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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 01.05.2023, 08:32   #1
weiblich Rumpelstilz
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Standard Da war doch was

Wie nichts fällt uns die Zeit so durch die Hände.
Man blättert den Kalender um und staunt:
Schon wieder ist ein ganzes Jahr zu Ende!
Man denkt ans Geld und ist gleich mies gelaunt.

Es wird sortiert, die mürben Fetzen fliegen,
man macht im Lebenshause Inventur.
Den großen Rest, den lässt man besser liegen -
so ist der Mensch in seiner Grundstruktur.

Dann blickt man in die Politik und schauert.
Der eingelatschte Stiebel triumphiert.
So mancher fragt, wie lange das noch dauert,
doch oben wird jetzt tapfer durchregiert.

Wer keine Bleibe hat, lebt unter Brücken,
der ist die Sorgen mit der Miete los,
schleppt seine Last des Lebens auf dem Rücken,
genießt die deutsche Freiheit ohne Moos.

Die Alten lässt man in der Suhle liegen,
die merken nichts mehr, die sind ohne Wert.
Die mümmeln bloß von längst vergessnen Kriegen
und wie es war an Mutters Küchenherd.

Wir andern aber trösten uns mit Hoffen,
vertrauen treu auf Gott und die Regierung.
Ein wenig, weiß man, bleibt da immer offen,
doch braucht man das als eigne Selbstgarnierung.

Nun ja, dies Jahr ist uns nun auch gestorben.
Wie alles, das sich nicht sehr lange hält.
Das hat der böse Putin uns verdorben.
Und doch, noch hält sie ja, die Erdenwelt.
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Alt 01.05.2023, 11:17   #2
männlich Erhard Gratz
 
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Hallo Rumpelstilz,

Als ich Dein Gedicht las, war ich überrascht. Es hat mir gefallen und meiner Frau auch. Handwerklich scheint es mir makellos und der streng eingehaltene Jambus hat nichts Gestanztes, alles bleibt locker hingesprochen. Du hast Dich auch der Mühe des Kreuzreims unterzogen, und dennoch wirkt es nicht herbeigesucht.

Ein paar Kleinigkeiten hätte ich anzumerken und die betreffen die Schicklichkeit der Wörter. In S3Z1 wolltest Du wohl schreiben “schaudert” (Schauer sind spontane Regenfälle) und in S3Z2 hätte ich doch den Stiefel vorgezogen. In S5Z1 halte ich die “Suhle” für verfehlt. Sie impliziert, dass die Alten alte Säue sind, die sich lustvoll im Schlamm wälzen, während Du womöglich an Altenheime gedacht hast.
Die jeweils zweiten und vierten Zeilen enden durchweg männlich, bis auf S6Z2+4, deren Endung auf -ung den Jambus etwas quält.

Im Großen und Ganzen habe ich auch nach dem vierten Lesen noch keinen Groll gespürt.

Wir kennen inzwischen Deine misantropisch-klassenkämpferische Grundierung und die Attitüde sei Dir gegönnt. Deshalb werde ich zum Inhaltlichen des Gedichts auch nichts sagen.

Aber ich habe es gern gelesen.

Gruß,
Erhard
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Alt 01.05.2023, 13:17   #3
weiblich Rumpelstilz
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Standard Da war doch was

Hallo Erhard Gratz,

erst mal vielen Dank fürs Reinsehen und den Kommentar. Du hast recht, S6V2und4 habe ich geschludert, in der Hoffnung, keiner würde es bemerken. Muss ich umformulieren. Erwischt, mein Pech.

Ich formuliere es mal um:

Wir andern aber trösten uns mit Hoffen,
vertraun auf die Regierung und auf Gott.
Ein wenig, weiß man, bleibt da immer offen,
man übt sich in Sarkasmus und in Spott.

Ob es nun schaudert oder schauert, darüber lässt sich streiten. Ich dachte an einen Schauer. Schauder würde ich mit Ekel, Zurückschrecken oder so übersetzen, ist was anderes.

Und wenn ich statt Stiebel schreibe: Stiefel, dann fehlt der Redewendung die Ausdruckskraft vom eingelatschten Stiebel. Jedenfalls würde man in Berlin in diesem Fall nur vom Stiefel reden, falls man aus Schwaben oder NRW stammt.

Die "Suhle" muss ich verteidigen, denn in diesem Fall benutze ich den abfälligen Ausdruck den man 1. in Berlin für (schmutziges) Bett benutzt, 2. drücke ich damit die Verachtung der "Überflüssigen" aus, die nicht nur derzeit gang und gäbe ist, sondern eine gewisse Tradition hierzulande hat.
Siehe Pflegenotstand. Nicht, dass man die Alten Schweine nennen würde, aber man weiß, weshalb man sie statt dessen Senioren nennt.

Jetzt wird es politisch: Jeder Mensch hat einen Klassenstandpunkt, auch dann, wenn er diesen Begriff weit von sich weisen würde, weil in der bürgerlichen Soziologie, Philosophie usw. dieser Begriff nur am Rande und vermutlich negativ auftaucht, denn angenommen wird, nur der Prolet habe seinen Klassenstandpunkt (und Proleten sind Pfui), das wurde den Westdeutschen weisgemacht. Nicht allein Marx beruft sich auf ihn, jede gesellschaftliche Klasse hat ihren Klassenstandpunkt, auch seine bürgerlichen Vorgänger benutzten diesen Begriff. Zum Beispiel hat der Großbürger einen anderen Klassenstandpunkt als der Mittel- oder Kleinbürger oder der Proletarier. Wir leben ja nicht in der klassenlosen Gesellschaft. Politiker allerdings haben überhaupt keinen Standpunkt, aber dafür ihre Diäten. Ebenso Opportunisten, allerdings heißen bei ihnen die Diäten Schmiergeld. Aber mit Misanthropie oder Attitüde hat das überhaupt nichts zu tun, es ist ein objektiver philosophischer Begriff. Na, sicher werde ich in meinen literarischen Erzeugnissen immer auf meinem Klassenstandpunkt beharren. Was aber die Kleinbürger angeht, und dazu zähle ich auch die bezahlten Intellektuellen: Wer will in dieser Welt schon als Gehaltsempfänger mit Klassenstandpunkt gelten?

Aber nichts für ungut, Westdeutsche ticken eben nicht wie Ostdeutsche,
die Weltbilder unterscheiden sich, und da kommt eben am Ende raus, was reingekommen ist.

Grüß deine Frau von mir, ich les sowas gern, wenn einem mein Gedicht gefällt. Und dir meinen besten Dank für deinen gründlichen Kommentar.

Lieben Gruß, Rumpelstilz
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Alt 01.05.2023, 14:10   #4
männlich Heinz
 
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Hallo Rumpelstilz,
auch wenn Du von mir keine Kommentare wünschst, sei hier etwas zu Schauer und Schauder gesagt.
Schauer kann ein Regenschauer sein, aber auch (bei einem ergreifenden Musikstück) ein wohliger Schauer sein.
Schauder hingegen lässt eigentlich nur eine widerwärtige Emotion annehmen.
Wenn man wie Du sagst: "Dann blickt man in die Politik und schauert.", ist hier das falsche Wort gewählt.
In der Politik käme vielleicht infrage: "Als ich die Worte Willy Brandts hörte, lief mir ein Schauer über den Rücken", mithin ein wohliges Gefühl.
Blickt man in die Politik oder hört man Politiker, dann kann es einen schon schaudern (ein widerwärtiges Gefühl haben).
Na, ist das ein Friedensangebot?
Gruß,
Heinz
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Alt 01.05.2023, 16:01   #5
weiblich Rumpelstilz
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Standard Da war doch was

Umformuliert:

Was Politik anstellt, lässt uns erschauern.
Der eingelatschte Stiebel triumphiert.
Wir sehn kein Ende, es wird länger dauern,
denn oben wird jetzt tapfer durchregiert.

Hallo Heinz,

danke fürs Reinsehen. Solange du zivilisiert antwortest, drück ich mal beide Hühneraugen zu. Danke für die Erklärung, aber du siehst, ich bin wieder beim Er-schauern gelandet beim Umformulieren. Irgendwie hat es mir der Schauer angetan.

Gruß, Rumpelstilz
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Alt 02.05.2023, 14:27   #6
männlich Erhard Gratz
 
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Zitat:
Zitat von Rumpelstilz Beitrag anzeigen
Und wenn ich statt Stiebel schreibe: Stiefel, dann fehlt der Redewendung die Ausdruckskraft vom eingelatschten Stiebel. Jedenfalls würde man in Berlin in diesem Fall nur vom Stiefel reden, falls man aus Schwaben oder NRW stammt.
Hierzu kann ich nur eines sagen: Ich bin geborener Berliner und bin auch in Berlin groß geworden. Dennoch hätte ich Stiefel gesagt. Doch um nicht kleinlich zu werden: Der Stiebel sei Dir geschenkt.
Zitat:
Zitat von Rumpelstilz Beitrag anzeigen
Aber nichts für ungut, Westdeutsche ticken eben nicht wie Ostdeutsche,
die Weltbilder unterscheiden sich, und da kommt eben am Ende raus, was reingekommen ist.
Auch hier irrt Dein Klischee: Ich war DDR-Bürger, habe in Ost-Berlin gelebt, wurde dort sozialisiert, habe an der Humboldt-Universität studiert und anschließend eine ansehnliche Position errungen. Ich habe auch meinen Marx gelesen und war in jungen Jahren ein glühender Mitstreiter. Ich kenne also beide Seiten.

Es war mir aber auch vergönnt, rechtzeitig einen drastischen Paradigmenwechsel vorzunehmen. Und der entsprang der Erkenntnis, dass die in mir geprägten Gewissheiten sich einmal der Wirklichkeit stellen mussten - und ihr nicht standhielten. In solch einer Situation, liebe Rumpelstilz, muss man auch sein Weltbild ändern können.
Ich frage mich, ob Dein Weltbild nicht etwas zu holzschnittartig ist. Mich jedenfalls hat mein Leben gelehrt, dass man die Komplexität unseres Seins nicht mit zwei oder drei Fundamentalannahmen erfassen kann. Ich habe gelernt, mich von voreiligen Verallgemeinerungen fernzuhalten.

Anderenorts habe ich schon gesagt, dass es vielleicht angebracht sei, über das Verhältnis von Gewissheit und Vorurteil nachzudenken.

Gruß,
Erhard
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Alt 02.05.2023, 15:24   #7
weiblich Rumpelstilz
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Standard Da war doch was

Hallo Erhard Gratz,

du warst also mal DDR-Bürger (bis wann?) und hast dein Weltbild verändert.
Was dein verändertes Weltbild gebracht hat, das erleben wir jetzt live. Und bist du nicht auch der Ansicht, dass du dein Weltbild gar nicht ändern musstest?
Oder sagen wir es mal so: lediglich in Nuancen?

Ich habe nach 1990 in Westberlin gearbeitet, als es in Ostberlin, ehemals genannt Hauptstadt der DDR (nur zur Erinnerung), mit Arbeit schlecht aussah. Dort lief mir ein Republikflüchtiger (du kennst diesen Ausdruck?) über den Weg, der mir strahlend erklärte, dass er ja eigentlich auch aus der DDR kommt, und damit versuchte, sich bei mir einzuschmieren. Was ich dafür übrig hatte, ist vorstellbar, gelle? Ich musste an mich halten, denn ich wollte diese Arbeitsstelle nicht verlieren. Ich hätte tatsächlich mit der Kündigung rechnen müssen, wenn ich ihm meine Meinung gesagt hätte, soviel war mir klar. Wie gesagt, ich hatte an mich gehalten. Habe nur gesagt: "Ach ja? Na, dann herzlich willkommen zurück."

Auch in deinem Fall werde ich es so halten, und ich nehme an, dass dies die einzige Möglichkeit ist, weiterhin miteinander kommunizieren zu können.

Du schreibst, du hättest an der Humboldt-Uni studiert. Nun sag bloß nicht, du hättest Marxismus-Leninismus studiert. War dir das damals eingegangen, dass du auf Kosten aller anderen DDR-Bürger studiert hast? Dass du also diesem Staat, der dir diese Ausbildung kostenlos ermöglichte, nach dem Studium etwas schuldig warst? Und ist dir bekannt, dass der Brain-Drain eine der perfiden Methoden des Westens war, die DDR zu Fall zu bringen? Ich nehme an, du hast es im Westen "zu etwas gebracht". Glückwunsch.

Ich bin etwas jünger als du, ich habe die DDR erlebt, in ihren Anfängen 1949
bis zum erbärmlichen Schluss. Ich weiß, es gab Fehler, wichtige Fehler sogar,
und mit den Feinden der DDR ging man bestimmt nicht glimpflich um, das war jedem klar. Aber in dem Moment, in dem die Partei vom Marxismus-Leninismus abwich, und das war etwa in den siebziger Jahren, ging die DDR
den Bach runter, wir haben es alle gespürt. In diesem Zusammenhang eine Frage: Wohin willst du jetzt abhauen, wo die BRD den Bach runtergeht?

Nur noch eines zum Schluss: Der schlechteste Sozialismus ist besser
als der beste Kapitalismus. Jeder Mensch, so unreif er sein halbes Leben lang ist, kommt irgendwann zur Reife. Dir ist es nicht gelungen, so deutlich muss ich dir das sagen. Nichts für ungut, ich habe keine Lust, mich mit dir auseinanderzusetzen über das Sein oder Nichtsein des menschlichen Lebens.

Lieben Gruß, Rumpelstilz
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Alt 02.05.2023, 15:51   #8
männlich Erhard Gratz
 
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Schade. "Du gleichst dem Geist, den du begreifst, ..." (Goethe). Schade, wirklich schade!
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Alt 02.05.2023, 17:39   #9
männlich Heinz
 
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Hallo Rumpelstilz,
ich bin zwar nicht in der DDR geboren (die gab es nämlich zur Zeit meiner Geburt noch nicht), aber kurzfristig habe ich da gelebt. Studiert habe ich auch und zwar auf Kosten der bundesrepublikanischen Steuerzahler. Muss ich denen jetzt auch noch dankbar sein?
Die Fehler, die in der DDR gemacht wurden? Die Umschreibung der Verbrechen, die in der DDR staatlicherseits gemacht wurden, erinnern fatal an die "Fehler" die ein User so benannt hat, als er von den Verbrechen Deutschlands während der Nazi-Zeit fabulierte.
Die "Fehler", mein Gott nochmal, Fehler zu machen ist doch eine verzeihbare
Charaktereigenschaft, nicht wahr? Die Fehler waren z.B. die Hinrichtungen von Menschen, zuletzt Anfang der achtziger Jahre, durch den "unerwarteten Genickschuss" in Leipzig und u.a. meine Verurteilung durch das Oberste Militärgericht in der Hauptstadt des ummauerten Ostteil Berlins zu fünfzehn Jahren Zuchthaus, weil ich dem Anwerbeversuch zwecks Spionagetätigkeit für die DDR des Staatssicherheitsdienstes die einzig richtige Antwort gegeben habe. Die "Fehler" waren auch die horrenden Strafen für Menschen, deren einziges "Verbrechen" war, die DDR verlassen zu wollen. Vielleicht bin ich gerade dabei, den Fehler zu machen, einen Augenzeugenbericht abzuliefern, der den mir zugänglichen Berichten in großen Teilen widerspricht und selbst hochrangigen Stasioffizieren Rudimente von Humanität konzidiert.
Wer käme heute auf die perverse Idee, einen Menschen hinter Zuchthausmauern zu bringen, weil er aus Koblenz gerne nach Tirol umziehen wollte? Oder wer käme auf die verbrecherische Idee, einen "Republikflüchtling" wie einen Hasen abzuknallen?
Deine Befürchtung, die Bundesrepubklik ginge den Bach runter, erinnern mich sehr an die Prophezeiungen meines Sohnes, der u.a. behauptet, nächstes Jahr würde die NATO aufgelöst (Hintergrund: Q-Anon).
Du sprichst von "Feinden" der DDR. Einige dieser "Feinde" haben die DDR mit Miliardenkrediten vor einem noch früheren Ende bewahrt. Schon vergessen?
Von den Hunderttausenden DM für Gefangenenfreikauf, dem Zwangsumtausch bei Besuchen der DDR zum verordneten Kurs von 1:1 (unter der Hand bekam man für 1 DM bis zu 10 Mark (was dem tatsächlichen Wert näher kam) den Arbeitsbedingungen (achtdreiviertel Stunden pro Tag, lachhafter Urlaubslänge, Akkordrarbeit für wenig Lohn und miesen Umweltbedingungen will ich gar nicht groß reden. Ich habe nur ein Beispiel zur Hand: Im Bautzener Knast mussten die Sträflinge arbeiten (und wurden nach denselben Lohnsätzen wie "draußen", also in diesem Fall eines Bautzener Elektrowerkes, bezahlt. Dass es keinen Urlaub gab, dürfte klar sein. Wie erklärst Du Dir, dass ich bei schlechteren Arbeitsbedingungen (der Knast ist ja schließlich kein Kuraufenthalt) in einer halben Schicht (in der anderen Hälfte haben wir Skat gespielt) mit meiner Arbeitsleistung bei mindestens 300 , eher bei 400 % lag? Haben die Arbeiter im Bautzener Elektrowerk (die bei 105%iger Leistung schon eine Prämie oder einen Orden bekamen) möglicherweise ihren heiß geliebten, gut bewachten Arbeiter- und Bauernstaat jahrelang beschissen?
Ich hör ja schon auf, sonst fällt mir noch der Henneke ein.
Mit einem leisen Kopfschütteln über Deine vonmir vermutete Verbohrtheit und einem freundlichen Gruß (vielleicht, weil mir nicht als Kind der "gesunde" Hass gegenüber dem Klassenfeind eingeimpft wurde),
Heinz
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Alt 02.05.2023, 18:30   #10
weiblich Ilka-Maria
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Heinz, die Diskussion ist für die Katz, wobei das in diesem Fall eine heftige Beleidigung für Katzen ist, denn ich habe versichert bekommen, diese Tiere besäßen die Intelligenz eines dreijährigen Kindes. Ob es stimmt, konnte ich nicht verifizieren, aber ich vermute, der IQ liegt ein bisschen höher, oder meine Katze war ein felines Genie.

Einig sind sich jedoch die Psychologen in Gesamtdeutschland und über unsere Grenzen hinaus, dass Betonköpfe mit einem verfestigten Weltbild durch noch so plausible und beweisbare Argumente nicht zum Überdenken ihrer Haltung bewegt werden können. Schon gar nicht funktionert ein solcher Versuch, wenn so ein Betonkopf in einem verbrecherischen System zu den Privilegierten gehörte und davon überzeugt ist, dass die Opfer dieses Staates an ihrem Unglück selber schuld sind. Der Trick, für den Verlust dieser Privilegien nicht den geliebten Ex-Staat und dessen Schergen verantwortlich machen zu müssen, liegt darin, den Sündenbock anderweitig zu verorten und sich ein Feindbild hochzuziehen. Vor allem entgeht der Betonkopf mit diesem Trick dem Zwang, sich für seine einstige Naivität und Blindheit nicht wie ein geprügelter Hund fühlen zu müssen. Bekanntlich ist der "Betonkopf" eine treffende Metapher für einen sturen Menschen, der in seiner Haltung einer Sache gegenüber derart eingemauert ist, dass selbst mit den besten Argumenten niemand zu ihm durchdringen kann. Verbrechen gegen die Menschlichkeit spielen für ihn keine Rolle, wenn er im Modus der permanenten und seiner Überzeugung nach von Weisheit getragenen Apologie feststeckt.

Wer außerdem Sozialismus und Kapitalismus ständig gegenüberstellt und wertet und bei letzterem immer nur an Geld, Aktien und an die Superreichen denkt, tappt völlig im Nebel. Kapitalismus ist in erster Linie durch die Produktionsmittel definiert, die dazu dienen, Waren herzustellen und mit Mehrwert zu verkaufen, um mit dem Gewinn in weitere Produktionsmittel zu investieren. Geld und Reichtum sind nur Nebenaspekte, die es in jedem Wirtschaftssystem gab und gibt, auch im Feudalismus und im Merkantilismus. Da die Ex-DDR auch ein Industrieland mit Maschinen war und Waren produzierte und exportierte, war sie de facto ebenfalls kapitalistisch gewesen. Doch die Ex-DDR war eine von Stacheldraht umzäunte Diktatur, Westdeutschland hingegen eine Demokratie mit offenen Grenzen, und das machte den Unterschied. Außerdem musste Westdeutschland zum kapitalistischen Staat werden, denn unsere "Befreier" und "Freunde", die U.S.A., haben uns nicht kostenlos auf die Beine holfen, um einen Industriestaat aufzubauen, sondern dafür unsere Arbeitskraft und Warenlieferungen verlangt: manus manum lavat. Aber wir hatten mit den Amis die pragmaterischen und einsichtigeren Partner, die an Ausbeutung nicht interessiert waren, sondern an der Erschließung von Märkten in Europa. Im Gegensatz zu dem Brüderchen im Osten, das die DDR und andere Anrainer-Staaten brutal ausplünderte. Auch die Russen scheffeln von jeher Geld, lieben den Luxus und weisen eine hohe Anzahl an Millionären und Milliardären auf.

Dieser Kommentar, Heinz, geht an dich, denn auch mit deinen Erfahrungsberichten wirst du Betonköpfe nicht überzeugen. Wer den Stacheldraht derart liebt, dass er ihn immer noch freiwillig im Kopf trägt, den lässt man am besten damit selig werden. Einfach ignorieren, das spart Energie für sinnvolle Dinge. Ich hatte von vornherein befürchtet, dass dich die Diskussion in diesem Faden triggern würde, aber gehofft, du verkneifst es dir. Ich hatte nämlich ursprünglich nicht die Absicht, auf das Schönfärben der Ex-DDR und ihren "glorreichen" Sozialismus einzugehen. Den real existierenden Sozialismus mit seinen Umverteilungsorgien haben wir nämlich im Westen entwickelt, und der stinkt mir schon gewaltig genug.

LG
Ilka
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Alt 02.05.2023, 19:44   #11
weiblich Rumpelstilz
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Hallo Ilka-Maria,

ich habe keine Lust, mit dir über Politik zu reden. Du lebst in einem ideologischen Käfig, an den du dich so gewöhnt hast, dass du noch nicht mal an den Gitterstäben rüttelst. Nur nicht denken! (Brecht)

Gruß, Rumpelstilz
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Alt 02.05.2023, 19:46   #12
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Liebe Ilka-Maria,
ja, wo Du Recht hast, ...!
Ob ich bei dem geplanten Ignorieren bleibe oder mich doch nochmal zu einer Antwort hinreißen lasse, weiß ich nicht mit Sicherheit zu sagen. Wenn Rumpelstilz bei ihrer Verkündungstaktik bleibt, habe ich immer die Befürchtung, das andere Leser auf unerwiderte Parolen herein fallen. Und "kampflos" ( o Gott, jetzt verfalle ich auch noch in revolutionäres Vokabular) möchte ich solchen Menschen das Feld nicht überlassen.
Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 02.05.2023, 20:13   #13
weiblich Rumpelstilz
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Standard Da war doch was

Hallo Heinz,

du erzählst eine wilde Story und glaubst, dass deine Leser sie dir abnehmen.
Wie ich das sehe, lebst du im eigentliche Sinne durch Hass. Du lebst für den Hass. Und dass Hass sehr ungesund ist, wirst du wissen. Wenn ich versuche, aus dem Geschreibe eine objektive Substanz herauszuziehen, muss ich leider aufgeben. Was ich annehme: Du hast im Osten für den Westen gespitzelt. Dann haben sie dich gekriegt und gefragt, ob du auch für den Osten spitzeln würdest. Das machen Geheimdienste so, das ist üblich. Und da hast du nein gesagt. Und da haben die gesagt: Na, wenn das so ist, dann kriegst du die volle Portion. Umgekehrt hätte dir das auch im Westen passiert sein können, Geheimdienste bleiben Geheimdienste, die Methoden sind international. Und du kennst das doch: Einmal Geheimdienst - immer Geheimdienst. Muss ich mehr sagen?
Was aber deine Gesundheit angeht, so will ich dir mit dem Corona-Schlachtruf antworten: Bleib gesund!

Gruß, Rumpelstilz
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Alt 02.05.2023, 20:30   #14
männlich MonoTon
 
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Zitat:
Ob ich bei dem geplanten Ignorieren bleibe oder mich doch nochmal zu einer Antwort hinreißen lasse, weiß ich nicht mit Sicherheit zu sagen.
Ich würde dir vorschlagen die Person zu ignorieren, zudem kann ich sie nicht lesen, ich muss nicht einmal lesen was sie schreibt und gebe dir dennoch diesen Tip.
Es gibt immer Menschen die versuchen gesagtes negativ zu maximieren und gegen einen zu verwenden, es nennt sich Gaslighting und es wird schlimmer je mehr sie angst bekommen. Nicht Beachtung durch starke Persönlichkeiten, dessen Kommentare anfangs vielversprechend positiv mit ihnen waren ärgert sie mehr als alles auf der Welt, denn um deine Aufmerksamkeit und deinen Zuspruch reißt man sich einen Arm aus. Richtest du dich gegen sie, verfallen sie in Muster die ihnen bisher immer geholfen haben.
Wildes denunzieren.

Lg Mono
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Alt 02.05.2023, 20:36   #15
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
... gaslighting ...
Danke, MonoTon, für diesen treffenden Begriff.

@Heinz

Lass es sein, Heinz, es lohnt die Mühe nicht. Du wirst an Menschen nicht herankommen, die psychisch leiden, weil sie sich als Verlierer sehen. Ich war viel in den ostdeutschen Ländern unterwegs, nachdem die Mauer weg war, aber es war immer noch die DDR unter einer neuen Regierung. Die Wiedervereinigung war noch nicht festes Programm, das ergab sich erst, als die Ostdeutschen sich klar dazu bekannten, dass sie sich Westdeutschland anschließen wollten. Viele Ostdeutsche machten auf mich einen lockeren und hoffnungsvollen Eindruck, sie waren offen und freundlich. Aber etlichen sah ich an den Gesichtern an: Die hatten etwas verloren, materiell oder ideell oder beides, waren voller Groll und hatten Sorge vor der Zukunft. Ihnen war der Boden unter den Füßen weggezogen worden.

Klar ist damals vieles falsch gemacht worden, das zwar nicht illegal, aber hochgradig unmoralisch gewesen ist. Soziale Einrichtungen der Ex-DDR, die sinnvoll und vorbildhaft waren, wurden vom Tisch gewischt, anstatt zu überlegen, ob sie nicht integriert werden sollten. Unternehmer kauften noch funktionierende Ostbetriebe unter dem Vorwand, sie dienten ihnen zu Synergieeffekten, aber in Wahrheit zerschlugen sie diese Betriebe und verkauften die Einzelteile mit Profit.

Wahr ist auch, dass die DDR, als sie noch die "Ostzone" war, selbst in ihrem politischen Programm hatte, die Wiedervereinigung anzustreben. Es war die Gründung der Bundesrepublik, die auf die DDR-Führung den Zwang ausübte, einen eigenen Staat zu gründen und sich Moskau als Satellitenstaat anzudienen, so wie man über Westdeutschland spottete, es sei der 51. Staat der U.S.A. Die Wurzeln des Ost-West-Denkens, der im Eisernen Vorhang resultierte, hatten sich also schon sehr früh gebildet.

Wir waren im Westen aber nur vordergründig frei, in Wahrheit waren die Regeln strikt, die Arbeitszeiten lang und hart, der Lohn niedrig, und der Luxus des "Goldenen Westens" war ein Märchen. So wie meine Eltern und ich wohnten viele Familien: Sehr kleine Wohnung im Altbau (kein Kinderzimmer, kein Bad), Kohleofen, Klo auf der Halbetage, gebraucht gekaufter Gasherd, kein Warmwasser (ein Boiler musste angeschafft werden), Körperpflege am Spülstein in der Küche. Auto? Zu Teuer. Fernsehgerät, Plattenspieler? Niente, zu teuer. So sahen die Verhältnisse im Westen in den meisten Fällen bis Mitte der 60er Jahre aus, denn Neubauten mussten erst nach und nach hochgezogen werden. Ich war dreizehn Jahre alt, als meine Eltern erstmals eine moderne Werkswohnung mit Badezimmer bekamen. Ein Kinderzimmer war immer noch nicht dabei, ich musste im Wohnzimmer schlafen. Größere Wohnung wurden an Familien mit mehr als einem Kind vergeben.

Ich könnte noch einiges schreiben über die strengen Erziehungsmaßnahmen im Elternhaus und die disziplinarischen Methoden im Kindergarten und an der Schule, über prügelnde Lehrer, den Zwang zu Knicks und Diener, die verheuchelte Prüderie und sonstige Moralvorstellungen. Nein, Westdeutschland war nicht golden, sondern ein "sweat shop" und im übrigen ein Land des Schweigens, das den Krieg und die Vernichtung von Juden und "unwertem" Leben unter den Teppich kehrte. Wie jetzt die besagten Betonköpfe das wahre Wesen der Ex-DDR mit Verharmlosung und Schönreden unter den Teppich zu kehren versuchen. Aber beides funktioniert nicht mehr. Und wem das wehtut, muss sich fragen, warum.

Und wer glaubt, wir diskutieren hier über Politik, rudert das falsche Boot. Dieser ganze Shit ist fast achtzig Jahre her. So etwas nennt man Zeitgeschichte. Mit diesem zeitlichen Abstand sollte man einen klaren Blick gewonnen haben und auf dem Stand der heutigen historischen Forschung sein. Denken allein genügt nicht, denn irgendetwas kann sich jeder zusammendenken, am besten so, wie es ihm oder ihr bequemlichkeitshalber passt. Denken können sogar Affen, Hunde und Elefanten. Aber wer wissen will, muss aus allen Richtungen Wissen aufnehmen, damit arbeiten und Schlüsse ziehen, aber dennoch offen dafür bleiben, dass immer noch etwas dazukommen kann. Ein bisschen Klickeriklickeriklack im Hirn ist dafür zu wenig.
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Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 21:18   #16
weiblich MuschelIch
 
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Hallo Rumpelstilz,

ein Klasse Gedicht ist Dir da gelungen,
das den Zeitgeist klar benennt,
ohne dass es einen "runterzieht".

Flott, dynamisch und bitter.
Aber nicht, weil der Schreiber bitter oder gar böse wäre,
die beschriebenen Zustände sinds.

Wunderbar bzw. entsetzlich deutlich diese Zeilen:
Die Alten lässt man in der Suhle liegen,
die merken nichts mehr, die sind ohne Wert.
Die mümmeln bloß von längst vergessnen Kriegen
und wie es war an Mutters Küchenherd


Das Mümmeln von den Kriegen ist gelungen formuliert,
wenngleich sehr traurig.
Am Suhlen bitte nichts ändern. Treffender kann eineR es nicht benennen°

Wir andern aber trösten uns mit Hoffen,
vertrauen treu auf Gott und die Regierung.
Ein wenig, weiß man, bleibt da immer offen,
doch braucht man das als eigne Selbstgarnierung.


Ja, da setzen wir andern aufs falsche Pferd.
Die da oben haben es noch selten gerichtet -
die aktuellen werdens auch nicht tun.

2040 ist der Altersdurchschnitt in Dtld. in einigen Bundesländern bei 44 Jahren ... ; in etlichen sogar bei 50 ! Die Babyboomer werden alt .

An altersgerechten Wohnungen wird es bis dahin noch mehr fehlen,
als ohnehin schon. Und die, die da sind, sind nicht mehr bezahlbar.

Es wird gruslig werden -- und wenn ich in diese Richtung der Zeit hinspüre, dann schauere ich (diese Formulierung ist wohl auch möglich - ich hab nachgesehen).
Bleiben wir lieber im Tagesaktuellen.

Vielen Dank für Dein engagiertes Gedicht.
Ich freue mich auf weitere in dieser Klarheit.

VG MuschelIch
MuschelIch ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 22:13   #17
weiblich Ilka-Maria
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Tja, MuschelIch, die Berliner müssen zusammenhalten und sich die Bälle zuspielen. Aber das ändert nichts an der Zeitgeschichte. Als Hitler Reichskanzler wurde und er Deutschland in den 2. WK führte, waren wir noch ein Land. Die Millionen Tote aus dieser Zeit hat ganz Deutschland auf dem Gewissen, die Bundesrepublik genauso wie die DDR.

Die Trennung kam, als Westdeutschland frei wurde, aber die DDR mit Stacheldraht, Mauern, Sperrzonen, Wachtürmen und schießbereiten Grenzsoldaten zu einem eigenen Staat wurde, der auf alles schießen ließ, das sich bewegte, Leute wegen falscher Worte zu unmäßigen Zuchthausstrafen verurteilte, zu Denunziationen animierte und dafür sogar Belohnungen verteilte und überhaupt auf alle niederen Instinkte setzte, um eine Volk zu erniedrigen und es in Schach zu halten.

Kurz gesagt: Die Kriegstoten und ermordeten Juden, Sinti, Roma und geistig Kranken hatten wir alle an der Hacke, die West- und die Ostdeutschen. Aber die Toten an den Grenzen der DDR nach 1949 haben ausschließlich die Ostdeutschen an der Hacke.

Und was die "Baby-Boomer" angeht, präsentiere ich dir einen bemerkenswerten Leserbrief eines Betroffenen:
Dienstag, 02. Mai 2023, Offenbach-Post / Politik

Babyboomer am Renten-Pranger

Zum Vorwurf, Babyboomer würden die Rentenkasse plündern:

Es ist eine Schande, wie zurzeit die sogenannten Babyboomer als geldgierige Menschen, die die Rentenkasse plündern, betitelt werden. Diese Generation hat beziehungsweise sorgt noch dafür, dass die Rentner, die vor 15 Jahren in den Ruhestand gegangen sind, eine angemessene Rente bekommen.

Da haben sechs Arbeitnehmer auf einen Rentner eingezahlt.

Ganz überraschend stellt der Staat jetzt fest, dass in den kommenden Jahren diese Menschen die 45 bis 48 Jahre Beiträge geleistet haben, in Rente gehen und in naher Zukunft nur noch 1,5 bis zwei Arbeitnehmer auf einen Rentner kommen.

Diese Generation hat maßgeblich zum Wohlstand beigetragen und wird jetzt an den Pranger gestellt.

Woran liegt es, dass nichts mehr an Beitragszahler nachkommt? Nicht nur am „Pillenknick“. Heute meint jeder, Abitur und Studium machen zu müssen. Diese Menschen fangen erst mit mit zirka 30 Jahren an, in die Rentenkasse einzuzahlen.

Da hatten die Boomer schon 15 Jahre lang Pflichtbeiträge eingezahlt.

Hinzu kommen noch die hohen Leistungen für das arbeitsscheue Volk, das für sich sagt, „Warum soll ich arbeiten gehen?“ Für das Wenige mehr bleibe ich doch lieber zu Hause.

Dazu kommen noch die Leistungen für die Menschen, die aus aller Welt zu uns kommen – keinen Cent eingezahlt, aber sozial abgesichert.

Die nächste Lüge ist, dass die Boomer mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen nach 45 Berufsjahren. Ich bin Jahrgang 1966. Ich muss bis 67 arbeiten. Gehe ich mit 63 Jahren in Rente, habe ich knapp 47 Jahre regelmäßig eingezahlt und bekomme als Dank noch 14,4 Prozent lebenslang von meiner Rente abgezogen.

Da bleiben mir bei einem durchschnittlichem Einkommen 1 300 Euro. Und da gehen noch Beiträge für Krankenkasse und Pflegeversicherung ab. Da bleibt nicht viel mehr verglichen mit jemanden, der nicht gearbeitet hat. Da wird die Wohnung bezahlt, die Heizkosten übernommen und diverse Leistungen obendrauf.

Nicht zu vergessen die hohen Leistungen für die Beamten im Staatsdienst. Nichts eingezahlt, aber überdurchschnittlich im Vergleich zu einem normalen Arbeitnehmer abgesichert.

Ralf Näher
Offenbach
Und jetzt noch eine Abschlussfrage:

Wenn der Sozialismus dem Kapitalismus angeblich überlegen gewesen war, wieso ging dann der "Brain Drain" in die falsche Richtung, also von Ost nach West? Wenn die DDR ein so vorbildlicher Staat gewesen wäre, hätte es doch anders herum gewesen sein müssen. Statt dessen suchten aber nur Kriminelle Unterschlupf im Osten. Ausgenommen der Schauspieler Wolfgang Kieling, der dachte, in der DDR bessere künstlerische Bedingungen vorzufinden. Der aber schneller wieder in Westdeutschland zurück war, als man bis drei hätte zählen können, bis ein Mensch beim Anblick eines Säbelzahntigers auf einem Baum gewesen wäre.
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Alt 03.05.2023, 00:01   #18
männlich Heinz
 
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Diese Zeilen werden meine letzten an Rumpelstilz sein.
Hallo Rumpelstilz,
stellenweise grenzen Deine Sätze an Verleumdung und Beleidigung.
1. ich erzähle keine "wilde Story" sondern sage ganz deutlich: Der Begriff "Hass" ist ein Fremdwort für mich. Deine Sichtweise ("wie ich das sehe, ...") ist völlig falsch. Ich hasse weder den Hauptmann Pätz, den Vernehmer im Mielkeknast - in dem er nach der Wiedervereinigung Deutschlands saß, sich über die Haftbedingungen seines "Wohnzimmers" in B.-Hohenschönhausen beschwerte und verlegt wurde, noch die Gefängniswärter des "Wachregiments Dzercinky", der Elitetruppe Mielkes (auch nicht den diebischen Unteroffzier, der sich an meinem Rasierwasser vergriff), auch nicht die Puppenspieler des Obersten Militärgerichts, die der Mielke-Honecker- Order gehorchten und mich zur längsten Freiheitsstrafe der DDR-Justiz verurteilten (nix mit wilder Story, ich habe die Belege dafür, weil das "Neue Deutschland" - leider einen Tag zu früh - berichtete, was Mielke und Honecker beschlossen hatten und beide mit dem handschriftlichen Vermerk "Einverstanden", Unterschrift: Mielke und Honecker, bestätigten, nämlich dass ich, Hauptfeldwebel Köhler zu der langjährigen Zuchthausstrafe verurteilt sei (und die Verurteilung erst am Tag nach dem Zeitungsartikel erfolgte). Bevor Du versuchst mich wegen der "längsten Freiheitsstrafe" zu berichtigen: Es gab über die 15 Jahre hinaus noch die lebenslängliche, im Grunde unbefristete Strafe und: Es lebe der Sozialismus in der DDR und die Humanität! ja, und es gab bis fast Mitte der achtziger Jahre noch die Todesstrafe, lange Zeit vollstreckt durch das Fallbeil (der Henker bekam 100 Mark für seine Tätigkeit), dann durch einen heimtückischen Schuss ins Hinterhaupt). Das Todesopfer war der ehemalige Stasi-Hauptmann Werner Teske. Er wurde am 26. Juni 1981 in Leipzig hingerichtet. ("wilde Story" - nein. Das ist mir nicht von irgendjemand erzählt worden, sondern diese bittere Wahrheit habe ich von der Lebensgefährtin Werner Teskes erfahren. Diese wilde Story wird auch von niemanden bestritten. Nein, auch die Vollzugsbeamten im Stasiknast Bautzen II hasse ich nicht (und gebe mir z.Zt. Mühe, mit dem sogenannten Erzieher, damals Oberleutnant mit Namen Jahn, in Bautzen mal an einem Tisch zu sitzen.
Hätte ich in meinem kleinen goldenem Herz eine Ecke für Hass frei, dann würde diese Ecke von 2 Leuten besetzt: 1. mit einem ehemaligen Oberst namens Krase, der neben meiner für etwa ein Dutzend Verhaftungen gesorgt hat, 2. vom Überläufer H.J. Tiedge. Chef der Spionageabwehr. Das Blöde ist, dass beide inzwischen gestorben sind, der Witz an der Sache ist, dass die beiden nicht etwa "hassenswerte" Kommunisten waren, sondern der erste Vizepräsident des Militärischen Abwehrdienstes der Bundeswehr, der zweite Chef der Spionageabwehr des Bundesverfassungsschutzes der Bundesrepublik war. "Gehasst" habe ich manchmal, wie es sich gehört, meine erste Schwiegermutter, aber das hat sich bei zunehmender Altersmilde gegeben. Nächsten Monat wird sie, eine Ukrainerin, 104 Jahre alt.
Man könnte ja misstrauisch werden: Wie, der hasst niemanden? Tja, so isses.
An seinen Werken müsste man ihn doch erkennen und feststellen, dass der Hass sein Leben bestimmt. Fehlanzeige! Die meisten Sachen die ich schreibe haben was mit der Liebe zu tun, mit Toleranz und dazu kommt noch der Ruf, ich sei hilfsbereit. Dir verrate ich, dass ich bis zu seinem Tod mit einem bedeutenden Menschen und überzeugten Kommunisten befreundet war. Da Du vermutlich mit dem Theater zu tun hattest (oder vielleicht noch verbunden bist), wird Dir der Name Hans-Peter Minetti wohl bekannt sein. Dass sich dieser liebenswerte Altkommunist in seinen alten Tagen nach jahrzehnte-langer Abstinenz mit seinem studentischen Widerpart noch zu DDR-Zeiten an einen Tisch gesetzt hat und sein früherer politischer Gegner ihm sagte: "Mensch, Hans-Peter, jetzt hör endlich auf, mich ständig mit Herr Bundes-kanzler anzusprechen, für dich bin ich immer noch Helmut!", kann ich genauso auf meine Fahne schreiben wie das Treffen H.P. Minettis mit einem Feuerkopf, in der Jugend Kommunist, Zeit seines Lebens Jude und Publizist - Ralph Giordano. Nein, der Vorwurf, mein Leben sei von Hass geprägt, ist ein Hirngespinst und dann auch noch eins ohne Hand und Fuß. Dass Hass ungesund ist, diese schlichte Wahrheit ist bei Deinen Gesinnungsgenossen nicht angekommen (und hättest Du der Parteilinie widersprochen, die schon ihre Kinder und Jugendlichen im "gesunden Hass" auf den Klassenfeind zu erziehen versuchte, hätten wir uns vielleicht in Bautzen kennen gelernt.
Objektive Substanz aus meine Geschreibe? Die heraus zu ziehen hast Du also aufgegeben. Bei Dir ist das einfacher. Aber ich betreibe keine psychologischen Studien, vor allem, wenn ich bemerke, in welch raffinierter Weise Du dem Vorwurf, eine bewusst lügende Zeitgenossin zu sein, unterläufst. Deiner Verleumdung setzt Du den Halbsatz voran "Was ich annehme" und gießt erst dann die Gülle aus. Nein, ich habe nicht im Osten für den Westen gespitzelt.
Ich bin auch gefühlsmäßig nie "in den Osten" gefahren, sondern nach Thüringen, mitten hinein ins Grüne Herz Deutschlands. Das konnte ich zehn Jahre lang nicht und habe mich über die Liberalisierung bestimmter Regelungen gefreut, die nach dem Grundlagenvertrag Ende 1972 möglich waren. Ich, Hauptfeldwebel bei der Bundeswehr (nein, ich war kein zähnefletschender Antikommunist, sondern Ausbilder beim (ortsgebundem) Heimatschutzkommando, Sängerknabe in einem Knappengesangsverein, aktives Gewerkschaftsmitglied und linker Sozaldemokrat) und als solcher auf das Grundgesetz vereidigt, durfte im Urlaub die Länder des Warschauer Vertrags inkl. der DDR besuchen. Weißt Du, wie schön es ist, nach 10 Jahren seine Verwandten wiederzusehen, die Orte der Kindheit aufzusuchen, Goethes Wirkungsstätten besser kennen zu lernen und Liebe (nix von Hass) zu einer wunderhübschen Dresdnerin im Herzen zu tragen und ausleben zu können?
Und mitten im Urlaub werde ich von einem Stasi-Mann angesprochen, bekomme reizvolle Angebote (Geld war nur ein Angebot, die anderen waren Auslandsreisen, relativ weitreichende Immunität, laxe Grenzkontrollen u.a.m.)
und hatte als Gegenleistung nur wahrlich lächerliche Aufträge der Stasi zu erfüllen (Bespitzelung meiner Kameraden und Vorgesetzten, demonstrativer Austritt aus der SPD und Karriere als rechtslastiges Mitglied bei der CDU, Lagebeschreibungen, Skizzen und Fotos von Kasernen und Polizeidienststel-len, Manöverberichte, Wechsel meiner Studienfächer mit Verlagerung meines Studienzieles). Leute, die so etwas machten, o welch ein Euphemimus! wurden "Kundschafter des Friedens" genannt und z.T. gut (in D-Mark) bezahlt.
Das ging fünf, sechs Jahre lang und dann - nein, sie haben mich nicht "gekriegt". Ein gebürtiger Westdeutscher im Rang eines Oberst (der nächst-höhere Dienstgrad ist General) hat sich für viel Geld an die Stasi verkauft.
Nein, nicht "sie" (wen meinst Du damit?) haben mich "gekriegt", sondern ein Verräter (auch schon über 20 Jahre tot) hat mich und andere verpfiffen. Und noch einmal nein: Nicht "sie" haben mir die "volle Portion" verpasst (schwurbel da mal nicht so rum - die "volle" Portion war der heimtückische Schuss ins Hinterhaupt), sondern (ich sagte schon: Ich habe es schriftlich) Erich Mielke und Honecker. Die Todesstrafe war mir in Hohenschönhausen von einem Stasi-Major auch angedroht worden. Und so etwas nennst Du "volle Portion" und behauptest, so wäre das nun mal bei den Geheimdiensten.
Woher stammen Deine Kenntnisse? Die Geheimdienste der Bundesrepublik Deutschland sind der Bundesnachrichtendienst, der Bundesverfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst. Keines dieser Dienste maßt sich an, einem Gericht Art und Länge einer Gefängnisstrafe vorzuschreiben.
Der Spitzenagent Guillaume, der sich bis zum Mitarbeiter Willy Brandts hochgearbeitet hatte bekam 13 Jahre Gefängnis, seine Frau 8 Jahre aufgebrummt (beide hatten gute Verteidiger). Abgesessen haben sie 7 Jahre.
Und ich kleines Rädchen im großen Getriebe: 15 Jahre. Weil sich eine Menge Leute für mich eingesetzt hatten, profitierte ich durch einen Gefangenenaus-tausch nach knapp drei Jahren. Willst Du jetzt noch die Haftbedingungen eines beliebigen westdeutschen Knastes mit Hoheneck (für Frauen) oder Bautzen II vergleichen oder die Abläufe der Gerichtsverhandlungen?
Einmal Geheimdienst - immer Geheimdienst? Ich wurde 1982 "ausgetauscht".
Der Verfassungsschutz hatte sich während meiner Abwesenheit um meine Familie gekümmert und mir nach der Entlassung wieder auf die Füße geholfen. Seit über vierzig Jahren habe ich keinen Pieps mehr von irgendeinem der Dienste gehört. Mein letzter Kontakt hatte 1984 einen bestimmten Anlass: Ich bekam das Bundesverdienstkreuz verliehen - nicht für meine Tätigkeit als Westentaschen-Bond, sondern für mein Verhalten gegenüber meinen Kameraden im Knast und meine Bemühungen für sie nach meiner Entlassung. Für Juni habe ich eine Einladung nach Bautzen, nicht, um in den Chor einiger hasserfüllter und einseitig argumentierenden Opfer des SED-Regimes einzustimmen, sondern um über mein Büchlein zu diskutieren, in dem solche Sachen stehen wie; Auch bei hochrangigen Vertretern des Unrechtsstaates (RA Dr. Vogel, "meinem" Vernehmer Hauptmann Pätz, einigen Vollzugsbeamten, auch beim "Erzieher", sprich Leiter des Strafvollzuges, Oberleutnant Jahn, sogar bei einem Major der Stasi, der den Spitznamen "Walzerkönig" trug, waren bei genauerem Hinsehen Rudimente von Menschlichkeit erkennbar. Dass mich einige dafür am liebsten steinigen würden, nehme ich gelassen zur Kenntnis.
Ich bin, das glaube ich, im Gegensatz zu Dir auf der Suche nach Wahrheit und vertrete nicht betonköpfig - ja, ich meine Dich - Positionen, die von der Geschichte weitestgehend weggefegt wurden.
Ende der Durchsage und hab Verständnis für den Abbruch unserer Diskussion.Dein abschließender Wunsch, ich möge gesund bleiben hat mich sehr an den Handschlag des "Walzerkönigs" am 10. Mai 1982 in Bautzen erinnert: "Herr (nach knapp drei Jahren wurde ich nicht mit meiner Nummer, immerhin: Nummer eins, sondern mit "Herr" angesprochen, Herr Köhler, machenses jut!"
Ich beantworte Deinen Wunsch so ähnlich: "Machet auch jut, aber fang an, das Gehirn einzuschalten!"
Heinz

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Alt 03.05.2023, 05:03   #19
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Warum lässt du dich in die Verteidigung drängen, Heinz, und glaubst, dich rechtfertigen zu müssen? Hast du das nötig?

Du überzeugst niemanden, dessen Denken von der falschen Prämisse ausgeht und der sich freiwillig Scheuklappen aufgesetzt hat. Das ist die Bricolage-Methode à la Pipi-Langstrumpf: "Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt." Da ist jedes Argumentieren "ein Versuch am untauglichen Objekt", wie es in der Juristensprache heißt.

Habe besser Mitleid mit den Menschen, die jahrzehntelang von einem verbrecherischen System ausgebeutet, eingesperrt und in vielen Fällen kaltblütig umgebracht wurden. Mehr Energie an das Thema zu verschwenden ist nutzlos und deshalb unvernünftig.
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Alt 03.05.2023, 08:53   #20
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Guten Tag llka Maria,

ich komme nicht aus Berlin.

Ansonsten ist hier eine Dynamik am Wirken,
die ich nicht kapier --
viel Verletztheit und Sich-Unverstandenfühlen.

Was dies alles mit dem sehr guten Gedicht zu tun hat,
entzieht sich meiner Kenntnis -
anscheinend hat Rumpelstilz da in ein Wespennest gestochen.

VG MuschelIch
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Alt 03.05.2023, 09:53   #21
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Zitat:
Zitat von MuschelIch Beitrag anzeigen
Was dies alles mit dem sehr guten Gedicht zu tun hat, entzieht sich meiner Kenntnis ...
Wenn du Rumpelstilz' feindselige Haltung gegenüber den demokratischen Werten Deutschlands nicht kapiert hast, kann ich dir kaum weiterhelfen. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, Aufklärungsarbeit darüber zu betreiben, wo ein menschenfeindliches System wie die DDR einzuordnen ist und dass jemand, der diesem Regime nachtrauert und auf die Toten im Stacheldraht und an der Mauer nicht mit einem Wort eingeht, völlig verkorkst sein muss.

Ja, handwerklich ist das Gedicht gut geschrieben - aber Handwerk allein genügt nicht, wenn der Inhalt unreflektiert ist und ohnehin nur wiederholt, was Rumpelstilz in den meisten ihrer politisch orientierten Texte gebetsmühlenartig ablässt: Hass auf den bösen Westen, Politiker-Bashing und Groll darüber, dass der ach so tolle Sozialismus den Bach runtergegangen ist - woran natürlich allein der Westen schuld ist. Kennt man eines dieser Gedicht, kennt man sie alle.

Ein kleiner, aber treffender Vergleich: Der beiden Teile der Olympia-Filme, die Leni Riefenstahl für Hitler gedreht hatte, waren handwerklich von höchster Qualität. Sie beherrschte perfekt Regie, Kameraführung und Inszenierung unter Einsatz propagandistischer Expertise. An der Perfidität ihres Machtwerks, das dazu diente, ein diktatorisches und verbrecherisches System wie den Nationalsozialismus zu unterstützen, hat ihr filmisches Talent nichts geändert. So etwas nennt man Missbrauch einer Technik mit dem Ziel der Volksverblödung. Und das ist in etwa das, was Rumpelstilz mit ihren politischen Gedichten betreibt: Hass auf den Westen, weil er ihrer Meinung nach den Untergang ihrer heißgeliebten DDR zu verantworten hat, der sie wie ein Schlosshund hinterherflennt. Tatsache ist aber, auch wenn es ihr nicht passt: Die Mauer fiel von innen, nicht von außen. Aber Geschichtsklitterung gehört eben auch zu den Techniken der Volksverblödung.

Wenn du schon Verständnisschwierigkeiten über den Kommentarverlauf hast, MuschelIch, dann überlege wenigstens mal, ob man sich als im Westen geborener und aufgewachsener Mensch dieses permanente Druffgekloppe unwidersprochen gefallen lassen muss. Ich weiß jedenfalls, welche Haltung ich gegen diesen Irrsinn einzunehmen habe.

Schönen Tag noch.
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Alt 03.05.2023, 10:05   #22
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Liebe Ilka-Maria,
es ist ja alles richtig, was Du sagst.
Meine "Rechtfertigung" richtet sich im Grund auch nicht an Rumpelstilz, sondern an die Leser ihrer hanebüchenen Geschichtsverfälschungen. Sie wird nicht zu "bekehren" sein, das ist mir klar. Aber ich hoffe, dass meine Klarstellungen dem einen oder der anderen die Augen öffnen können.
Ich werde mich zu ihren Verfälschungen der Geschichte nicht mehr äußern.
Liebe Grüße,
Heinz

Geändert von Heinz (03.05.2023 um 20:57 Uhr)
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Alt 03.05.2023, 10:07   #23
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Guten Tag MuschelIch,

sicher ist hier eine Dynamik am Wirken, die allerdings auch andernorts leider immer mehr um sich greift.

Ich habe Rumpelstilz, die mich für einen alteingesessenen Westdeutschen hielt, nur die Fakten mitgeteilt, dass ich 1. Berliner bin und 2. auch DDR-Bürger war, und ich habe damit bei ihr einen Wutausbruch erzeugt.

Wenn sie aber dann gegen Heinz, der im DDR-Zuchthaus gesessen hat, folgendes vorbringt:
Zitat:
Zitat von Rumpelstilz Beitrag anzeigen
Was ich annehme: Du hast im Osten für den Westen gespitzelt. Dann haben sie dich gekriegt und gefragt, ob du auch für den Osten spitzeln würdest. Das machen Geheimdienste so, das ist üblich. Und da hast du nein gesagt. Und da haben die gesagt: Na, wenn das so ist, dann kriegst du die volle Portion. Umgekehrt hätte dir das auch im Westen passiert sein können, Geheimdienste bleiben Geheimdienste ...
dann verdient das keine diskursive Entgegnung sondern eine Zurechtweisung.

Ich habe eingangs ihr Gedicht überwiegend gelobt und es auch in meiner Familie herumgezeigt, doch wenn das Gespräch auf ihre Weltsicht kommt, reagiert sie mit einer Ungehörigkeit, die für mich pathologisch (zumindest aber paranoid) ist.
Das ist alles schade, denn eigentlich sollten wir hier Lyrik diskutieren, worunter allerdings auch die Inhalte fallen können. Es ist aber nicht jedermanns Sache, die Argumente des Anderen sorgfältig anzuhören und emotionslos zu widerlegen, und so führt das wohl zwangsläufig ins Rabaukengebrüll.
Es geht leider nicht mehr um Diskurs sondern um die Vernichtung des Andersdenkenden.

Gruß,
Erhard
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Alt 03.05.2023, 10:07   #24
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Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Ich werde mich zu ihren Verfälschungen der Geschichte nicht mehr äußern.
Sehr gut!
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Alt 03.05.2023, 11:48   #25
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Dankeschön für Eure Erläuterungen.

Ich lese hier nicht so sehr regelmässig.
Daher ist mir Dein Hintergrund, Rumpelstilz, nicht vertraut.

Früher habe ich ellenlang nachgelesen, um mir eine eigenen Meinung aus X Diskussionsbeiträgen zu bilden -
das ist mir inzwischen zu aufwändig.

Ich nehme das Gedicht, ohne den politischen Background von Rumpelstilz zu kennen,
als eines, das ich als sehr wahr empfinde.

liebe Grüße
MuschelIch
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Alt 03.05.2023, 12:05   #26
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Zitat:
Zitat von MuschelIch Beitrag anzeigen
Ich nehme das Gedicht, ohne den politischen Background zu kennen,
als eines, das ich als sehr wahr empfinde.
Ist es aber nicht. Es ist polemisch und dogmatisch. Macht aber nix, wenn man es nicht so wichtig nimmt, denn anrichten kann es nichts. Es geht mir lediglich darum, dass Intoleranten keine Toleranz gebührt. Da ist Widerspruch angesagt.
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Alt 03.05.2023, 15:15   #27
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Zitat:
Zitat von Rumpelstilz Beitrag anzeigen
Die Alten lässt man in der Suhle liegen,
die merken nichts mehr, die sind ohne Wert.
Die mümmeln bloß von längst vergessnen Kriegen
und wie es war an Mutters Küchenherd
Ich bin ein uraltes Krokodil, aber ich fühle mich nicht als in der Suhle vergessen.
Als ich vor anderthalb Jahren an Nierenkrebs erkrankte, hätten mich die "Dorfurologen" meines Wohnorts beinahe sterben lassen. Dann kam ich in die Obhut einer Hamburger Klinik, die einem (nach Rumpelstilz Meinung bösen) Gesundheitskonzern gehört.
Dort wurde ich von freundlichen Menschen aufgepäppelt, erhielt eine Chemotherapie und danach noch eine schweinisch teure Immuntherapie. Als die nicht mehr wirkte, erhielt (und erhalte) ich eine ebenfalls schweinisch teure Immuntherapie besonderer Art, die mir einiges abverlangt.
Ich bin kein begnadeter Privatpatient, und wenn ich mich in der Klinik umschaue, sehe ich auch nur Kassenpatienten und in überproportionaler Zahl Migranten.
Für die Therapie muss ich jede Woche aus der Heide nach Hamburg und zurück gefahren werden, und alldies und die übrige Behandlung bezahlt die Kasse. Zusätzlich pflegen mich meine besorgten Töchter und meine Frau.

Ich mag ein glücklicher Einzelfall sein und will auch nicht verallgemeinern. Aber ich kann mich auch nicht dem Inhalt der obigen Strophe anschließen, die in ihrem Duktus auch alte Menschen diskriminiert, die nutzlos "von vergessenen Kriegen mümmeln".
Dahin gelangt man, wenn man die Vielfältigkeit des Lebens nicht erfassen mag und mit einseitiger Voreingenommenheit das nicht ins Konzept Passende ausblendet.

Aber, - wie ich schon sagte: Konfrontiere einen Dogmatiker mit Fakten und du erntest einen Wutausbruch.

Erhard
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Alt 03.05.2023, 18:49   #28
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Zitat:
Zitat von Erhard Gratz Beitrag anzeigen
Ich bin kein begnadeter Privatpatient, und wenn ich mich in der Klinik umschaue, sehe ich auch nur Kassenpatienten und in überproportionaler Zahl Migranten.
Glückwunsch, Erhard, dass es für dich so gut gelaufen ist. Mein Vater hatte auch dieses Glück, als eine Herzoperation unumgänglich geworden war. Obwohl er Kassenpatient war, bekam er einen Platz in einer Frankfurter Privatklinik und wurde bestens versorgt. Der Grund leuchtete ein: Die Klinik bekam zu wenig Privatpatienten und war daher unterbelegt. Kassenpatienten füllten diese Lücke und trugen somit zur Kostendeckung bei.

Das Sana-Klinikum in Offenbach hat auch einen guten Ruf. Dort kämpfte ein komplettes Ärzteteam eine ganze Nacht um das Leben meiner Mutter (MRSA-Infektion). Obwohl sie schon Ende achtzig und durch eine andere Krankheit stark geschwächt war, brachten die Ärzte sie durch. Zum Vergleich: Ein durchtrainierter, kräftiger Kerl wie der Fußballer Mario Basler wäre an einer solchen Infektion fast gestorben.

Alles über einen Kamm zu scheren ist zu einfach. Aber bei den hohen Anforderungen eines Medizinstudiums gehe ich davon aus, dass schwarze Schafe selten sind. Wer für diesen Beruf nicht brennt, schafft das Studium nicht. Jörg Pilawa, zum Beispiel, hörte nach zwei Semestern auf, nachdem er durch die Prüfung für das Physikum gerasselt war.
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