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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger. |
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10.07.2024, 13:36 | #1 |
Dabei seit: 10/2019
Ort: in den Wolken
Alter: 56
Beiträge: 581
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minimieze
um es gleich am anfang zuzugeben: im titel habe ich ein zusätzliches „e“ ergänzt, um möglichst viele interessierte klicks zu generieren, weil dadurch hier ein süßes katzenvideo oder zumindest ein thematisch gleichartiger text vermutet wird. dem ist aber keineswegs so – stattdessen möchte ich nach der entfernung des „e“ auf den allseits wahnhaften trend anspielen, alles ständig zu verkleinern oder auf ein minimum zu begrenzen, weil dadurch doch angeblich alles leichter wird und besser zu handhaben ist.
bestes beispiel ist das tragbare endgerät, auf dem sich ohne zweifel ein großteil der leser auch diesen kleinen text zu gemüte führt: device und und display sind im lauf der letzten jahre immer kleiner und handlicher geworden und bergen dennoch immer mehr informationen, die uns letztendlich alle sinne rauben. welche wohltat, einen text von mehreren hundert wörtern herunterzuscrollen und am besten einen buchstaben pro zeile anzeigen zu lassen, damit man diesen noch erkennen kann. noch schöner ist es, eine spannende sportübertragung zu verfolgen – besonders zu empfehlen sind eishockeyspiele oder tennis- respektive golfturniere, bei denen sich mobile zuschauer pausenlos die augen reiben. doch nicht nur das rein optische erscheinungsbild unterliegt dem umfassenden trend der minimalisierung: auch sachverhalte und gedankengänge sowie die sie darstellenden texte müssen immer einfacher und kürzer werden, damit ein jeder sie versteht. zum einen, weil sie nur noch so auf die zuvor erwähnten mini-displays passen, und zum anderen, weil ein feuerwerk aus emojis, thumb-ups, satz- und wortfetzen doch viel besser die gewünschte wirkung auslöst als ein dröges wortkonstrukt, das wohlmöglich noch durch einen nebensatz relativiert wird. auch die vielgerühmte künstliche intelligenz, die häufig schon die leitartikel formuliert, macht sich dieses prinzip der einfachen sprache zu eigen. übersehen wird dabei, dass sie auf diesem weg den leser nicht zum denken anregt, sondern ihm das denken abnimmt. so geht alles gleich viel leichter. nur an einer stelle heißt es wohl statt „minimize“ tatsächlich „maxi mice“: nämlich bei den „mäusen“, also dem wirtschaftlichen gewinn, den ein paar riesenkatzen absahnen, indem sie die zuvor geschilderten entwicklungen vermarkten und beständig weitertreiben. Ich selbst mach aber nunmehr schluss mit mausen. wenn ich weiter auf den bildschirm starre, kriege ich am ende noch ´nen kater. |
10.07.2024, 18:11 | #2 |
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Häng dich dran! Dann kommen die Mäuse auch zu dir. Aktien von Microsoft, Alphabeth (Google) und Amazon kaufen, zurücklehnen und die Kurve betrachten ... Außerdem zahlen die Amis viermal pro Jahr Dividende. Im Augenblick ist auch Rheinmetall eine gute Investition.
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11.07.2024, 15:19 | #3 |
ach Epilog
... mir scheint dein Artikel ein wenig verspätet. Bei den Smartphones erhälst du heute 6 - 7 Zöller oder sogar aufklappbare. Auch TVs werden immer größer. Ok, bei den Kopfhörern geht der Trend andersherum.
Inwieweit die Profite steigen, kann ich nicht einschätzen, doch bei der derzeitigen Kriegswerbung mussten einige Aktionäre wahrscheinlich argen Hunger leiden, der zwischenzeitlich wieder ausgemerzt sein sollte. Wenn die Ukrainer und die Palästinenser ordentlich Aktien bei Rheinmetall etc. gekauft hätten, könnten sie mit den Dividenden ihre Häuser wieder aufbauen. wsT dT |
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11.07.2024, 16:56 | #4 |
Dabei seit: 10/2019
Ort: in den Wolken
Alter: 56
Beiträge: 581
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Lieber dunkler Traum
wahrscheinlich hast Du recht, meine entsprechenden Kentnisse sind nur sehr oberflächlich, und von verschiedenen Seiten werde ich auch immer häufiger als "völlig aus der Zeit gefallen" eingeordnet. (Merkt man ja auch daran, dass ich an anderer Stelle über das Erscheinungsbild von seit Jahrhunderten vergessenen Stauferkaisern poetisiere.) Aber wahrscheinlich hat mich einfach das recht alberne Sprachspiel mit der kleinen Katze zu diesem Einwurf verführt.
Euch beiden danke ich für eure Börsentipps. Ich bitte um Verständnis, dass ich diese aus verschiedensten Gründen - nicht zuletzt moralischen - unverwirklicht bleiben lasse. Herzliche Grüße Epilog |
15.08.2024, 15:06 | #5 | |
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Zitat:
Aber für die Elektroautos, Kühlschränke, Smartphones, Laptops, Küchengeräte, Fernsehgeräte und jedes Rechenzentrum, das (wie die Pilze!) aus dem Boden schießt, hat jeder von uns Berge von toten Menschen zu verantworten, die nicht einmal das zwanzigste Lebensjahr erreicht haben, weil sie beim Schürfen, Entsorgen und Wiederverwenden von Metallen und Gestein entweder durch Unfälle oder schleichende Gifte verreckt sind. Moral? Was ist das? Einer von Gottes besten Witzen. |
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15.08.2024, 20:11 | #6 |
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Beiträge: 581
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Hallo Ilka
"doppelbödig" ist an meinen Texten alles. Der Moralbegriff als solcher kommt in meiner eigenen Ursprungsfassung aber gar nicht vor. In meiner Replik bezog er sich ziemlich konkret auf euer beider Empfehlung, auf die Rheinmetall-Aktie zu setzen (was nach meinem Verständnis derzeit ohnehin um rund drei Jahre zu spät kommen würde ...). Ansonsten ahnst Du sicherlich bereits, dass ich mich mit Dir nicht auf moralphilosophische Diskussionen einlassen werde - denn darin bin ich Dir hoffnungslos unterlegen.
Schönen Abend Epilog |
16.08.2024, 01:38 | #7 | |
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Zitat:
Und hier habe ich eingehakt. Denn moralisch sauber zu bleiben ist für Menschen unserer luxuriösen Lebensweise unmöglich. Wir tragen tagtäglich die Häute neuzeitlicher Skaven zu Markte, und zwar jedesmal, wenn wir unseren Computer oder Fernseher einschalten, den Kühlschrank öffnen, den Automotor starten oder unser Smartphone benutzen. Von Moral sind wir Prinzen und Prinzessinnen, die auf der Sonnenseite des Westens leben, weit entfernt. Das will ich nicht verurteilen, sondern lediglich ins Bewusstsein heben. Das sind nämlich die nüchternen Tatsachen, die mich zum Hüsteln bringen, wenn mir jemand seine moralisch saubere Gesinnung auf den Tisch stellen will. Jeder von uns hat Leichen im Keller. Dir auch einen schönen Abend und eine gute Nacht. Aber noch nebenbei bemerkt: Mit Philosophie hat es nichts zu tun, was man sich schönredet oder was für ein guter Mensch man gerne wäre. |
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