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Alt 13.09.2007, 12:51   #1
Hamilkar Barkas
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 97

Standard Gespräch mit der verblühten Jungfrau Poeterey

Gespräch mit der verblühten Jungfrau Poeterey

Es hatte lang gedauert,
doch endlich stand ich glücklich da
vorm Hause meiner Muse.
Die Suche währte schon ein Jahr.

Ich war noch unentschlossen,
zu klopfen traute ich mich nicht,
da stand sie in der Türe
und sah mir prüfend ins Gesicht.

Sie fragte, was ich wünsche,
doch ich blieb noch vor Ehrfurcht stumm.
Sie wartete geduldig
und glaubte wohl, ich wäre dumm.

Als ich mich endlich faßte
Und mich dann glücklich vorgestellt,
da bat sich mich ins Haus,
als hätte sie mich herbestellt.

Die Muse war sehr freundlich.
Zum Kuchen gab’s ein Tässchen Tee.
Wir sprachen über’s Dichten,
ich klagte ihr mein ganzes Weh.

Die Reime wären zickig,
die Metrik wäre furchtbar schwer.
Der Geist, er wäre willig
der Kopf jedoch so oft so leer.

Auch sie beklagt sich wortreich.
Die Dichter hätten sie verführt.
Mit zauberhaften Worten,
mit reiner Schönheit angerührt.

Wo diese Dichter wären.
Die alten seien alle tot,
die neuen würden stammeln
und Coolness wäre ihr Gebot.

Es ändern sich die Zeiten,
auch ändert sich was Schönheit heißt,
so sprach ich zu der Muse.
Die meinte bloß, ich wäre dreist.

„Mit dummen Theorien
verstümmelt ihr mir meine Kunst
und glaubt euch auch noch clever.
Ich nenne solches aber Wunst.
Ihr Dichter sollt versuchen,
daß mich der schöne Klang betört.
Ihr wolltet mir doch schmeicheln,
daß euch die schöne Kunst erhört.

Ich war einst eine Blume
und ihr wart mir der Sonnenschein,
in dem mein Glanz erblühte,
doch jetzt bereitet ihr mir Pein.

Mir klang in allen Schriften
der Dichter Liebesflüstern raus,
ein ganz frivoles Schmeicheln,
doch heute sind sie mir ein Graus.

Mit Worten Liebe machen
war anno dazumal das Ziel
und was bekomm‘ ich heute –
ein grader Satz wär‘ schon sehr viel.“

Der Muse kamen Tränen,
sie fing sogar zu Zittern an.
Ich fürchtete schon das Schlimmste,
da packt’ sie mich an meinem Arm.

„Willst wenigstens du es mir versprechen,
nicht falsch und nur zum Schein,
nicht meinet, sondern deinetwegen,
der Schönheit treu zu sein?“

Ich gebe zu, ich war beklommen
Und doch versprach ich’s ihr.
Da lächelte die Alte listig
Und brachte mich zur Tür.
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