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Alt 29.11.2009, 14:19   #1
weiblich Bridge
 
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Standard Verarbeitet

Manchmal, kann man mit Dingen nur abschließen, wenn man sie an sich ranlässt. Ich habe versucht einfach alles zu verdrängen, nichts an mich heran zulassen weil ich Angst davor hatte dass der Schmerz mich erstickt. Denn ich wusste nicht, wie groß der Schmerz wirklich war, weil ich jeden Gedanken in diese Richtung einfach verdrängte. Ich hatte etwas von diesem Schmerz an mich heran gelassen, und hatte das Gefühl erschlagen zu werden. Doch wusste ich nicht, wie viel der gesamte Schmerz war. Also habe ich alles verdrängt. Ein halbes Jahr lang. Verdrängen ist schön und gut, aber über einen längeren Zeitraum hinweg macht es einen nicht glücklich. Irgendwann muss sich dem Schmerz stellen, anstatt vor ihm wegzurennen, sonst wird man ihn nie los. Ich hatte einfach keine Lust mehr, meine Stimmung von meinen Erinnerungen abhängig zu machen, ich wollte einfach wieder unbeschwert sein. Und darum habe ich beschlossen, alles noch mal durchzukauen. Aber gründlich, ohne auch nur einen Gedanken zu verdrängen. Und ich wollte das mit euch teilen. Vielleicht, damit mich nicht irgendwann doch der Mut verlässt, vielleicht damit ich das einfach durchhalte um anderen zu zeigen, dass es geht. Ich weiß nicht, ob es geht. Aber ich werde es jetzt versuchen. Versuchen, den Schmerz, den du mir zugefügt hast, zu verarbeiten. Und ihr werdet mich begleiten. Weil ich jedes Wort, das ich denke, auch Tippen werde.

Jetzt habe ich mich natürlich gefragt, wie schreibt man so etwas? Sollte ich die Namen umändern? Oder zumindest seinen Namen? Aber gibt man einer Sache nicht zu viel Bedeutung wenn man sie abändert? Das wollte ich auf keinen Fall. Ich wollte, dass diese Sache keine Bedeutung mehr für mich hat. Die Beteiligten, werden eh wissen, wer sie sind, welche Namen ich ihnen gegeben habe. Auch wenn ich die Namen abändere. Und wenn ich deinen Namen nicht denke, also auch nicht schreibe, wie soll ich dann damit fertig werden? In diesem Moment habe ich Angst deinen Namen zu denken. Ich habe ihn schon ewig nicht mehr gesagt, geschweige denn gedacht oder geschrieben. Aber was sein muss, muss sein,
Manuel.
Was ich empfinde wenn ich deinen Namen ausspreche? Nun, es war nicht so schlimm wie ich gedacht hatte. Was vielleicht auch daran liegt, dass ich dich nicht mehr wirklich mit deinem richtigen Namen verbinde… jetzt willst du natürlich wissen, wie wir, meine Freundinnen und ich dich genannt haben wenn wir über dich geredet haben oder? Also gut,
Manuel , diesen Gefallen will ich dir tun. Am Anfang nannten wir dich „Die Fatamorgana“, aber nicht sehr lange. Vielleicht 2 Wochen. Danach nannten wir dich nur noch Es . Kurz und einprägsam, nicht wahr? Und deine Freunde? Ich werde hier keine richtigen Namen nennen, nur die Spitznamen: Wasserleiche und Blondie. Kreativ, oder?
Aber vielleicht sollte ich jetzt mit der Geschichte anfangen, wenn ich am Montag völlig „geheilt“ sein will. Aber wo fängt man so etwas an? Ich fange einfach am Anfang an. Irgendwann im Winter, Ende Januar oder Anfang Februar… so genau habe ich mir die Zeit nicht gemerkt. Verdrängt.

So, und jetzt kommt der schwierige Teil. Diese Erinnerungen heraufzubeschwören. Also, fangen wir an!
Es fing alles mit meinem Wahlfach an, Badminton. Ich weiß nicht mehr genau, warum ich grade das Wahlfach gewählt habe, aber mittlerweile macht es mir richtig Spaß. Auch wenn es mich manchmal viel Überwindung gekostet hat, hin zu gehen, aber dazu kommen wird später.
Ich muss gestehen, am Anfang habe ich mich nicht sonderlich für die Typen in meinem Wahlfach interessiert, oberflächlich wie wir Mädchen nun mal sind habe ich erstmal alle als hässliche Spaßten abgestempelt. Aber es ist so, wenn ich Gesichter irgendwo sehe fallen sie mir später wieder auf. Genauso war es auch dieses mal, ich habe die Typen aus dem Wahlfach in der Pause immer gleich gesehen wenn sie irgendwo rumstanden, auch wenn sie das bevor ich sie beim Badminton gesehen habe, auch schon gemacht haben.
Dann war irgendwann wieder Badminton, einer von den Spaßten fehlte. Aus reiner Neugier merkte ich mir den Namen. Manuel. An dieser Stelle waren mir noch alle Typen gleichgültig, aber das sollte sich schon 7 Tage später ändern. Wieder Badminton. Der Lehrer, der dieses Wahlfach leitete kam auf die glorreiche Idee, im sitzen zu Spielen. Und nach 5 Minuten immer einen platz im Uhrzeigersinn zu rutschen, sodass der Spielpartner nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurde. Also spielte ich mit meinem grandiosen Glück an diesem tag mit dir, Manuel. Ich fand dich echt nett. Ich hatte das Gefühl, auf einer Wellenlänge zu sein, du hast mich zum lachen gebracht und ich fand die Fünf Minuten einfach toll. Ich hab natürlich irgendeinen Mist geredet, das schien dich aber nicht zu stören, du hast mich nicht komisch angeschaut. Das fand ich toll. In diesem Moment fand ich dich sympathisch nicht mehr.
Danach wurde wieder Spielpartner getauscht, ich mit Blondie. Ich weiß heute noch, wie mich der Typ aufgeregt hat. Wie eine Sprechanlage hat er andauernd den Punktestand runter geleiert, das ging mir gewaltig auf den Keks. Hatten wir doch keine Punkte gezählt und einfach ein lockeres Spiel gespielt. Aber Blondie zerrte gewaltig an meinen Nerven.
Jetzt kommt die erste Person ins Spiel, die von Anfang an wusste, was „abgeht“, meine Freundin Marion. Badminton war zu einer unmöglichen Zeit aus, ich musste danach eine dreiviertel Stunde auf den nächsten Zug warten. Also habe ich Marion, die ich dazu überredet hatte mit mir Badminton zu machen, zum Bus begleitet. An Der Bushaltestelle war eine Person von der ich wusste, dass sie mit dir in eine Klasse geht, Manuel. Und ich wollte in diesem Moment einfach mehr von dir wissen, also hab ich sie, ohne zu überlegen wie das wohl wirken könnte, gefragt ob sie eine E-Mail Adresse oder so von dir hätte. Und Bingo! Das war der Fall.
Wenn das ein Märchen wäre, würde jetzt der Satz „Und so nahm das Übel seinen Lauf“ kommen. Es ist kein Märchen. Aber trotzdem wäre dieser Satz ziemlich passend.
Also, hab ich angefangen mit dir zu schreiben. Irgendwann dachte ich mir „der ist nett. Mal nicht so ein Hirnloser Halbaffe…“ irgendwann dachte ich weiter „Den muss ich näher kennen lernen… in den könnte ich mich verlieben“. Und drei Tage später war ich total verliebt. Mir ging das irgendwie zu schnell, ich hab mir och vorgenommen dich erstmal kennen zu lernen! Aber wenn die Hormone sprechen schweigt der Verstand… Bis dahin hatte ich nur mit dir geschrieben, natürlich wollt ich auch mal mit dir reden. An dem Tag, ich glaub du hast irgendeine Schulaufgabe nachgeschrieben, vielleicht Deutsch. Auf jeden Fall warst du da mal nicht von zigtausend Leuten umzingelt, außerdem war das ein gutes Gesprächsthema. Also hab ich all mein kümmerliches Selbstvertrauen zusammengekratzt und bin doch tatsächlich zu dir hingegangen. Ich fand in diesem Moment alles an dir toll. Den Flaum auf deiner Oberlippe fand ich unglaublich süß, deiner Stimme hätte ich ewig zuhören können. Und deine Augen… ich hab teilweise nicht mitgekriegt was du gesagt hast weil ich von deinen Augen so fasziniert war! Eindeutig, mich hatte es richtig erwischt. Ich hab natürlich vor lauter Aufregung manche Sachen durcheinander geschmissen, so hatte die Lehrerin von mir Statt einem Koffeinschock einen Kokainschock zugeschoben bekommen. Und ich glaube ich habe schnell geredet… noch schneller als sonst. Und wenn du auf meine Körpersprache geachtet hättest… die Signale waren so verdammt eindeutig! Wenn ich mich heute selbst analysiere hättest du doch zumindest etwas ahnen können! Ich meine, ich habe nervös an meinem Orangen Lieblingsschal herumgezupft, den Kopf nach hinten geworfen und übertrieben gelacht. Nach unserem Gespräch wollten meine Freundinnen natürlich einen genauen Bericht, auch wenn sie nur ein paar Schritte hinter dir gestanden sind um ja nichts zu verpassen. Das war in dem Moment gar nicht so leicht weil mein Kopf für kurze Zeit total leergefegt war und ich mich an nichts mehr erinnern konnte. Aber schließlich hab ich’s dann doch noch zusammenbekommen und bis Heute lachen wir uns über die Sache mit dem Kokainschock tot. Und kam dieses verhängnisvolle Scheißwochenende. Ich weiß wirklich nicht, was da mit mir los war. Ich konnte keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen und hab mir von einer Freundin und meinen Cousin einreden lassen, dass es das Beste wäre es dir zu schreiben. Und was ich geschrieben habe, ich will es gar nicht mehr wissen. Angeblich hast du mir zurück geschrieben. Wann? Wie viele Tage danach? Was hast du geschrieben? Ich weiß es nicht, weil nie etwas bei mir angekommen ist. Ich war am Montag total fertig. Ich habe die ganze Zeit geflucht und allen die Ohren voll gejammert, dass ich so dumm war.
Aber meine Freundinnen wären nicht meine Freundinnen wenn sie mich nicht aufgebaut hätten. Irgendwann haben wir dann wieder geschrieben. Ich verstand dein Verhalten nicht, war doch deine Antwort nie bei mir angekommen. Ich war total verwirrt. Und verzweifelt. Und mein Cousin hat vorgeschlagen dich ganz locker zu fragen ob wir uns mal treffen. Großer Fehler, ich weiß. Und Juli, du weißt, dass ich dich immer noch dafür hasse dass du ihm diesen Scheißdreck gemailt hast. Ab da war ich dann wirklich fertig mit den Nerven. Ich hab deine Mail zuerst gar nicht gelesen, ich hab sie einfach rauskopiert und einer Freundin zum Lesen gegeben, mit der Frage „ist es schlimm?“. Sie meinte nur „Nicht so gut...“. Irgendwann habe ich’s dann gelesen. Und ich war sauer. Wie konntest du behaupten es mir „nett und höflich“ gesagt zu haben, wenn doch nie etwas bei mir angekommen war! Warum hättest du mir das nicht ins Gesicht sagen können! Vielleicht habe ich nicht das Recht, zu verlangen dass du mir so etwas ins Gesicht sagst, wenn ich den feigen Weg nehme. Aber ich hätte dir mehr Rückrad zugetraut, Manu. Und dann kam wieder ein Freitag. Wieder Badminton. Ich hatte große Lust, nie wieder hin zu gehen und mich einfach ab zu melden. Jetzt kommt wieder die Marion ins Spiel. Sie hat mich immer wieder aufgebaut, mir gesagt ich sollte dir diesen Gefallen nicht gönnen, stark sein. Sie hat mich dann also hin geschleppt, was keine gute Idee war. Ich war einfach noch nicht so weit. Und dann, ich hatte es Marion ja vorher gesagt, mein unglaubliches Glück. Wir haben diesen komischen Rundlauf gemacht, auf jeder Seite drei. Weißt Dus noch? Ich wäre am liebsten schreiend aus der Turnhalle gerannt und auf dem Klo zusammengebrochen. Aber Marion hat mir den Rücken gestärkt. Sie hat mir die Stärke gegeben, die mir gefehlt hat. Und ich habe es überlebt. Das waren die schrecklichsten 5 Minuten die ich mit dir erlebt habe..
Aber das Leben geht weiter. Es bleibt nicht einfach stehen, nur weil man es gerne so hätte. Meine Freundinnen haben mir wieder Beistand geleistet und irgendwann fingen sie an dich zu verarschen. Sie sind rum gerannt, haben dir gewunken und was weiß ich nicht alles. Mir war das egal, aber es half mir nicht grade über dich hinweg zu kommen. Wenn jedes Mal jemand zu kreischen anfängt wie ein Tokio-Hotel Fan auf Drogen, wenn du irgendwo stehst, kann man dich schlecht ignorieren. Toni fing dann noch irgendwann an Mails mit dir zu schreiben. Ich war in diesem Moment echt verletzt. Aber als sie gemerkt hat, wie sehr ich darunter leide, hat sie genau so schnell damit aufgehört wie sie angefangen hat.
Und davor bin ich jetzt die ganze Zeit davon gelaufen. Davor habe ich mich versteckt. Und jetzt, wo es raus ist, frage ich mich wieso. Ich heule nicht mal. Hätte ich das eher gemacht, hätte ich mir dieses ganze halbe Jahr sparen können. Aber vielleicht war ich jetzt erst, ein halbes Jahr später, stark genug um das zu verarbeiten. Das habe ich jetzt getan. Und am Montag wird es mir endlich nichts mehr ausmachen dich zu sehen, manu. Von mir aus kannst du auch wieder die Gesi zamfahrn, aber bitte mit Helm. Und jetzt kannst du mich mal.
Aber weißt du was? Es gibt Typen die sich entschuldigen können. Die danach total nett und aufmerksam zu einem Mädchen sind. Meine Freundin hatte das glück an so nen Typen zu kommen. Und ich gönns ihr. Aber macht das dein rückradloses Verhalten nicht noch offensichtlicher? Ich finde schon.
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Alt 04.12.2009, 16:09   #2
weiblich Hanna
 
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Hi!
Weißte was? Ich hab' mir das alles durchgelesen und finde es gar nicht mal schlecht. Es ist ein wenig zu dicht, soll heißen: zu viele Einzelheiten. Aber wenn Du etwas abspeckst und evtl. (das ist aber wirklich nur meine Idee und ich weiß nicht, ob das für Dich überhaupt in Frage kommt) den Typen sterben ließest (von eigener Hand) und nachher rauskommt, dass Du die Urne mit seiner Asche auf Deinem Kaminsims oder sonstwo ansprichst, das hätte was! Das würde mir als Kurzprosa echt gefallen.
Ein paar kleine Schnitzer sind drin, die findest Du aber selbst. Das einzige Wort, was mir wirklich den Eindruck macht, als sei es von Dir 'misinterpretiert', ist im letzten Satz und heißt 'Rückrad' *lach* - das muss Rückgrat heißen, bezeichnet die Wirbelsäule und somit den 'geraden Gang'.

Grüße
Hanna

PS: Wobei der Titel schon fast dazu einlädt, keine Urne, sondern als Wurst & Co. verarbeitetes Fleisch zu nehmen *lach* - echt!
Hanna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.12.2009, 14:56   #3
weiblich shy dove
 
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Soll ich da noch was sagen?
Sprachlich warst du ja schon immer gut.

Das weißt du ja selbst.

Aber- sonst kann ich nichts dazu sagen.

Da du mich in deinem Text ja auch mit einer Zeile bedacht hast, fühle ich mich einfach nur dazu bewogen, einen Kommentar abzugeben.

Das ist alles.
shy dove ist offline   Mit Zitat antworten
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