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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln. |
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03.05.2023, 17:25 | #1 |
Re(h)quiem
Früher pflegte ich auf Reisen
ein Stück Wildbret zu verspeisen, denn beim Schweifen in die Ferne gönnt man sich bisweilen gerne, was im heimatlichen Nest meistens man links liegen lässt. Auch an jenem Frühlingstag bin zur Mittagszeit in Prag ahnungslos und unbeschwert ich ins Wirtshaus eingekehrt, hab mein Reisegeld gezählt und Filet vom Reh gewählt. Das Besteck war schon gewetzt und das Messer angesetzt, doch schon vor dem ersten Bissen schlug mir plötzlich das Gewissen: Ich sei ohne Federlesens schuld am Tod des edlen Wesens, welches wohl noch gestern Abend auf beschwingten Hufen trabend spielend über Gräben hüpfte und grazil durchs Dickicht schlüpfte, bis der Waidmann die beliebte Beute mit dem Schrot durchsiebte. Einen Augenblick danach eine andre Stimme sprach: "Deine kummervolle Seele wegen dieses Tiers nicht quäle! Denk auch nicht mehr an den Jäger, kleinlicher Bedenkenträger! Hätt' er's nicht für dich erschossen, hätt's ein andrer nun genossen. Darum lächle und sei froh! Es wär tot jetzt sowieso." Leider konnt' ich nicht entscheiden, wer im Recht war von den beiden, also hielt ich für geraten, nicht mehr anzurühr'n den Braten, meine Zeche zu begleichen und mich still davonzuschleichen. Grad noch konnte ich im Gehen aus dem Augenwinkel sehen, wie - die Stirn gelegt in Falten - rasch der Kellner den schon kalten Festtagsbraten abservierte, der die leere Tafel zierte. Indigniert hat er gehustet und die Kerze ausgepustet, welche für das unbekannte Opfer traurig rußend brannte. Draußen höre ich beim Lauschen unter mir die Moldau rauschen, während mitten auf der Brücke vor dem Standbild ich mich bücke, heftig meine Hände knete und aus tiefstem Herzen bete: "Gib doch, heil'ger Nepomuk, meinem Herzen einen Ruck, dass dies Rehlein, unverzehrt, nicht mehr mein Gemüt beschwert! Denn den Glanz der goldnen Stadt hätte sonst ich gründlich satt. Dieses wäre wirklich schade. Darum bitte ich um Gnade." Und der Himmel hat den frommen Herzenswunsch sogleich vernommen, und ich habe unbeschwert drauf die Moldau überquert. Seitdem pflege ich auf Reisen niemals Wildbret mehr zu speisen. |
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04.05.2023, 11:14 | #2 |
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 61
Beiträge: 1.676
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... dieses Requiem verputzte ich wie eine Haxe, Stück für Stück, gern gelesen. Der ideale Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck.
wünsche schöne Träume |
04.05.2023, 19:21 | #3 |
Ein köstliches Gedicht. Häufig schlagen mir zu lange Gedichte auf den Magen, aber hier macht jeder Vers Spaß. Sehr gelungen.
LG Faber |
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