Gedankenstrich

[Rumpelstilz]

Nun bin ich alt. Genug gesehen von der Welt.
Vom Leben bleibt mir noch ein winzig kleiner Rest.
Bin ich dann weg, macht sich manch Kerl ein Fest.
Erst neulich hat ein großer Hund mich angebellt.

Ich muss verschämt gestehn, das tat ein bisschen weh.
Man lebt so gern, man möchte ja. Nur alt sein nicht.
Dann blick ich in den Spiegel: Das ist mein Gesicht?
Verdirbt mir noch im Grab das ganze Renommee.

Ich seh es ein: Man lebt, solang es irgend tagt.
Man hofft so sehr und wartet auf das Morgenrot.
Und kriegt man erst das allerletzte Gnadenbrot,
liegt hilflos rum – der Sensenmann ist angesagt.

Erleben einmal noch den Frühling, das wär schön.
Die Amsel hören, dann, wenn alles ringsum grünt.
Ein Etwas sagt, noch habe ich nicht ausgedient.
Halt durch, du altes Herz. Nun ja, wir werden sehn.

[Candlebee]

Hallo Rumpelstilz,

klingt fast so, als würde dein LI sogleich tot umfallen. Aus die Maus. Nix mit Frühling und Amsel ... Ich finde, man sollte sich einfach damit abfinden, dass der Sensemann irgendwann auf der Matte steht. Rumjammern macht doch nur kirre im Kopf. Wenn man dran ist, ist man dran.
Woher weiß dein LI eigentlich, dass nur noch ein kleiner Rest Leben bleibt? Und warum macht sich ein Kerl ein Fest aus dem Abgang? Was der Hund da zu suchen hat, wird mir auch nicht klar.

Nette Grüße, Candlbee

[Rumpelstilz]

Liebe Candlebee,

hab vielen Dank fürs Reinsehen. Du kommst da mit einigem nicht klar.
Mit den Gedichten ist es so wie mit der Corona-Spritzung: Entweder sie wirken, oder sie wirken nicht. Es kann ja sein, du bist zu jung für dieses Gedicht. Da würden Erklärungen bei dir auch nicht viel Verständnis auslösen, denke ich. Aber du wirst auch nicht jünger, schau mal in 20 Jahren wieder vorbei. Deshalb überlasse ich dieses Gedicht gern älteren Usern.

Liebe Grüße, Rumpelstilz