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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 08.05.2023, 19:18   #1
männlich Zuckerzucken
 
Dabei seit: 05/2023
Beiträge: 29

Standard Feuerreigen einer Motte

Ein Flügelschlag im Abendrot,
Die Motte tanzt im letzten Licht.
Ihr Streben kennt nur einen Gott,
Die Flamme, die ihr Ziel verspricht.

Sie brennt im Feuer, voller Glut,
Verbrennt zu Asche, Staub und Rauch.
Doch ihre Seele, rein und gut,
Erwacht im Kleid als neuer Hauch.

Nun schwebt sie hoch, ihr Flug ist leicht,
Getragen von des Windes Macht.
Und aus dem Tod wird Leben gleich,
Erstrahlt in ihr des Feuers Pracht.

Ein Wunder, das die Nacht erhellt,
Ein Zeichen, dass der Geist besteht.
Denn aus der Asch' entweicht der Welt,
Was aus dem Feuer neu entsteht.
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Alt 08.05.2023, 19:23   #2
männlich Zuckerzucken
 
Dabei seit: 05/2023
Beiträge: 29

Guten Abend alle miteinander,

Nach den Kritiken meiner letzten Gedichte habe ich versucht eines zu schreiben, das weniger experimentel und kryptisch ist. Es lehnt leicht an die Thematik des letzten Gedichtes, "Läuterfeuer", an, obwohl ich hierin nicht das gleiche versuche auszusagen. Ich habe es schlicht in einem vierhebigen Jambus gehalten und es konkreter gestaltet.
Ach, und ich wurde dabei von einem meiner Lieblingspokemon inspiriert namens Ramoth, wollt ich nur mal gesagt haben. Und zusätzliche Inspirationen waren die Mythen von Ikaros und dem Phoenix, und natürlich die christliche Vorstellung einer unsterblichen Seele.
Ich hoffe wie immer auf Kritiken, Interpretationen und Reaktionen. Viel Spaß beim Lesen!
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Alt 08.05.2023, 23:36   #3
männlich Faber
 
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Dabei seit: 10/2022
Beiträge: 384

Hallo Zuckerzucken,

deine bisherigen Gedichte habe ich nicht in Erinnerung. Aber dieses hier ist dir jedenfalls gut gelungen!

Zitat:
Zitat von Zuckerzucken Beitrag anzeigen
Und zusätzliche Inspirationen waren die Mythen von Ikaros und dem Phoenix
Beim Lesen kam mir auch sofort der Phoenix in den Sinn, der aus der Asche wiederaufersteht.

Allein unter „Erwacht im Kleid als neuer Hauch“ kann ich mir spontan nichts vorstellen. Da bin ich etwas ratlos, wie das gemeint sein könnte.

Aber insgesamt sehr gern gelesen.

LG
Faber
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Alt 09.05.2023, 07:51   #4
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
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Alter: 60
Beiträge: 6.687

Zitat:
Zitat von Zuckerzucken;591499

Ein Flügelschlag im Abendrot,
xXxXxXxX
Die Motte tanzt im letzten Licht.
xXxXxXxX
Ihr Streben kennt nur einen Gott,
xXxXxXxX
Die Flamme, die ihr Ziel verspricht.
xXxXxXxX

Sie brennt im Feuer, voller Glut,
xXxXxXxX
Verbrennt zu Asche, Staub und Rauch.
xXxXxXxX
Doch ihre Seele, rein und gut,
xXxXxXxX
Erwacht im Kleid als neuer Hauch.
xXxXxXxX

Nun schwebt sie hoch, ihr Flug ist leicht,
xXxXxXxX
Getragen von des Windes Macht.
xXxXxXxX
Und aus dem Tod wird Leben gleich,
xXxXxXxX
Erstrahlt in ihr des Feuers Pracht.
xXxXxXxX

Ein Wunder, das die Nacht erhellt,
xXxXxXxX
Ein Zeichen, dass der Geist besteht.
xXxXxXxX
Denn aus der Asch' entweicht der Welt,
xXxXxXxX
Was aus dem Feuer neu entsteht.
xXxXxXxX
Hallo Zuckerzucken,

die Bemerkung über den vierhebigen Jambus hat mich getriggert. Das musste ich jetzt einfach durch-ixen - also stimmt genau.

Chapeau, perfekt gereimt und inhaltlich gefällt es mir auch, ein Gedicht über die Auferstehung einer Motte, wobei die Motte wohl Sinnbild für etwas anderes sein soll, wenn ich es richtig interpretiere. Auf die Seele ist nicht sehr schwer zu kommen, zumal du es schon erwähnt hattest. Sehr kreativ umgesetzt.

LG DieSilbermöwe
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Alt 09.05.2023, 10:52   #5
männlich Zuckerzucken
 
Dabei seit: 05/2023
Beiträge: 29

Zitat:
Zitat von Faber Beitrag anzeigen
Hallo Zuckerzucken,

deine bisherigen Gedichte habe ich nicht in Erinnerung. Aber dieses hier ist dir jedenfalls gut gelungen!



Beim Lesen kam mir auch sofort der Phoenix in den Sinn, der aus der Asche wiederaufersteht.

Allein unter „Erwacht im Kleid als neuer Hauch“ kann ich mir spontan nichts vorstellen. Da bin ich etwas ratlos, wie das gemeint sein könnte.

Aber insgesamt sehr gern gelesen.

LG
Faber
Bei „Erwacht im Kleid als neuer Hauch“ habe ich mir vorgestellt, dass die brennende Motte in einem "Feuerkleid" steckt, die flammen sind wie flatternder Stoff. In den letzten Momenten des Lebens, auf den der sichere Tod folgt, ist der Körper nunmehr ein lebloser Behälter für die Seele, der wie ein Kleid abgelegt wird. Der "neue Hauch" ist der göttliche Hauch, die Seele, denn er hat uns das Leben eingehaucht, und neu ist der Hauch, weil er ein zweites Dasein im jenseits beginnt oder weil er wiedergeboren wird.
Hmm, vielleicht wäre es verständlicher gewesen, wenn ich es auch als Flammen- oder Feuerkleid bezeichnet hätte, keine Ahnung wie ich das noch reinbringen könnte.
Ich glaube, ich werde später spaßeshalber eine ausführliche Analyse über meine Gedanken beim Schreiben hier schreiben.

Zitat:
Zitat von DieSilbermöve Beitrag anzeigen
Hallo Zuckerzucken,

die Bemerkung über den vierhebigen Jambus hat mich getriggert. Das musste ich jetzt einfach durch-ixen - also stimmt genau.

Chapeau, perfekt gereimt und inhaltlich gefällt es mir auch, ein Gedicht über die Auferstehung einer Motte, wobei die Motte wohl Sinnbild für etwas anderes sein soll, wenn ich es richtig interpretiere. Auf die Seele ist nicht sehr schwer zu kommen, zumal du es schon erwähnt hattest. Sehr kreativ umgesetzt.

LG DieSilbermöwe
Vielen Dank für's Überprüfen . Ich schreibe sehr gerne bildhaft bunte Gedichte, die man sowohl konkret als auch im übertragenen Sinne interpretieren kann.

Ich bin froh, dass es euch beiden so gut gefallen hat
Hier sind die Links zu meinen letzten zwei Gedichten, die nicht so gut angekommen sind, falls ihr es lesen wollt (eines wurde sogar als "brutale Vergewaltigung der Sprache" bezeichnet, aber ich bin froh, dass Eindrücke hier so offen mitgeteilt werden):
https://www.poetry.de/showthread.php?t=101795
https://www.poetry.de/showthread.php?t=101794

LG Zuckerzucken
Zuckerzucken ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.05.2023, 07:53   #6
weiblich DieSilbermöwe
 
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Alter: 60
Beiträge: 6.687

Hallo Zuckerzucken,

ich hatte deine anderen beiden Gedichte schon gelesen, wusste aber nichts Gescheites dazu zu sagen. Deswegen habe ich nicht kommentiert. (Ich weiß auch immer noch nichts dazu zu sagen.)

Es ist also nicht so, dass ich Gedichte nicht gelesen habe, wenn ich nichts dazu schreibe .

LG DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2023, 19:48   #7
männlich Zuckerzucken
 
Dabei seit: 05/2023
Beiträge: 29

Hallo DieSilbermöve,

war auf jeden Fall für Faber gedacht, weil er sagte, dass er sich nicht erinnern konnte, ob er sie gelesen hat. Da dachte ich, dass ich sie einfach mal für alle verlinke.

LG Zuckerzucken
Zuckerzucken ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.05.2023, 13:43   #8
männlich Zuckerzucken
 
Dabei seit: 05/2023
Beiträge: 29

Hier ist meine Analyse und Gedankengang beim Schreiben des Gedichtes "Feuerreigen einer Motte":

Das Gedicht besteht aus vier Strophen die jeweils aus vier Zeilen bestehen, und das Versmaß ist dabei durchgehend ein vierhebiger Jambus

Zitat:
Feuerreigen einer Motte
Der Titel bezieht sich auf einen Tanz der ein Mittelpunkt umkreisend getanzt wird. Das erzeugt das Bild einer Motte die sich kreisend um eine Lichtquelle bewegt, aber dabei anmutig wirkt. Ferner könnte es durch die kreisende Natur des Tanzes an den Lebenszyklus, der im weiteren Verlauf des Gedichtes für die Motte im Feuer endet, oder an den Kreis der Wiedergeburt erinnern.

Erste Strophe:

Zitat:
Ein Flügelschlag im Abendrot,
Die Motte tanzt im letzten Licht.
Hier wird durch "Abendrot" ein zu der Feuerthematik des Gedichtes passendes Bild erzeugt, denn durch das Abendrot erscheint alles im feuerroten Licht, zudem ist es passend zur Thematik des Ablebens der Motte, das später im Gedicht vorkommt, zeigt es auch das Ende des Tages an.
"Die Motte tanzt im letzten Licht" ist dabei ebenfalls mehrdeutig, es könnte sowohl auf das Abendrot anspielen, das letzte Licht des Tages, als auch auf das Feuer, das später im Gedicht vorkommt, in dem die Motte verenden wird, welches also ihr persönliches letztes Licht ist.

Zitat:
Ihr Streben kennt nur einen Gott,
Die Flamme, die ihr Ziel verspricht.
Der Tod, dargestellt durch die Flamme, ist letzten Endes Ziel von jedem Lebewesen, was durch die natürliche Affinität der Motte zu Lichtquellen dargestellt wird, und gleichzeitig zentraler Gegenstand vieler religiöser Vorstellungen. Egal ob nun Wiedergeburt oder ein Übergang ins Jenseits, der Tod bildet die Brücke zu religiösen und göttlichen Vorstellungen, und viele religiöse Menschen bereiten sich im Leben auf diesen Übergang vor.

Zweite Strophe:

Zitat:
Sie brennt im Feuer, voller Glut,
Verbrennt zu Asche, Staub und Rauch.
Die Motte verendet im Feuer. "Asche, Staub" könntes an "Asche zu Asche, Staub zu Staub" erinnern und "Staub und Rauch" haben einen ähnlichen Klang.

Zitat:
Doch ihre Seele, rein und gut,
Erwacht im Kleid als neuer Hauch
Hier wird eine Thematik eines reinigenden Feuers aufgegriffen, ähnlich eines Fegefeuers. Bei „Erwacht im Kleid als neuer Hauch“ könnte sich darauf bezogen werden , dass die brennende Motte in einem "Feuerkleid" steckt, die flammen sind wie flatternder Stoff. In den letzten Momenten des Lebens, auf den der sichere Tod folgt, ist der Körper nunmehr ein lebloser Behälter für die Seele, der wie ein Kleid abgelegt wird. Der "neue Hauch" könnte der göttliche Hauch sein, die Seele, denn Gott hat allem das Leben eingehaucht, und neu ist der Hauch, weil er ein zweites Dasein im Jenseits beginnt oder weil er wiedergeboren wird.
Vielleicht wäre es verständlicher gewesen, wenn man es auch als Flammen- oder Feuerkleid bezeichnet hätte, um es verständlicher für den Leser auszudrücken.

Dritte Strophe:

Zitat:
Nun schwebt sie hoch, ihr Flug ist leicht,
Getragen von des Windes Macht.
Der nun ausgebrannte Körper ist leicht und wird vom Wind getragen. "Des Windes Macht" könnte sich auf eine göttliche Macht beziehen, die sich nun seiner annimmt.

Zitat:
Und aus dem Tod wird Leben gleich,
Erstrahlt in ihr des Feuers Pracht.
Der Tod als Brücke zum Jenseits oder zur Wiedergeburt ist nun vollständig überquert, also hat die Seele ihr neues Leben begonnen. "Des Feuers Pracht" könnte sich ebenfalls auf die Göttlichkeit des Nachlebens beziehen.

Vierte Strophe:

Zitat:
Ein Wunder, das die Nacht erhellt,
Ein Zeichen, dass der Geist besteht.
Hier nochmal eine Verdeutlichung der Thematik einer ewigen Seele, egal ob durch Leben im Jenseits oder Wiedergeburt.

Zitat:
Denn aus der Asch' entweicht der Welt,
Was aus dem Feuer neu entsteht.
Die "Asch" als zurückgebliebener Körper von der sich die Seele getrennt hat und das "Feuer" als Brücke zum Nachleben und "was aus dem Feuer neu entsteht" ist das Nachleben an sich.
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Alt 12.05.2023, 14:52   #9
weiblich Ilka-Maria
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Nach meinen Informationen haben Insekten - also auch die Motten - keine natürliche Affinität zu künstlichen Lichtquellen oder einem menschengemachten Feuer. Sie werden davon irritert, weil sie gewohnt sind, sich bei Dunkelheit an den Gestirnen zu orientieren, um navigieren zu können. Weil das infolge der vielen künstlichen Lichtquellen, bei denen man heute von "Lichtverschmutzung" spricht, nicht mehr funktioniert, kommen sie aus der Nummer nicht heraus und flattern um die falschen Objekte, an deren Hitze sie verbrennen. Das ist ein großes Problem und gehört zur Debatte um das massenhafte Insektensterben. Die Insektizide allein sind daran nicht schuld.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 12.05.2023, 14:59   #10
männlich Zuckerzucken
 
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Das stimmt wohl. Sie scheinen einfach instinktiv gegen das Licht zu fliegen, was im übertragenen Sinne als "lichtliebend" gesehen wird und ein bekanntes Motiv ist, was aber nicht bedeuten soll, dass ihnen das Licht in irgendeiner Art und Weise gut tut.
Im Gedicht ist die Motte schließlich auch daran verendet.
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Alt 12.05.2023, 15:09   #11
männlich Heinz
 
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Hallo Zuckerzucken,
ich glaube, ich lese zum zweiten Mal eine Interpretation der Autorin, die das eigene Gedicht "erklärt".
Stell Dir mal vor, das würde jeder so machen.
Wenn die Leserschaft erst die Interpretation des Autors abwarten muss, um zu verstehen, was der Dichter uns sagen wollte, dann ist irgendetwas schief gelaufen. (Spätestens nach seinem Tod kann er eh nichts mehr erklären.
Also: Schreib so, dass der Normalverbraucher versteht, was Du sagen willst.
Bei meiner "Gedichteproduktion", gemessen an vielschreibenden Poeten, noch recht übersichtlich, hätte ich Jahre zu tun, um alles zu erklären, was ich mir da so gedacht habe.
Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 12.05.2023, 15:17   #12
männlich Zuckerzucken
 
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Hallo Heinz,

die Analysen sind eigentlich zu meiner Selbstreflexion gedacht und ich wollte sie interessehalber mit hochladen, um euch ein Einblick in meinen Gedankengang und Schaffensprozess zu gewähren. Grundsätzlich gehören sie nicht zum Gedicht.
Es würde mich dennoch interessieren, ob das, was ich ausdrücken wollte, so oder so ähnlich auch verstanden wurde und was es für Abweichungen gibt, um mein Verständnis mit eurem zu vergleichen.

LG Zuckerzucken
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Alt 12.05.2023, 16:50   #13
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.043

Zitat:
Zitat von Zuckerzucken Beitrag anzeigen
die Analysen sind eigentlich zu meiner Selbstreflexion gedacht und ich wollte sie interessehalber mit hochladen, um euch ein Einblick in meinen Gedankengang und Schaffensprozess zu gewähren. Grundsätzlich gehören sie nicht zum Gedicht.
Ich pflichte Heinz bei: Ein Text, der vom Autor erklärt werden muss - egal ob er sich beim Schreiben seiner Gedanken klar war oder ihn hinterher nochmal durchdenkt -, steht in Verdacht, unverständlich zu sein.

Ein Autor, der für die Öffentlichkeit schreibt, überlegt VORHER, worüber er schreibt und wie er es schreibt, denn er will eine Zielgruppe erreichen und ist daran interessiert, dass sie seinen Text versteht. Schreibt er in erster Linie für sich selbst und obendrein mangelhaft reflektiert, ist ein Text nicht für die Veröffentlichung geeignet. Kein Rezipient eines Textes sieht sich gerne im Modus des "betreuten Lesens", indem ihm ein Text vom Autor erklärt werden muss. Der Leser will bei einer Lektüre Genuss empfinden und sein eigens Kopfkino entwickeln, nicht jedoch das Kopfkino des Autors erraten müssen.

Natürlich kann man ein surrealistisches Gedicht schreiben, z.B., wenn man darin Traumsequenzen beschreibt (vergleichbar den Filmen von David Lynch "Lost Highway" oder "Mulholland Drive"), aber gerade dann kommt es darauf an, die Bilder und Sequenzwechsel so zu gestalten, dass der Leser (bzw. Zuschauer) das Gefühl hat, darin gebe es einen Zusammenhang und der Sinn erschlösse sich am Ende oder die Bilder lieferten Symbole und Metaphern, die ihm selber eine Interpretation (oder mehrere Interpretationen) ermöglichen.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.05.2023, 17:06   #14
männlich Zuckerzucken
 
Dabei seit: 05/2023
Beiträge: 29

Ja, das ist mir vollkommen klar, dass ein Leser meistens seine Texte nicht erklärt bekommen haben will. Deswegen habe ich es ja nicht mit in den original Post geschrieben. Man kann es also zuerst lesen, sich selbst was dazu denken und dann meine Gedanken während des Schaffensprozess lesen und darüber sich etwas denken. Ich persönlich habe es auch immer sehr interessant gefunden, nachdem ich ein Kunstwerk mir zu Gemüte geführt habe, über die Gedanken des Autors zu erfahren z.B. durch Interviews oder kommentierte Versionen.
Dieses Forum ist ja nicht zum ausschließlichen veröffentlichen gedacht, sondern auch zum Diskutieren und für Rückmeldungen.

Also hier drei Fragen, die ich stelle:

Was für Gedanken, Vorstellungen und Gefühle hattet ihr beim ersten Lesen?

Wenn ihr meinen Gedankengang des Prozesses gelesen habt: Habe ich erreicht, dass ich das, was ich mir vorgestellt habe, bei euch evoziert habe? Gibt es auch andere Interpretation, die daraus entstanden sind und wenn ja, wieso und welche?

Stellt euch vor, ich wäre nicht der Autor. Wäre meine Interpretation dann sinnvoll?
Zuckerzucken ist offline   Mit Zitat antworten
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