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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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16.02.2012, 00:05 | #1 |
Der müde Tag
Der Tag geht fremd die lange Strecke
dahin im Tunnel früher Nacht. Der Himmel dumpf, die Sternendecke an unbestimmten Ort gebracht. Wenn ihn ein Pfeil erquickend träfe, ein Meteor aus hohem Turm! Es ist so eng um seine Schläfe und in der Brust so tot der Sturm. Umsonst, ihn werden Stunden schinden noch bis der neue Morgen graut. Doch schätzt er Fesseln, die so binden, dass Lähmung sanft die Schmerzen taut. |
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16.02.2012, 00:09 | #2 |
Oh, das sind Gefühle, die ich nur zu gut kenne und du hast wunderbare und klangvolle Worte dafür gefunden.
Danke! |
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16.02.2012, 03:41 | #3 |
Ein schönes Bild vom personifizierten Tag und seinen Bürden.
Mir scheint, der Tag ist da, wo er ist, deplaziert. Er geht "fremd" dahin, zumal in der Nacht, also da, wo er per definitionem eigentlich nicht ist. Die "frühe Nacht" gemahnt auch an die frühe Dunkelheit der kalten Jahreszeit - eine Tendenz zu bedrückender Stimmung. Müde und mit drückender Enge um den Kopf macht der Tag seinen Weg unter einem Himmel, dessen Sterne von einer unbenannten Instanz fortgebracht wurden. Ein "Sturm", der in des Tages "Brust" war bzw. sein könnte, ist in der Gegenwart tot - oder eher: in einem gelähmten Zustand; denn "so tot" wendet die absolute Aussage "tot" zur Metapher für einen augenscheinlich tot-ähnlichen Zustand. Stunden "schinden" den Tag: Stunden als die Zeiteinteilung, die der Organisation des Alltags dient; ein festes Eingespanntsein in dieser Organisiertheit (im täglichen Zwang zur Erwerbsarbeit wohl normalerweise) "schätzt" der Tag: es ist das einzige, das ihn, durch Lähmung, den Schmerzen seiner verstümmelten Existenz enthebt. Es scheint hier das Phänomen einer narkotisierenden Wirkung von Arbeit (Ablenkung durch Beschäftigung) deutlich zu werden. Eine Flucht aus dem Elend wird nur als Bedingung bzw. sehnender Wunsch ("wenn...") genannt. Kein "dann..." konkretisiert das Sehnen - so dass ein offener Raum für den Leser des Gedichts bleibt, sich der Gestalt eines nicht entfremdeten und eingeengten Tages gedanklich anzunähern. Das Bild der herbeigesehnten Erlösung allerdings - ein ihn treffender Pfeil - legt auch nahe, dass die dadurch herbeigeführte "Erquickung" dem Tod des Tages gleichkäme. Sein Leid schiene dann für den jeweils aktuellen Tag unausweichlich, und nur durch sein Ende könnte er diesem Leid entrinnen: Die Möglichkeit, unbeschwert zu sein, scheint nur im Tode gegenwärtig. Die verlockendsten weiteren roten Fäden, die sich mir hier auftun, sind: Wer oder was ist es, das die Sternendecke an einen unbestimmten Ort gebracht hat? Wie will der Sturm sich äußern, der von den widrigen Umständen bis hin zum halbtoten Zustand gebändigt ist? Das Gedicht gefällt mir, weil es ein Leiden, das für zahllose Menschen alltäglich gegenwärtig ist, treffsicher in Bilder übersetzt. Das Leiden ist aus der Ferne als das eines personifizierten Fabelwesen-Tages zu beobachten und mitzufühlen, und doch sehr nahe durch die Bekanntheit der Situation. Eines der wenigen Gedichte in klassischer Formgebung hier im Forum, die mir inhaltliches Potential zu haben scheinen. Chapeau. Oliver |
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16.02.2012, 11:20 | #4 |
Liebes Schmuddelkind,
das war ja gestern eine schnelle Reaktion. Hab Dank. Lieber Oliver Twist, deine Interpretation zeigt subtil, worum es sich handelt. Ich habe deinen Text mit viel Interesse gelesen. Danke dir. Wünsche euch beiden einen schönen Tag! LG gummibaum |
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16.02.2012, 11:40 | #5 |
R.I.P.
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Halli Hallo, Gummibaum -
ich schließe mich vollen Herzens Schmuddelkind an. Schöne Zeilenumbrüche krönen Dein Gedicht, dessen letzte Strophe mich besonders beeindruckt hat. LG Thing |
16.02.2012, 12:27 | #6 |
Hallo, Thing,
hab lieben Dank. "In einem wahrhaft schönen Kunstwerk soll der Inhalt nichts, die Form aber alles tun..." (F. Schiller: Ästhetische Briefe) LG gummibaum |
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16.02.2012, 12:54 | #7 |
R.I.P.
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Du beschämst mich.
Ich strebe immer die Harmonie Beider an. Schiller war ein sehr strenger Lehrmeister. |
Lesezeichen für Der müde Tag |
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