Der datierte Liebesbrief bei Poetry.de

Manni M. · 12.03.2023, 01:42

Jetzt liegt sie da in ihrem Grab,
alleine, leer und abgrundtief.
Die liebe, liebe Frau verstarb,
als ich in meinem Bettchen schlief
und hinterließ nur einen Brief.

Liebste Rosie, stand geschrieben,
ewig werde ich dich lieben.

Der Brief lag dort, vergilbt und still,
in einer schmalen Box aus Holz,
so viele, viele Jahre lang
versteckt in einer Schublade,
die ewig fest verschlossen war.

Liebste Rosie, stand geschrieben,
nichts mehr ist mir noch geblieben.

Wer diese lieben Verse da
ersonnen hat, das weiß ich nicht.
Sehr lange, lange Jahre sah
das Brieflein schon kein Gegenlicht
und nunmehr niemand ein Gesicht.

Liebste Rosie, stand geschrieben,
all der Hass hat uns geschieden.

Die Verse waren handgemacht
und wurden einst mit roter Schrift
in einem fernen, fernen Land
verfasst, in dem ein Bruderzwist
die Menschen auseinanderriss.

Liebste Rosi, stand geschrieben,
hier darfst du das Kind nicht kriegen.

Es war das Jahr, das vor dem lag,
an welchem ich geboren bin.
Es war der eine, eine Tag
vor meines Lebens Anbeginn.
Es steht geschrieben, mittendrin.

Ich sagte nie: Ich hab dich lieb.
Nur dieses Brieflein, Mama, blieb!

DieSilbermöwe · 12.03.2023, 11:44

Hallo Manni,

ein sehr berührendes Gedicht.

Besonders beeindruckend diese Strophe hier:

Zitat:

. Die Verse waren handgemacht
und wurden einst mit roter Schrift
in einem fernen, fernen Land
verfasst, in dem ein Bruderzwist
die Menschen auseinanderriss.

Da könnte man wirklich weinen.

Hier fiel mir ein Fehler auf:

Zitat:

Jetzt liegt sie da in ihrem Grab,
alleine, leer und abgrundtief.

Alleine ja, aber leer? Wenn jemand drin liegt, kann das Grab ja nicht leer sein.

Schöne Grüße
DieSilbermöwe

Manni M. · 12.03.2023, 18:08

Hallo Silbermöwe,

vielen Dank für die lieben Worte. Und du hast natürlich recht mit dem leeren Grab. Ich hatte diese Zeile oft geändert. Ursprünglich hieß es: zwei Meter in der Erde tief. Doch das erschien mir zu faktisch. Auch andere Wörter habe ich ausprobiert, aber leer symbolisiert für mich am ehesten den Zustand des letzten Gefühls dieser Frau, den ich (vielleicht zu krampfhaft) mit in den Tod transportieren wollte.

Beste Grüße
Manni

12.03.2023, 01:42	#1
Manni M. Dabei seit: 09/2022 Ort: Mittelrhein Alter: 46 Beiträge: 114 Meine Gedichte	Der datierte Liebesbrief Jetzt liegt sie da in ihrem Grab, alleine, leer und abgrundtief. Die liebe, liebe Frau verstarb, als ich in meinem Bettchen schlief und hinterließ nur einen Brief. Liebste Rosie, stand geschrieben, ewig werde ich dich lieben. Der Brief lag dort, vergilbt und still, in einer schmalen Box aus Holz, so viele, viele Jahre lang versteckt in einer Schublade, die ewig fest verschlossen war. Liebste Rosie, stand geschrieben, nichts mehr ist mir noch geblieben. Wer diese lieben Verse da ersonnen hat, das weiß ich nicht. Sehr lange, lange Jahre sah das Brieflein schon kein Gegenlicht und nunmehr niemand ein Gesicht. Liebste Rosie, stand geschrieben, all der Hass hat uns geschieden. Die Verse waren handgemacht und wurden einst mit roter Schrift in einem fernen, fernen Land verfasst, in dem ein Bruderzwist die Menschen auseinanderriss. Liebste Rosi, stand geschrieben, hier darfst du das Kind nicht kriegen. Es war das Jahr, das vor dem lag, an welchem ich geboren bin. Es war der eine, eine Tag vor meines Lebens Anbeginn. Es steht geschrieben, mittendrin. Ich sagte nie: Ich hab dich lieb. Nur dieses Brieflein, Mama, blieb! Geändert von Manni M. (12.03.2023 um 05:44 Uhr)

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12.03.2023, 18:08	#3
Manni M. Dabei seit: 09/2022 Ort: Mittelrhein Alter: 46 Beiträge: 114 Meine Gedichte	Hallo Silbermöwe, vielen Dank für die lieben Worte. Und du hast natürlich recht mit dem leeren Grab. Ich hatte diese Zeile oft geändert. Ursprünglich hieß es: zwei Meter in der Erde tief. Doch das erschien mir zu faktisch. Auch andere Wörter habe ich ausprobiert, aber leer symbolisiert für mich am ehesten den Zustand des letzten Gefühls dieser Frau, den ich (vielleicht zu krampfhaft) mit in den Tod transportieren wollte. Beste Grüße Manni