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Alt 01.11.2022, 07:59   #1
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Standard Rumi - ein paar Perlen

Rumi ist vielleicht ja dem einen oder anderen ein Begriff, je nach Interessenlage ist er auf jeden Fall ein sehr zu empfehlender Denker. Was Rumi geschrieben hat, gibts nur von ihm, er war ein kulturen- und epochenübergreifend einmaliger Denker; ein Mystiker, dessen höchste Wahrheit allein die Liebe war, ein Dichter, wie es in jeder Kultur nur wenige gab und der einzige Schriftsteller, dessen Buch (Mathnawi) zeitweise auf Augenhöhe mit dem Koran gestanden hat.

Leider ist die deutsche Übersetzung nur in den wenigsten Fällen in der Lage, ihm gerecht zu werden, deshalb wollte ich hier gerne ein paar besondere Perlen einstellen.



Der Muschel gleich war selig ich, weil das Juwel in mich gelegt,
Und wie die Welle wogte ich, vom Wind des eig'nen Seins erregt.
Wie Donnergrollen machte ich des Meers Geheimnisse bekannt;
Und wie die Wolke nach dem Guß, so ruht' ich aus am Meeresrand.

-

Jemand sang mit zarter Stimme eine süße Melodie
An dem Ufer eines Baches; wovon sang und klagte sie?
"Aus Rubinen und Smaragden, Gold und etwas Fantasie,
Kann man eine Rose machen... Aber duften wird sie nie."

-

Wenn das Schiff am festen Strande hinfährt auf dem Wogenpfad,
Glauben die im Schiffe manchmal, was da fährt, sei das Gestad'.
So auch wir, deren Schicksal im Vergehen nur besteht,
Glauben doch auf unsrer Reise: Wir besteh'n, die Welt vergeht.

-

Siehe, ich starb als Stein, und stand als Pflanze auf,
Starb als Pflanz und nahm als Tier dann meinen Lauf.
Starb als Tier und wurd ein Mensch, was fürcht ich dann,
Da durch Sterben ich nicht minder werden kann.

Und werde ich als Mensch dann einst gestorben sein,
Werden Engelsflügel mir erworben sein.
Als Engel muss ich sein geopfert auch,
Werden, was ich nicht begreif, ein Gotteshauch.
So lass mich nicht-sein, denn das Nichtsein ruft
Mit Orgelton, zu ihm kehren wir zurück.

-

Eh' Gärten wurden, ehe Reben
und Wein ward auf dem Erdenflur,
Die Seele mein von Gottes Weine
den Rausch der Ewigkeit erfuhr.

In Bagdad schon tat ich den Ruf:
"Ich bin die Wahrheit - ja, ich nur",
Eh um dies Wort der Hass der Häscher
zum Galgen hin trieb al-Mansur.

Eh die Weltseele allen Dingen
die Form aus Lehm und Wasser gab,
Kam ich, in Gottes Kloster zechend,
der Dinge Wesen auf die Spur.

So ward zur Welt dann meine Seele,
zur Sonne ward ihr Weinpokal,
Und von dem Wein der Seele wurde
mit Licht getränkt die Kreatur.

O Schenke, mach du jene trunken,
die sich an Lehm und Wasser freun,
Lass sie des hohen Glücks gedenken,
das ihnen Anfangs wiederfuhr!

Und meine Seele jenem Schenken,
der heut vom Reich der Seele naht,
Auf dass er unserm Blick enthülle,
was uns verschleiert die Natur!

-

Der du aus des Nichtseins Lande
In das Reich des Daseins kamst!
Weißt du wohl aus welchem Grunde
Du die Reise unternahmst?

Eines Fürsten Diener bist du,
Und ein Fürst hat dich gesandt,
Dass du selber dich erkennest,
Und den Herrscher in dem Land.

Einem reichen Handelsmanne
Bist du ähnlich, in der Tat
Der zum Handel aus dem Hause
In die Stadt des Lebens trat.

Deines Lebens reiche Summe
Gab als Kapital man dir;
Lass es denn, durch edle Taten,
Zinsen tragen für und für.

Handle redlich auf dem Marktplatz,
Bist du ein verständ'ger Mann:
Weil nur redliches Beginnen
Deinen Wohlstand fördern kann.

Dein Gepäck wird am Gerichtstag
Sammt und sonders aufgemacht,
Und, was du getan, wird treulich
Dann in Rechnung dir gebracht.

Hüte dich! Als Räuber werden
Teufel auf den Weg gesandt,
Die da Jenen überfallen,
Der die Wahrheit nicht erkannt.

Dieser Rat, den du vernommen,
Ist des Meisters weises Wort;
Denn er sagt "Tebrisenz Sonne
Sprach ihn aus, der Wahrheit Hort".

Geändert von Anaximandala (01.11.2022 um 09:28 Uhr)
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