jungen Frauen, die ihre BH öffentlich verbrannten, ihre Frisur war eher Abschreckung als Verführung.
Aber zu Peter Huchel: Er hat wundervolle Gedichte geschrieben, leider ist er nicht sehr vielen Menschen bekannt. Welche Erkenntnis hat mir die Bekanntschaft mit ihm gebracht? Vielleicht: Wer engelsgleiche Verse schaffen kann, ist im täglichen Umgang möglicherweise ein schwer verdaulicher Brocken.
Was er Petra gegenüber von sich gab, das enthält ja einen Kern Wahrheit.
Was mache ich mit einem Gedicht, dessen Verfasser gar nicht mehr unter uns weilt?
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.03.2023, 14:26   #14
Friedrich
 
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Beiträge: 237

Hallo MonoTon,

verzeih mir, es war unhöflich, nicht auf Deinen Kommentar zu antworten. Was Deine Assoziation mit dem tragischen Ende von Romeo und Julia betrifft, so muß ein solches ja nicht zwangsläufig eintreffen. Es gibt ja viele Aspekte in dem Stück, der Bravourakt Romeos mit dem Einsteigen in den Garten der verfeindeten Familie Capulet ist einer, das tragische Ende der beiden Liebenden ein anderer. Da das ganze auf einer persönlichen Erfahrung beruht (wer kann sich sowas schon "ausdenken"?) kann ich Dir versichern, daß die beiden wohlbehalten in Frankfurt wieder angekommen sind und im Anschluß eine wundervolle Liebesnacht (ein weiterer Aspekt des Stückes) verbracht haben.

Wenn Du Dich für Romeo und Julia interessierst, kann ich Dich auf meine Interpretation dazu verweisen, die ich kürzlich hier eingestellt habe (mit vielen englischen Originalzitaten).

Lieben Gruß

Friedrich

Hallo Heinz,

als ich "schwarze Petra" hörte, dachte ich an die schwarzhaarige "Julia" in meinem Gedicht, die allerdings noch nie ihren BH verbrannt hat.
Zitat:
Was mache ich mit einem Gedicht, dessen Verfasser gar nicht mehr unter uns weilt?
Versuche, darauf zu hören, was das Gedicht Dir sagt. Wenn es Dir nichts sagt oder nur "Frag-würdiges", dann ist das eben so. Tote Dichter kann man leider nicht mehr befragen.

Lieber Gruß

Friedrich
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