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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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27.01.2013, 18:23 | #1 |
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1948
An Alter einundzwanzig Jahr,
mit brauner Haut und Silberhaar, kam er aus Afrika zurück: Den Briten Dank für dieses Glück. Zwar war die Zeit an Nahrung arm, das Wetter jedoch immer warm, und sandgeblästem Wüstensturm hielt stand er wie ein Burgenturm. Es hätte schlimmer können sein nach Stalingrad und Alamein, so dachte jeder, der ihn sah: „Der Karl, gesund, ist wieder da!“ Was war, darüber sprach er nicht. Auch schwand das Zucken im Gesicht. Es träumte ihm nur manchmal schwer. Zum Glück ist das schon lange her. 27.01.2013 by Ilka-Maria |
27.01.2013, 20:23 | #2 |
1948
Hallo Ilka-Maria,
da kehrt einer drei Jahre nach Kriegsende aus Afrika nach Hause zurück - braungebrannt, doch mit weißen Haaren. Fast wie aus dem Urlaub, könnte man meinen. Sicher hat er es besser gehabt als viele andere Kriegsgefangene. Mein Schwiegervater war auch als Soldat in Afrika. Im Rückblick schildert er diese Zeit in leuchtenden Farben, doch ich bezweifle, ob er er sie noch einmal erleben will. Gern gelesen! wüstenvogel |
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27.01.2013, 21:22 | #3 |
R.I.P.
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Ich kannte persönlich einen, der unter Rommel gedient hatte und auch recht spät aus der Gefangenschaft zurückkam.
Auch er hat oft davon gesprochen, aber keine Legenden gebosselt, sondern geschildert, wie schlimm alles war. Sein Tenor: Nie wieder Krieg! |
27.01.2013, 23:35 | #4 |
Forumsleitung
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Um Irrtümern vorzubeugen:
Mein Vater war als Soldat nicht in Afrika im Einsatz gewesen, sondern in Russland und in Italien. Er war von den Briten nach seiner Gefangennahme in ein Lager in Ägypten verbracht worden, aus dem er ca. zweieinhalb Jahre später entlassen wurde. |
30.01.2013, 14:36 | #5 |
Liebe Ilka-Maria,
allein nur daran zu denken verursacht ein beklemmendes Gefühl. Wie schrecklich muss das dann für all jene, die ein solches Martyrium erleiden mussten, gewesen sein. LG Daisy |
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30.01.2013, 18:30 | #6 | |
Forumsleitung
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Zitat:
danke für Deine Aufmerksamkeit. Mein Gedicht handelt nicht vom Martyrium, sondern von der Zeit danach. Mein Vater hatte es in der Gefangenschaft gut, denn die Briten waren human. Lediglich die Nahrung war knapp, aber das war damals in allen kriegsbeteiligten Ländern der Fall: Die Briten hatten für sich selbst ebenfalls nicht genug. Zwar hatte mein Vater an jedem seiner Einsatzorte immer im "dicksten Dreck" gesessen, wie er es auszudrücken pflegte, aber in zweierlei Hinsicht Glück gehabt: Als er eingezogen und in Richtung Russland transportiert wurde, war dort nichts mehr zu holen, also ging es wieder zurück. In Italien war er, als er den Briten in die Hände fiel, so geistesgegenwärtig, rechtzeitig sein Gewehr wegzuwerfen, das ihn als Scharfschützen entlarvt hätte; mit dieser Soldatengattung wurde nämlich in der Regel kurzer Prozess gemacht. So aber ging er als gewöhnlicher Infanteriesoldat durch und hatte als Kriegsgefangener ein angenehmes Lagerleben im klimafreundlichen Ägypen. Das Verrückte daran: Die einzige Verwundung, die mein Vater durch eine Waffe davontrug, erlitt er in diesem britischen Lager in einer aberwitzigen Situation. Aber das ist eine andere Geschichte. Lieben Gruß, Ilka |
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30.01.2013, 18:41 | #7 | |
R.I.P.
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Zitat:
In der Relation zu Sibirien: JA! Ich weiß (aus Augenzeugenberichten), daß in den sibirischen Kriegsgefangenenlagern die "menschliche" Spezies Wiederkäuer entstand. Das Hungeressen wurde wieder erbrochen und nochmals gegessen, um jede Kalorie total verwerten zu können. Überlebensstrategie, nicht immer lebensrettend. |
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30.01.2013, 19:17 | #8 |
Danke, Ilka-Maria, für die ausführlichen Erläuterungen!
Die ersten drei Strophen deines Gedichts beschreiben natürlich die Gefangenschaft und Rückkehr, das ist auch von dir ganz eindeutig dargestellt. Mir schien aber die vierte Strophe darauf hinzuweisen, dass die Zeit davor eine schlimme gewesen sein musste und das war es, was meine Betroffenheit auslöste. Ich denke mal, dass es nicht nur sichtbare Wunden und Verletzungen gab. Aber wie es bereits im Gedicht heißt: Zum Glück ist das schon lange her. Mit lieben Grüßen Daisy |
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30.01.2013, 19:33 | #9 |
Forumsleitung
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Stimmt. Ich hatte mal als Kind aus einer Unterhaltung meiner Eltern aufgeschnappt, wie mein Vater sagte: "Ich hatte schon wieder diesen Traum, als ich im Unterstand lag, wir beschossen wurden und mir die Erdstücke um die Ohren flogen ... und ich hörte, wie die Buben nach ihren Müttern schrieen."
Die wussten nicht, dass ihre Mütter und Verwandten selbst schon unter Beschuss waren. Und zwar gründlich. Als das vorbei war, hatte Deutschland Licht, Luft und Sonne. Es gab nichts mehr, was diese Segnungen hätte aufhalten können. Hitler hatte Wort gehalten. |
30.01.2013, 19:40 | #10 |
R.I.P.
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