Altes Foto

[Rumpelstilz]

Das war im Jahre Zweiundvierzig wohl:
Idyll mit Kinderwagen, ringsum Grün.
Noch musste keiner vor den Bomben fliehn,
hier stank es nicht nach Leichen und Karbol.

Man ahnte schon, das bleibt nicht lange so.
Doch wusste wer, was sich im Osten tat?
Ein neues Wort: Es hieß wohl Stalingrad,
es dröhnte siegreich aus dem Radio.

Nur Schein der Friede auf dem alten Bild.
Das Kindchen freute sich, das Wurm war ich,
wie ich im Wagen saß, fast königlich.
Und ja, das Wetter jenes Tags war mild.

[Heinz]

Hallo Rumpelstilz,
das Jahr 1942 ist etwas ganz besonderes! Für Dich offensichtlich noch ein Idyll im Kinderwagen, aber meine Erfahrungen/Kenntnisse sprechen eine andere Sprache. Mag sein, dass Berlin 1942 noch weitgehend von Bomerangriffen verschont blieb (nicht nur Stalin fürchtete die Rache des Deutschen Reiches bei einem Angriff auf die Hauptstadt), in Jena, meiner Heimatstadt, sahen wir uns gezwungen aus der Stadt in die umliegenden Wälder zu flüchten.
Und das Idyll im Kinderwagen - ringsum grün? Mir sind aus diesem bedeutsamen Jahr nur Schwarz-Weiß-Fotos geblieben. Wieso, so könntest Du fragen, ist ausgerechnet 1942 ein bedeutsames Jahr? Das ist leicht zu erklären:
In diesem Jahr wurde der Welt ein Knabe, ein Widder, ein Sonntagskind geboren und dieses Kind war ich.
Gruß,
Heinz

[Rumpelstilz]

Hallo Heinz,

interessante Info. Was willst du mir mitteilen?

Rumpelstilz

[Heinz]

Hallo Rumpelstilz,
ganz entspannt und ohne den Inhalt Deines Gedichts zu bezweifeln:
1. macht es mich stutzig, wenn es im Deutschen Reich im Jahr 1942 noch idyllische Orte gegeben haben soll,
2. mach mich die "grüne" Wiese auf dem alten Foto nachdenklich.
3. Das Wort "wohl" scheint es Dir angetan zu haben. "...war im Jahre Zweiundvierzig wohl" (vielleicht, geschätzt, vermutet?) und "... es hieß wohl Stalingrad."
Was ich mitteilen will? Meine leichte Unzufriedenheit über Teile des Textes in Deinem Gedicht.
Gruß,
Heinz

[Rumpelstilz]

Hallo Heinz,

du bist unzufrieden mit meinem Gedicht? Dann lies es doch nicht. Das ist doch einfacher, als so viel Unsinn zusammenzuschreiben. Trotz meinem Unverständnis für dein Verhalten will ich versuchen, auf deine Fragen einzugehen.

1. Dazu ist zu sagen, dass Berlin erst 1943 erste starke Bombenangriffe hatte. Es gab durchaus noch ruhige Ecken in Berlin. Ich weiß sogar, wo das von mir erwähnte Foto aufgenommen wurde: Am Nordhafen in Wedding, dort gab es einen großen Park und folglich auch viel Grün.

2. Mir ist es neu, dass du denken kannst. Und dann noch "nachdenken".
Und nun denkst du über eine grüne Wiese nach. Viel Glück, pass auf, dass dich die Maulwürfe nicht fressen.

3. Das Wort "wohl" habe es mir "angetan", schreibst du. Das hängt damit zusammen, dass ich nicht genau weiß, wann das Foto aufgenommen wurde, es könnte sein, an meinem ersten Geburtstag. Es war ja Sommer, ich habe im Hochsommer Geburtstag. Das Foto ist nicht datiert.

Was aber angeht, dass ich im Zusammenhang mit Stalingrad das Wort "wohl" verwende, hängt damit zusammen, dass die Deutschen mit diesem Ort anfangs überhaupt nichts anfangen konnten, für sie war das prinzipiell "Ostfront". Es war ein neuer Name in den Wehrmachtsberichten. Zu dieser Zeit, im Sommer 42, war die Wehrmacht noch siegessicher, sie hatte Stalingrad Anfang des Herbstes erobert und dann schrecklich bombardiert und sah sich schon auf der Siegerstraße. Bis Stalin dann den Befehl ausgab: Keinen Schritt zurück! Und die Rote Armee wich keinen Schritt zurück.
Wie Stalingrad endete, wird sich bis in deine Provinz ja rumgesprochen haben.

Ich bin gern bereit, dir weitere Fragen zu beantworten. Falls du genügend "nachgedacht" hast.

Rumpelstilz

[Heinz]

Hallo Rumpelstilz,
ich bin mir nicht ganz sicher: Ist das die berühmte Berliner Kodderschnauze, ist es rüpelhaftes Benehmen oder schnoddrige Arroganz, was aus Deinen Worten spricht?
Da Du 1942 im Sommer schon im Kinderwagen gesessen hast, drängt sich noch eine weitere Vermutung auf: Hat die Mama vergessen, Dir ein Mützchen aufzusetzen, um Dein Köpfchen vor den Sonnenstrahlen zu schützen und hat die Sonnenbestrahlung aus Dir eine so verbitterte alte Frau werden lassen?
Siehst Du, unseren Dialog auf ein unterirdisches Niveau zu bringen, ist kein Privileg für Dich.
Möge die Auferstehung unseres Herrn Dir altersgerechte Güte und Weisheit bringen!
Heinz