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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 16.05.2023, 19:29   #1
männlich Walther
 
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Standard Leuchtet. Wartet. Neckt.

Leuchtet. Wartet. Neckt.

Sie bricht am Ende auch durch das Bitumen,
Entfaltet sich und strebt dem Blau entgegen:
Sie ist der Grund, den Tod zu widerlegen.
Selbst fast verdorrt ruht sie in Sand und Krumen,

Auf dass er komme, jener warme Regen,
Der sie aus ihrem tiefen Schlaf erwecke.
Sie ist viel mehr als Nutzen oder Zwecke
Und sprengt Systeme: Ja, du musst sie pflegen,

Du musst sie hegen, in ihr denken, leben.
Sie blüht und ist die Schönste aller Blumen
Und will nicht nehmen; sie will immer geben.

Ganz warm umgibt sie dich, wie eine Decke:
Sie leuchtet hell, man misst sie nicht in Lumen,
Und wartet drauf, dass sie der Liebste necke.
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Alt 17.05.2023, 11:43   #2
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Lieber Walther,

da ist dir mal wieder ein Glanzstück gelungen. Sprachlich und bildlich wundervoll. Zwar ist das Motiv des Blümchens, dass sich unverdrossen durch den Asphalt arbeitet, schon oft in allen Genres der Kunst verarbeitet worden, aber als Sinnbild der Zuversicht hat es noch nicht an Wirkung verloren. Was könnte widerstandsfähiger sein als ein zartes, erstaunlich kräftiges Pflänzchen? "Und sprengt Systeme ..."

Übrigens habe ich kürzlich gelernt, dass Pflanzen immer nach oben wachsen, dies aber nichts - wie oft gedacht - mit der Sonne bzw. dem Licht zu tun hat. Sie wachsen auch im Dunkeln immer nach oben. Es hat mit anderen Faktoren zu tun, die ich aber - hau mich, schlag mich - nicht mehr zusammenbekomme. Ich habe sie schlicht vergessen.

Zitat:
Selbst fast verdorrt ruht sie in Sand und Krumen, ...
Über die "Krumen" würde ich mich gerne mit dir einlassen, denn dieses Wort ist ein bisserl zum Reizthema für mich geworden. In der Regel versteht man darunter etwas, das mit dem Gebrösel von gebackenen Mehlwaren zu tun hat. Da stellt sich die Frage, wie die Krumen mit dem Sand zusammenpassen. Okay, Krumen sind Krümel, und Sand ist auch krümelig. So weit, so gut.

Weniger bekannt ist, dass die "Krume", also im Singular gebraucht, kein Brösel, sondern ein Stück Ackerland ist. Das Wort ist veraltet. Mir hat das mal ein Lektor, weil ich es so gebraucht hatte, er es aber nicht mehr in der alten Form verstand, als Fehler angestrichen und in den Plural korrigiert. Mit "Krumen" hatte es aber nichts zu tun, und deshalb hatte meine Gedichtzeile hinterher ihren Sinn verloren, was den Lektor aber nicht zu stören schien. Für ihn klang es so besser.

Fazit: Nicht alles, was gut klingt, ist wirklich gut.

Ich habe mir erspart, den Lektor aufzuklären. Aber ich kann jedem, der sich mit Poesie befasst, nur eins raten: Leute, schafft euch Wortschatz drauf! Ihr werdet die Welt besser verstehen.

Zurück zu deinem Blümelein, Walther. Welches du im Sinn hattest, verrät dein Gedicht nicht. Mir fällt der sonnige Löwenzahn ein: widerstandsfähig, in seiner Üppigkeit von fast obszöner Schönheit und selbst im Absterben ein filigranes Kugelgebilde, an dem sich das Auge erfreut. Die Marilyn Monroe unter den wildwachsenden Blumen: vergänglich, aber unsterblich.

Der Löwenzahn wäre in deinem Gedicht mein Favorit. Er war es auch bei meinem Kaninchen. Aber aus anderen Gründen .

Liebe Grüße
Ilka









Zitat:
Zitat von Walther Beitrag anzeigen
Leuchtet. Wartet. Neckt.

Sie bricht am Ende auch durch das Bitumen,
Entfaltet sich und strebt dem Blau entgegen:
Sie ist der Grund, den Tod zu widerlegen.
Selbst fast verdorrt ruht sie in Sand und Krumen,

Auf dass er komme, jener warme Regen,
Der sie aus ihrem tiefen Schlaf erwecke.
Sie ist viel mehr als Nutzen oder Zwecke
Und sprengt Systeme: Ja, du musst sie pflegen,

Du musst sie hegen, in ihr denken, leben.
Sie blüht und ist die Schönste aller Blumen
Und will nicht nehmen; sie will immer geben.

Ganz warm umgibt sie dich, wie eine Decke:
Sie leuchtet hell, man misst sie nicht in Lumen,
Und wartet drauf, dass sie der Liebste necke.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 17.05.2023, 13:59   #3
männlich Walther
 
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Beiträge: 1.873

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Lieber Walther,

da ist dir mal wieder ein Glanzstück gelungen. Sprachlich und bildlich wundervoll. Zwar ist das Motiv des Blümchens, dass sich unverdrossen durch den Asphalt arbeitet, schon oft in allen Genres der Kunst verarbeitet worden, aber als Sinnbild der Zuversicht hat es noch nicht an Wirkung verloren. Was könnte widerstandsfähiger sein als ein zartes, erstaunlich kräftiges Pflänzchen? "Und sprengt Systeme ..."

Übrigens habe ich kürzlich gelernt, dass Pflanzen immer nach oben wachsen, dies aber nichts - wie oft gedacht - mit der Sonne bzw. dem Licht zu tun hat. Sie wachsen auch im Dunkeln immer nach oben. Es hat mit anderen Faktoren zu tun, die ich aber - hau mich, schlag mich - nicht mehr zusammenbekomme. Ich habe sie schlicht vergessen.



Über die "Krumen" würde ich mich gerne mit dir einlassen, denn dieses Wort ist ein bisserl zum Reizthema für mich geworden. In der Regel versteht man darunter etwas, das mit dem Gebrösel von gebackenen Mehlwaren zu tun hat. Da stellt sich die Frage, wie die Krumen mit dem Sand zusammenpassen. Okay, Krumen sind Krümel, und Sand ist auch krümelig. So weit, so gut.

Weniger bekannt ist, dass die "Krume", also im Singular gebraucht, kein Brösel, sondern ein Stück Ackerland ist. Das Wort ist veraltet. Mir hat das mal ein Lektor, weil ich es so gebraucht hatte, er es aber nicht mehr in der alten Form verstand, als Fehler angestrichen und in den Plural korrigiert. Mit "Krumen" hatte es aber nichts zu tun, und deshalb hatte meine Gedichtzeile hinterher ihren Sinn verloren, was den Lektor aber nicht zu stören schien. Für ihn klang es so besser.

Fazit: Nicht alles, was gut klingt, ist wirklich gut.

Ich habe mir erspart, den Lektor aufzuklären. Aber ich kann jedem, der sich mit Poesie befasst, nur eins raten: Leute, schafft euch Wortschatz drauf! Ihr werdet die Welt besser verstehen.

Zurück zu deinem Blümelein, Walther. Welches du im Sinn hattest, verrät dein Gedicht nicht. Mir fällt der sonnige Löwenzahn ein: widerstandsfähig, in seiner Üppigkeit von fast obszöner Schönheit und selbst im Absterben ein filigranes Kugelgebilde, an dem sich das Auge erfreut. Die Marilyn Monroe unter den wildwachsenden Blumen: vergänglich, aber unsterblich.

Der Löwenzahn wäre in deinem Gedicht mein Favorit. Er war es auch bei meinem Kaninchen. Aber aus anderen Gründen .

Liebe Grüße
Ilka
Hi Ilka,

danke fürs studieren und bedenken!

in der tat sollte man die deutsche sprache beherrschen, wenn man schreibt. das gilt durchaus nicht nur für poesie. es gilt immer.

zum plural: https://deutsch.heute-lernen.de/gram...me/deklination

natürlich hast du ganz recht mit dem wachsen. es geht oben nach oben und unten nach unten. dabei sind in beiden fällen auch die abweichung von der senkrechten zu betrachten. allerdings wachsen manche auch waagrecht zur seite.

hier aber geht es ums bild, das verwendet wird. Es soll romantisierend anklingen. Um was es genau geht, darf im Augen der/des Leser/s/in verbleiben.

lg W.
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