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Literatur und Autoren Literatur allgemein sowie Rezensionen von Büchern, Stücken und Autoren. |
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05.03.2008, 22:58 | #1 |
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 11
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Franz Kafka - Der Prozess
Dieses Buch habe ich damals gehasst, weil man am Ende immer noch nicht weiß, warum er angeklagt wurde.
Ich weiß nicht, ob jemand mal eine "Lösung" in der Schule angeboten bekam, aber ich habe keine bekommen. Mittlerweile habe ich so meine ganz eigene Interpretation, weshalb Franz K. angeklagt wurde. Hat noch jemand eine Theorie? Und wie hat euch das Buch allgemein gefallen? |
05.03.2008, 23:56 | #2 |
Dabei seit: 01/2008
Beiträge: 84
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hi.
das buch hat mir bis auf längere durststrecken, die auch mal 30+ seiten lang waren, gefallen. warum er genau angeklagt wurde, ist relativ egal, da ich denke, dass es vor allem um den psychischen zustand eines solchen (zu unrecht!?) angeklagten geht. ich finde es ehrlich gesagt sogar sehr spannend, dass das motiv der anklage nie genannt wird. insgesamt gehört es nicht zu meinen lieblingsbüchern...ich bereue aber nicht, es gelese zu haben. gruß sf |
06.03.2008, 11:56 | #3 |
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 11
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Ja, da hast du wohl recht. Aber trotzdem finde ich es total spannend über eine mögliche Interpretation nachzudenken.
Vor kurzem habe ich nämlich die Kurzgeschichte "Das unvermietete Zimmer" von Botho Strauss gelesen. Darin wartet ein gewisser Franz K. in einem unvermieteten Zimmer auf den Vermieter und liest dabei in einem Unterhaltungsmagazin von den Deskriminierungen der Juden im 2. Weltkrieg. Daraufhin wird er immer kleiner und sieht keinen Ausweg mehr und will sich aus dem Fenster stürzen. Doch da er so klein ist, kann er das Fenster nicht öffnen und da das Zimmer wohl nie vermietet werden wird, kommt auch kein Mensch mehr, um ihm zu helfen. Also Frank K. fühlt sich in dieser Kurzgeschichte wie ein Opfer. Nun kann man ja Parallelen zum Franz K. aus dem Prozess feststellen. Und den kan man dann wieder mit Kafka selbst vergleichen, der ja auch Jude war. Natürlich geht es bei dem Prozess nicht um die unschuldige Anklage eines Juden im 2. Weltkrieg, da das Werk ja weit vorher geschrieben wurde. Aber trotzdem kann man vielleicht darauf schließen, dass Kafka allgemein die Gesellschaft kritisieren wollte und wie diese Menschen unschuldig verurteilen etc. Das kann man noch weiter spinnen. Also ich kann mit so einer Interpretation eher leben als mit einem großen "?"... |
06.03.2008, 12:28 | #4 |
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 531
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hm, mirwurden beimlesen folgende sachen bewusst:
-das verbrechen welches sich k. schuldig gemacht hat ist ist die uneinsichtigkeit gegenüber selbigem. -k. wusste nichts von seiner tat doch unwissenheit schützt nicht vor strafe. -k. hat nichts getan u. genau das war sein fehler. aber im algemeinen gebe ich fu recht: es ist scnurz warum er verurteilt wird. es heißt ja auch der prozess und nicht die tat... auf jedenfall großartig konstruiert. gruß |
06.03.2008, 14:38 | #5 |
Dabei seit: 03/2008
Beiträge: 302
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...zweifelsohne ein großer Schreiber der Franze,
aber eine Party, auf der Kafka gelesen wird, endet ebenso schnell wie eine triple-feature-Nacht mit Ingmar Bergmann auf der unterstützend LSD gereicht wird. |
22.09.2009, 02:32 | #6 |
Dabei seit: 08/2009
Beiträge: 25
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Huhu,
mir hat der Prozeß sehr gefallen. Ich kann nicht sagen, was Kafka damit aussagen wollte. Ich verstehe das ganze Buch, welches ja äußerst grotesk geschrieben ist als eine Kritik an der Gerechtigkeit selbst, was finde ich auch in der Parabel mit dem Torwächter deutlich wird, welche, wie ich finde, eine Schlüsselrolle im Buch spielt. Gerechtigkeit ist etwas paradoxes, da sie nicht legitimiert ist und auch immer automatisch Ungerechtigkeit entstehen lässt, bzw. auf der selben baut. Hält sich der Mann an die Spielregeln, wird er nie zur Gerechtigkeit eingelassen; die einzige Möglichkeit dort hin zu gelangen ist, etwas illegitimes, illegales zu tun, nämlich durch das Tor zu gehen, obwohl der Wächter es nicht erlaubt. So würde ich es verstehen. Vielleicht möchte er ja, das wir uns zu fragen beginnen, wo unsere „Gerechtigkeit“ ihren Ursprung hat und ob sie gerecht ist. MfG, Faust |
15.12.2010, 14:14 | #7 |
Dabei seit: 08/2007
Ort: tiefer Südwesten
Beiträge: 31
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Ist jetzt etwas spät...der Thread ist ja schon über ein Jahr alt. Ich habe jedoch in der Schule gerade erst eine relativ ausführliche Interpretation mitbekommen( oder wie kann man das anders nennen? Erarbeitet bekommen? wie auch immer)
Also, falls es noch wen interessiert, kann ich das mal hier schreiben. Allerdings gibt es auch Dinge wie zB Lektürehilfen und wenn man mal bei Google scheut, findet sich bestimmt auch was zu dem Thema. |
17.12.2010, 18:29 | #8 |
Was man bei Kafka nicht außer acht lassen darf, ist, dass seine Werke nie für die Veröffentlichung gedacht waren und daher ein hermeneutischer Ansatz beibehalten werden sollte. Für mich liest sich sein Schaffen wie Traummtagebücher und sehr private und Persönlich Auseinandersetzungen, vermitlich ein Gemisch aus beidem (Psychoanalyse warzu seiner Zeit der letzte Schrei und er eine unterdrückte und unglückliche labile Person). Insofern darf man den guten Franz, trotz seiner unbestrittenen sprachlichen Glanzleistungen, getrost als Nabelschauer abhaken.
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19.12.2010, 04:36 | #9 |
Dabei seit: 10/2010
Alter: 30
Beiträge: 354
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Caliban, du meinst also, dass alle Interpretationen (die Bibliotheken ausfüllen könnten) für die Katz sind, weil die Bücher und Geschichten nur wirklich Sinn ergeben, wenn man Kafkas Gefühlwelt ist oder teilt? Die offen gelassene Sprache, die so viel Raum lässt, eigentlich auch nur eine Aufbereitung der Autoritären Probleme F. Kafkas darstellen, dürften dies nicht widerlegen(Im Gegenteil). Ich denke du hast recht. Ich frage mich nur, was wäre wenn Franz ein Kunst- Motivierte Geschichte geschrieben hätte(gewollt, gedurft?) Das mag ich mir nicht mal vorstellen, es wäre zu grossartig gewesen.
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22.12.2010, 17:21 | #10 |
Dabei seit: 02/2005
Beiträge: 223
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Der Przess - ein dunkler und verstörender Roman.
Als ich ihn das erste Mal gelesen habe, hatte ich das unbestimmte Gefühl, eine Satire vor mir zu haben. Ein gewisser K. wird angeklagt und weiß nicht warum. Und das Gericht, es sollte eigentlich ein Hort von Rechtschaffenheit und Moral sein, entpuppt sich als das genaue gegenteil: Skrupellosigkeit und Unmoral sind seine Kennzeichen. Auch die Art, wie an K. das Urteil vollstreckt ist, sagt mehr über das Gericht aus, als über den K. der von zwei Gerichtsdienern erdolcht wird. Das alles ist doch wirklich skurril und kurios Meiner Meinung nach ist der Roman eine Satire auf die Willkür der damaligen Rechtsprechung. Und das Kafka Jude war und Juden später von Nazis grundlos gejagt und getötet wurden, gibt dem Werk eine zusätliche Brisanz. Das ist jedenfalls meine Meinung. Wolfgang |
23.12.2010, 00:53 | #11 |
Dabei seit: 04/2010
Alter: 71
Beiträge: 10.909
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Zum Verständnis des Romans sehr empfehlenswert: Elias Canetti: Der andere Prozess.
Canetti interpretiert im Hinblick auf Kafkas Beziehung zu Felice Bauer. Psychoanalytische Interpretationsansätze lassen weiteres Faszinierendes entdecken. LG gummibaum |
23.12.2010, 04:32 | #12 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Jedem, der in die Mühlen der Justiz gerät (verschuldet oder nicht), kann ich nur eines raten: Schnell mit der Gegenseite Kontakt aufnehmen und auf ein Einvernehmen, sprich: einen Vergleich, drängen. Kommt eine Sache erst einmal zur Verhandlung, weiß man nie, wie es ausgeht. Das letzte Wort hat der Richter, und das hängt von dessen Befindlichkeiten ab. Es ist somit nicht garantiert, daß derjenige, der im Recht ist, auch den Prozeß für sich entscheidet. Jeder ist gut beraten, Streitigkeiten besser auf dem "kleinen Weg", nämlich privat zu bereinigen. Die "guten" Anwälte berechnen ca. 400 Euro pro Stunde, die BMW-Anwälte (Bäcker, Metzger, Wirte ...) weniger - aber egal, teuer wird es im Prozeßfall immer. Meine Erkenntnis: Eine Klage vor Gericht birgt immer ein Risiko. In dem Augenblick, wo man sich darauf einläßt, ist man erst einmal ausgeliefert, egal ob als Kläger oder Beklagter. Es gibt nur wenige Fälle, die so eindeutig sind, daß man ein "Prozeßrisiko" (d.h., zu verlieren) ausschließen kann. Kafka: tiefgründig und zeitlos - und alles andere als satirisch, sondern der alltägliche Irrsinn. |
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