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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 17.04.2023, 13:59   #1
männlich Georg C. Peter
 
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Standard Die Demütigung des Diogenes

Die Demütigung des Diogenes

Nichts sei wahrhaft in Bewegung.
Nicht die allerkleinste Regung.

Alles würde stille steh‘n,
sprach ein Weiser in Athen,

der - mit Inbrunst und Elan -
und mit schmetterndem Organ

präsentierte seine Worte
an dem feierlichen Orte.

Plötzlich stand – im Leinendress –
auf der Herr Diogenes.

Provozierte, lief im Trab
unaufhörlich auf und ab.

PS:
Und der Weise an der Mauer
war erstarrt. Und wurde sauer.


*Diogenes von Sinope (um 413 v. Chr. - um 323 v. Chr.) war ein antiker griechischer Philosoph.
Er zählt zur Strömung des Kynismus.
Schwerpunkte waren der ethische Skeptizismus und die Bedürfnislosigkeit.
Die „Kyniker“ waren überwiegend als Wanderprediger unterwegs.

Hörversion:
https://www.youtube.com/watch?v=NmWYNB5PBYY
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Alt 17.04.2023, 15:22   #2
männlich dunkler Traum
 
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... der ist gut, aber eigentlich
Die Demütigung durch Diogenes.

wsT
dT
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Alt 17.04.2023, 15:48   #3
männlich Georg C. Peter
 
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Hallo Dunkler Traum,

erstmal: Danke!

Ich gebe Dir recht.
Wenn es heißt:

"Die Demütigung des..."

geht man davon aus, dass derjenige gedemütigt WIRD.

Aber nach meinem Verständnis kann es ebenfalls bedeuten,
dass der Betreffende selbst einen anderen demütigt,
also eine Demütigung ERFOLGT.
Oder liege ich da falsch?

Viele Grüße von Georg
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Alt 17.04.2023, 19:35   #4
männlich Second Varie
 
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Beiträge: 38

Standard Hallo Georg C. Peter

Mich treibt seit langem nur eine Frage um? War Diogenes ein Sophist?
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Alt 17.04.2023, 20:35   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Second Varie Beitrag anzeigen
War Diogenes ein Sophist?
Eher nicht. Ich wüsste nicht, was von ihm überliefert wäre, weder an weisen Schriften noch an sophistischen Unterweisungen. Im Grunde war er ein geduldeter Prolet, der auf die guten Sitten rotzte. Ihm wird nachgesagt, er habe öffentlich onaniert. Ob er wirklich in einer Tonne hauste - wer weiß? Vielleicht ist das ein Mythos. Es ist ziemlich merkwürdig, dass ein solcher Mensch dem großen Alexander sagen konnte, er solle ihm aus der Sonne gehen, ohne für diese Respektlosigkeit erschlagen worden zu sein.

Ob die Daten, die Georg angegeben hat, stimmen, sei dahingestellt, denn je weiter wir in die Antike zurückreichen, umso unsicherer sind sie. Diogenes sei ein Wanderer gewesen, schreibt Georg. Damit hätte sich der Grieche in einer damals jahrundertelangen Tradition bewegt, zu der später auch Jesus Christus gehörte. Überall, wo Völker erobert und unterdrückt wurden, waren Prediger unterwegs, die ihre Befreiung durch einen Messias herbeiredeten. Um sie ranken sich zahlreiche Mythen: "Störe meine Kreise nicht!" Vielleicht sprach Diogenes so. Vielleicht ist es aber erfunden.

Vielleicht war Diogenes einer dieser Wanderer, der kurzzeitig Unterschlupf in einer Tonne gesucht hatte, weil er sich eine Herberge nicht leisten konnte. Und wurde so zu einer Karikatur.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 17.04.2023, 22:09   #6
männlich Second Varie
 
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Beiträge: 38

Standard Hallo Ilka - Maria

Danke für die Erläuterung!! Deine Ausführungen haben mir viel Freude bereitet!
Diogenes wird wohl auch immer der Unbekannte bleiben.


Beste Grüße

Peter
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Alt 18.04.2023, 09:01   #7
männlich ganter
 
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Hallo Georg,

klargestellt wurde: Diogenes provoziert
unklar: zur Bewegung scheint er vom anderen provoziert worden zu sein

ich krieche wieder zurück
in meine Tonne
-ganter-
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Alt 18.04.2023, 10:06   #8
männlich Second Varie
 
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Standard Hallo Ganter,

Hat die Tonne eine Bedeutung oder nicht?
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Alt 18.04.2023, 10:23   #9
männlich ganter
 
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hi Second Varie,

jeder hat seine Bedeutungen

bedeutender Gruß
-ganter-
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Alt 18.04.2023, 12:28   #10
männlich Georg C. Peter
 
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Hallo Second Varie, hallo Ilka,

Danke für Eure Anmerkungen!

Viele Quellen berichten über Diogenes (unter anderem Plutarch), allerdings haben alle Chronisten deutlich später als Diogenes gelebt.
Als sicher gilt, dass Diogenes Schüler von Antisthenes war.
Das Wort „Kyniker“ stammt möglicherweise ab vom griechischen Wort „Kyon“ (der Hund). Da es bei den Kynikern vor allem um Bedürfnislosigkeit und Unabhängigkeit ging, sind damit wahrscheinlich die freilebenden Hunde gemeint.

Ob Diogenes ein Sophist (Philosoph) war, ist schwer zu sagen. Die vielen von ihm überlieferten Anekdoten sprechen aber zumindest für eine große Schlagfertigkeit und Respektlosigkeit gegenüber höher gestellten Persönlichkeiten.

Eine kurze Anmerkung zu Alexander dem Großen:
Die Begegnung mit Diogenes soll kurz vor dem Persienfeldzug stattgefunden haben (in dieser Zeit befragte Alexander auch das Orakel von Delphi).
Kurz davor war sein Vater Philipp II. ermordet worden. Es gab mehrere Thronanwärter, Alexander war also nicht unumstritten.
Eigene Eroberungen konnte er bis dato nicht für sich in Anspruch nehmen.
Auch wurde ihm der Beiname „der Große“ erst in der Neuzeit – also über 1000 Jahre später - verliehen.
Er war also zu diesem Zeitpunkt ein eher unbedeutender König über das – überschaubare – Reich Makedonien.
Zu dieser Zeit galt Alexander noch als volksnah und weltoffen, insofern wäre ein Treffen mit Diogenes möglich gewesen (zumal Aristoteles einer seiner Lehrer war).
Den frechen Diogenes zu züchtigen hätte womöglich seinem Image geschadet.

Anekdoten sind aus historischer Sicht immer umstritten und lassen Raum für Spekulationen.
Entscheidend für eine gute Anekdote sind die authentische Charakterisierung der Protagonisten sowie eine gute Pointe.

Demzufolge war ein Leben des Diogenes in einer Tonne möglich, kann aber auch frei erfunden worden sein (oder es gab einen anderen „Tonnenprediger“ und die Biographien wurden später vermischt).

Die dem Gedicht „Die Demütigung des Diogenes“ zu Grunde liegende Anekdote stammt im Original aus:
„Nur einer hat mich verstanden/Philosophenanekdoten“ (Verlag Reclam).

Euch beiden vielen Dank und liebe Grüße,
Georg
Georg C. Peter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2023, 12:30   #11
männlich Georg C. Peter
 
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Hallo Ganter,

auch Dir vielen Dank für Deine Anmerkung.

Ich denke, provoziert wurde Diogenes von der absoluten Behauptung, das NICHTS in Bewegung ist.
Mit dem – fast schon albernen – Herumlaufen hat Diogenes diesen Sprecher in frecher und respektloser Art und Weise entlarvt.
Das „Herumwandeln“ hat übrigens noch eine weitere Bedeutung: Die Anhänger des Aristoteles wurden auch die Peripatetiker („Herumwandler“) genannt, da die Lesungen des Meisters in einer Wandelhalle stattfanden.

Auch Dir vielen Dank und liebe Grüße,
Georg
Georg C. Peter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2023, 12:43   #12
männlich Second Varie
 
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Standard Hallo Georg C. Peter

Meine letzte Frage wäre noch: War Diogenes Atheist wie die Sophisten, die alles anstriten, was im Antiken Griechenland hoch und heilig war, und es damit vor Dekadenz und anderem gefährlichen Gedankengut retteten. Oder glaubte er an Zeus und Hera oder keines von beiden wie Demokrit?

Beste Grüße

Peter
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Alt 18.04.2023, 15:13   #13
männlich dunkler Traum
 
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... Second Varie, auch Diogenes hatte einen Glauben. Nur weiß keiner, welchen. Weitere Angaben zu seinem angenommenen Leben dürfte dem Netz zu entnehmen sein.

... Georg, meine Priorität hat durch. Deine Interpretation kann ich allerdings nicht verneinen, erschließt sich mir aber schwerer.

wsT
dT
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Alt 18.04.2023, 16:14   #14
männlich Second Varie
 
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Standard Hallo dunkler Traum,

Worauf stützen sich deine Aussagen? Auf Empirie oder Rationalismus?
Ich stütze mich auf eine eine grundlegende vor/ bzw. akademische Ausbildung.

Bitte, verstehe mich richtig!

Gruß

Peter
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Alt 18.04.2023, 16:38   #15
weiblich DieSilbermöwe
 
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Zitat:
Zitat von Georg C. Peter Beitrag anzeigen
Wenn es heißt:

"Die Demütigung des..."

geht man davon aus, dass derjenige gedemütigt WIRD.

Aber nach meinem Verständnis kann es ebenfalls bedeuten,
dass der Betreffende selbst einen anderen demütigt,
also eine Demütigung ERFOLGT.
Oder liege ich da falsch?
Ja. In dem Fall hättest du schreiben müssen: „Wie Diogenes jemand anderen demütigte."
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.04.2023, 11:18   #16
männlich ganter
 
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"Wie Diogenes jemanden demütigte"
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Alt 19.04.2023, 12:37   #17
männlich dunkler Traum
 
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... Second Varie, reine Ratio, jeder Mensch glaubt etwas, der Atheist - das es keine Gott gibt, der Idealist - das es Gott/ Götter gibt.
Grundsätzlich habe ich nichts gegen akademische Ausbildung, sie sollte zu Bildung verhelfen, manchmal kommen nur Titel raus.
Habe ich richtig verstanden?

wsT
dT
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.04.2023, 19:21   #18
männlich Georg C. Peter
 
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Hallo Peter (Second Varie),

zu Deiner Frage bezüglich der Religiosität von Diogenes kann ich selbst nichts Konkretes beitragen (fehlende Quellenforschung), finde aber, dass wikipedia diese Frage gut auf den Punkt bringt:

…anzunehmen ist aufgrund einiger Anekdoten (über Diogenes) eine spöttisch-ironische Distanz zu religiösen Fragen.

Ergänzen kann ich dazu, dass der Umgang mit Göttern in der Antike viel pragmatischer war. Man hat Göttern geopfert, um von ihnen eine Gegenleistung zu erhalten. Priester haben den Vogelflug beobachtet oder Tiere ausgenommen, um in deren Eingeweiden zu „lesen“ und um den Ausgang eines Ereignisses vorherzusagen.
Ein „Paradies“ winkte am Ende des Lebens nicht, lediglich ein stumpfes Dahinvegetieren im düsteren Hades.

Zusammenfassend machte es damals wenig Unterschied, ob man Atheist war oder nicht. Wie Du bereits angedeutet hast, war das Verleugnen der Götter eher ein gesellschaftspolitisches Bekenntnis.


Hallo Dunkler Traum,

in der Überschrift das Wort „des“ durch das Wort „durch“ zu ersetzen, ist auf alle Fälle eine Alternative, über die ich ernsthaft nachdenke, zumal Dein Vorschlag ebenfalls die Alliteration (4 x „d“) berücksichtigt.
Als dritte Möglichkeit könnte man das Gedicht auch „Der demütigende Diogenes“ nennen. Wie wäre das?


Hallo Silbermöwe, hallo Ganter,

Dein Vorschlag, liebe Silbermöwe („Wie Diogenes jemand anderen demütigte.") erscheint mir als Titel etwas lang und verzichtet auch auf die Alliteration.

Dein Kürzungsvorschlag, lieber Ganter ("Wie Diogenes jemanden demütigte") ist zwar etwas kompakter, aber alles in allem immer noch recht sperrig als Titel.

Ich bin da eher bei dem Vorschlag von „Dunkler Traum“.

Trotzdem vielen Dank für Eure Vorschläge.

Viele Grüße an Euch alle,
Georg
Georg C. Peter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.04.2023, 19:34   #19
männlich Second Varie
 
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Standard Hallo Georg C. Peter

gut, Wikipedia kann ich natürlich nicht ernst nehmen, eher hätten meine Dozenten, damals auf dem DAA, Steven Taylor ernst genommen, aber wer weiß, wer den Artikel oder den Blog geschrieben hat. Ja, ich verstehe Diogenes ist ein Figur deren Identitet gerne geheim gehalten wird.

Beste Grüße

Peter
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