Die Mondhöhle

[Amerdi]

Skippy Gurgelkraut war ein Mann, der stets mit einem Fuß in der Realität und dem anderen in den Wogen des Unerklärlichen stand. Eines Tages, als er seinen müden Blick zum Nachthimmel erhob, fand er sich auf dem Mond wieder. Das kalte, silbrige Licht umgab ihn wie eine unsichtbare Hülle, und er spürte, wie die Schwerkraft der Erde ihre Fäden lockerte.

Mit jedem Atemzug inhalierte Skippy die kristallklare, mit dem Sauerstoff der Sehnsucht gefüllte Luft des Mondes und spürte, wie sein Verstand sich auf wundersame Weise weitete. Die Schatten auf dem staubigen Boden zeichneten surreale Muster, während der Blick in die Ferne ein unendliches Meer aus Schwarz enthüllte.

Als er die scheinbar leblosen Weiten des Mondes erkundete, erblickte er eine Höhle, deren Eingang von funkelnden Mondgesteinen gesäumt war. Skippy trat in die Höhle und fand sich in einem Labyrinth aus Mondlicht und Schatten wieder. Die Wände schienen lebendig zu sein, als würden sie flüstern und sich bewegen.

Skippy folgte dem unsichtbaren Faden der Neugier tiefer in die Höhle hinein. Plötzlich erstreckte sich vor ihm ein Raum von atemberaubender Größe, gefüllt mit einem diffusen, schimmernden Licht. In diesem Raum wurden, das wusste er instinktiv, die geheimsten Erinnerungen der Toten aufbewahrt.

Er sah sie wie funkelnde Sterne in der Dunkelheit, verankert in schwebenden Kapseln. Jede Kapsel enthielt eine Geschichte, eine Erfahrung, eine Offenbarung, die von den Toten im Diesseits hinterlassen worden war. Skippy konnte die Pulsation dieser verborgenen Erinnerungen spüren, ein geheimes Flüstern, das seine Sinne durchdrang.

Verzückt von der Fülle der mysteriösen Erinnerungen, verlor sich Skippy in der Höhle des Mondes. Er verschmolz mit den Seelen der Toten, ließ die Erde hinter sich und tauchte in eine Welt ein, in der die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Leben und Tod verschwammen.

Skippy lauschte dem Zauber dieser Erzählungen, er nahm selber teil daran ihr Glühen in Sprache zu übersetzen. Jedes Wort war ein Schlüssel, der die verschlossenen Türen noch tiefer verborgener Erfahrungen öffnete. Er wurde ein Geschichtenerzähler ohne Publikum, ein Dichter, der seine Verse in die Unendlichkeit hinausrufen konnte und dem die Unendlichkeit aus seinen Versen zurief.

Die Erde verschwamm zu einem fernen, vergessenen Traum, während Skippy von den Geheimnissen der Toten berauscht wurde. Er wanderte durch die Erinnerungen, die wie schillernde Juwelen waren - kostbare Fragmente des Lebens, die nie vollständig begriffen werden konnten. Er fühlte die Tränen der Verlorenen, hörte das Echo ihrer Lieder und schmeckte den bitteren Nachgeschmack ihrer Sehnsüchte.

Mit der Zeit wurde Skippy selbst eine Erinnerung und sein merkwürdiges Erlebnis fand Einzug in die mysteriöse Mondhöhle. Für ihn machte es keinen Unterschied mehr.