Der Enkeltrick

[Rolli]

Früher war ich niemals einsam,
im Zweifelsfall war jemand da.
Probleme klärten wir gemeinsam,
die Zeit verging so Jahr für Jahr.

Es ist nicht einfach zu verstehen
wie langweilig das Leben wird,
wenn die Tage nicht vergehen,
man verzagt, vergisst und irrt.

Da kommt Abwechslung gelegen
in meiner Abgeschiedenheit.
Nützlich sein, das ist ein Segen,
ich bin nur zu gern hilfsbereit.

Es war Sommer und mein Sohn
rief mich aus Costa Rica an.
Er bettelte am Telefon:
„Kauf mich frei, sonst bin ich dran!

Das Kartell hat mich betrogen,
versteckte Koks im Handgepäck.
Beim Zollamt bin ich aufgeflogen,
die sperren mich für Jahre weg.“

War die Kaution auch reichlich hoch,
ich war bereit zur Bank zu gehen,
sonst stecken sie ihn in ein Loch,
und das auf Nimmerwiedersehen.

Ich habe Bitcoins überwiesen,
dafür sogar mein Haus verpfändet.
Das Konto war nun in den Miesen,
die Strafe aber abgewendet.

Das von ihm kein Danke kam,
kann ich nur zu gut verstehen.
Er kann als Opfer voller Scham,
mir nicht in die Augen sehen.

Monate später, schon im Winter,
machte es dann bei mir Klick.
Ich habe doch gar keine Kinder,
was für ein fieser Enkeltrick.

[Candlebee]

Hallo Rolli,

ein amüsantes und doch verdammt ernstzunehmendes Gedicht. Auf die Masche sind schon so viele hereingefallen. Und das hört nicht auf. In meiner Gegend warnt die Polizei eindringlich in Zeitungen und über's Radio.
Ich hoffe, dir ist das in Wahrheit nicht passiert.

Nette Grüße, Candlebee