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Sonstiges Gedichte und Experimentelles Diverse Gedichte mit unklarem Thema sowie Experimentelles.

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Alt 30.12.2022, 10:14   #1
männlich Anaximandala
 
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Standard Der Mensch und die Welt

Haben wir sie bereichert, erhoben durch die Kulturen,
oder ist er, der Mensch, Seuche der Welt, Parasit?

Folgt sein Wesen den Pfaden, des Gleichgewichts der Natur, wenn
scheinbar langsam die Welt, Richtung des Abgrundes zieht.


Niemand kennt ja die Kreise, und wie sie Sinn einst ergeben,
ist ja möglich getäuscht, hätte man sich mit der Not.

Schöner fixer Gedanke, wir könnten weiter so leben
ohne selber das Grab, schaufelnd zu gehn in den Tod!
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.12.2022, 13:55   #2
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.044

Aha, hier stellt ein Dichter philosophische Fragen, die zwar nicht neu sind, aber nie eine abschließende Antwort gefunden haben. Ich habe selber dazu ein paar Fragen.

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Haben wir sie bereichert, erhoben durch die Kulturen,
oder ist er, der Mensch, Seuche der Welt, Parasit?
Zunächst einmal hätte ich mich auf eine klare Perspektive festgelegt, also entweder auf die "Wir"- oder auf die "Er-/Sie-/Es-"Perspektive, z.B.: Hat der Mensch die Welt bereichert, erhoben durch die Kulturen, / oder ist er für sie eine Seuche, ein Parasit? Alternativ: Haben wir die Welt bereichert, erhoben durch die Kulturen, / oder sind wir für sie eine Seuche, Parasiten?

Zur Aussage: Warum gilt die Frage nur für die Menschen? Alles, was auf der Erde kreucht und fleucht, wächst und gedeiht, sind also Parasiten, denn alles lebt von dem, was dieser Planet dafür zur Verfügung stellt.

Was Kultur angeht, ist das keine allein menschliche Errungenschaft. Wie ich gerade durch eine Dokumentation erfahren habe, hat man auch bei Schimpansen kulturelle Rituale festgestellt, die sogar von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich sein können. Richtig ist indessen sicherlich, dass es keine andere Spezies kulturell so weit gebracht hat wie der Mensch.

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
Folgt sein Wesen den Pfaden, des Gleichgewichts der Natur, wenn
scheinbar langsam die Welt, Richtung des Abgrundes zieht.
Woher nimmst du Annahme, die Natur befinde sich im Gleichgewicht? Wäre das jemals der Fall gewesen, hätte es keinen Grund für die Evolution gegeben. Das Gegenteil ist der Fall: Die Welt ist nicht mehr, wie sie vor Jahrmillionen war. Es gäbe nur einen einzigen Zustand des totalen Gleichgewichts oder einer völligen Kohärenz: wenn alles tot ist, sich nichts mehr bewegt und die Zeit stillsteht. Oder bei einem totalen Nichts. Aber wer kann sich so etwas vorstellen?

Zitat:
Zitat von Anaximandala Beitrag anzeigen
ohne selber das Grab, schaufelnd zu gehn in den Tod!
Der Vers scheint mir daneben gegangen zu sein. Gemeint ist wohl:

... wir könnten so weiterleben,
ohne uns selbst das Grab zu schaufeln für unseren Tod.

Da das Aussterben der Menschheit gemeint ist, hätte ich es noch anders ausgedrückt:

"... ohne uns das Grab zu schaufeln für den kollektiven Tod."

Welche düstere Gedanken und Fragen vor dem Beginn eines neuen Jahres. Lass es trotzdem gut angehen!

LG
Ilka
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.12.2022, 16:03   #3
männlich dunkler Traum
 
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Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 60
Beiträge: 1.557

... ach Anax, eine ziemlich überhöhte Sicht. Wir ziehen die Welt nicht in den Abgrund, nur uns selbst und ein bisschen Natur. Das taten schon die ersten Algen, welche die damals bestehende Welt mit Sauerstoff vergifteten.
Nein, wir haben die Welt nicht bereichert, nur uns selbst, zumindest ein paar von uns.
Auch wenn wir denken, wir stehen darüber, wir sind nur ein Teil der Natur.

wünsche schöne Träume
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Alt 08.01.2023, 15:30   #4
männlich Anaximandala
 
Benutzerbild von Anaximandala
 
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Beiträge: 1.190

Vielen Dank für deine ausführliche Auseinandersetzung mit meinem Text und natürlich deine Fragen und Anmerkungen, Ilka.

Erstmal vorab, das hier ist mehr eine Spielerei, als Versuch mich dem Distichon anzunähern, als eine Auseinandersetzung mit dem Thema, inhaltlich sind das mehr spontane Gedanken. Das soll das ganze jetzt allerdings keineswegs einfach abwiegeln, du triffst mit deinen Fragen nämlich auf jeden Fall die richtigen Punkte.
Also eine abschließende Antwort war nicht meine Absicht, selbst wenn sie es wäre, geben könnte ich ganz sicher keine.Aber vielleicht wäre es, im nachhinein gesehen, eine schöne Idee gewesen, zumindest die Frage zu beleuchten und beide Seiten mit einem starken Beispiel oder konkreten Kontext darzustellen

Zitat:
Zunächst einmal hätte ich mich auf eine klare Perspektive festgelegt, also entweder auf die "Wir"- oder auf die "Er-/Sie-/Es-"Perspektive,
Den Perspektivwechsel kann ich dir ehrlich gesagt garnicht erklären, vielleicht war das der Versuch, hierbei Beteiligung auszudrücken, oder aber ich habe innerlich Abstand genommen, als es umgeschwungen ist, ehrlich gesagt hab ich da garnicht drüber nachgedacht...
Du hast absolut recht, ich versuche gleich, das nochmal zu verbessern

Zitat:
Warum gilt die Frage nur für die Menschen? Alles, was auf der Erde kreucht und fleucht, wächst und gedeiht, sind also Parasiten, denn alles lebt von dem, was dieser Planet dafür zur Verfügung stellt.
Das stimmt, aber der Mensch alleine nimmt in diesem Ausmaß Einfluss auf seine Umwelt und er ist die einzige bekannte Spezies, die ihr Handeln reflexiv betrachten kann und Folgen aus ihrem Wirken ableiten kann.

Hm, mit der Frage hast du aber gerade ein paar Gedanken angestoßen, ja in gewisser Weise ist wirklich alles was kreucht und fleucht ein Parasit, zumindest potenziell, die Frage müsste dann vielleicht mehr sein, in wie weit der Mensch sich in seinem Wirken unterscheidet - oder eben nicht.
Niemand würde wohl einen Hasen einen Parasiten nennen, aber eine Hasenplage frisst schon alles kahl, wodurch sie sich dann aber selbst reguliert.
Beim Menschen gelten die selben Prinzipien, die Frage ist also vielmehr, ob der Planet eine Menschenplage hat, nicht ob der Mensch sich parasitär verhält.

Zitat:
Was Kultur angeht, ist das keine allein menschliche Errungenschaft. Wie ich gerade durch eine Dokumentation erfahren habe, hat man auch bei Schimpansen kulturelle Rituale festgestellt, die sogar von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich sein können.
Das ist eigentlich ziemlich cool, in dem Zusammenhang sind vielleicht auch Elefanten interessant, die glaube ich auch gerne Umwege in Kauf nehmen um die Orte zu besuchen, an denen Freunde von ihnen gestorben sind, sozusagen ihre kleinen "Kultplätze"

Ich überlege gerade, wie meine Frage zur Bereicherung durch die Kultur Sinn ergeben könnte, eigentlich bereichert sie nur den Menschen selber, dem Planeten sind Pyramiden egal...
ich glaube die Frage ist mehr ideel als reell, sehr menschlich sozusagen

Zitat:
Woher nimmst du Annahme, die Natur befinde sich im Gleichgewicht?
Gut, ich gestehe ein, das ist wirklich Schwachsinn, was ich meine ist vielmehr das System Natur, das sich im dauernden Wandel befindet, aber in Ballance hält.
Ich glaube bevor ich jetzt in Fachchinesisch verfalle:
den Wikipediaartikel zu komplexen System finde ich da empfehlenswert, vor allem ist er kurz
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Komplexes_System

Ganz konkret ist glaube ich die Hömöostase was ich meine

Zitat:
Der Vers scheint mir daneben gegangen zu sein.
Auf jeden Fall ist das Komma absolut fehl am Platz, ich glaub ohne ergibt es mehr Sinn

ohne selber das Grab schaufelnd zu gehn in den Tod!

Einen Preis gewinne ich damit aber bestimmt nicht, da hast du recht...

Das Problem ist die metrische Form des Distichons, das in der oberen Zeile aus einem Hexameter und in der unteren aus einem Pentameter besteht, bei dem die dritte und vierte Hebung direkt aufeinander folgen.
Das ganze drum herum, Hexameter, Pentameter, Hebungsprall, das ist echt komplettes Neuland für mich.
Für ein Reimgedicht muss man eigentlich sowieso sagen, sind die Zeilen auch schlicht und einfach wenn nicht zu lang, dann wenigstens ganz schön lang


Zitat:
... ach Anax, eine ziemlich überhöhte Sicht
Ja, möglicherweise hast du damit recht, aber ist nicht jede Position irgendwo entweder überhöht oder untergeordnet? Klar du hast recht, natürlich ziehen wir nur uns selbst in den Abgrund... aber unsere Existenz ist für uns die Welt^^
Nein ich meine auch nicht, wir würden die Welt mit uns reißen, wenn wir vergehen. Was ich hier meine ist vielmehr der derzeitige Zustand von Welt und Umwelt.
Man kann darüber streiten, ob unser Dasein jetzt auf ein paar Jahre hochgerechnet jetzt impaktähnliche Auswirkungen hat, die die Welt ohne Frage überdauert, aber erstmal verdauen muss, oder nicht, aber auch das meine ich garnicht primär. Erstmal meine ich hauptsächlich, dass wir ganz schön viel Mensch mit ganz schön viel Bedürfnis für mitlerweile fast schon wenig Welt geworden sind. Sie überdauert uns, so oder so...
die Frage ist nicht, ob wir die Welt vernichten, sondern ob wir in der Lage sind in ihr zu bestehen, denn du hast zu 100 Prozent recht:

Zitat:
Auch wenn wir denken, wir stehen darüber, wir sind nur ein Teil der Natur
Vielen Dank euch beiden für die kritischen Anmerkungen und natürlich ein frohes neues Jahr
Lasst auch ihr das Jahr gut beginnen

Liebe Grüße
Delf

Geändert von Anaximandala (08.01.2023 um 16:47 Uhr)
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