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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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11.11.2018, 01:38 | #1 |
Die Füße im Feuer
Laut heult der Sturm, und ein Gewitter
entlädt sich abends um das Schloss. Es flackern fahl die Fenstergitter, der Donner dröhnt im Turmgeschoss. Da hör ich Hufschlag, Schnauben, Lärmen. Es pocht ans Tor. Der Junker geht hinab, macht auf, damit sich wärmen und schützen kann, wer draußen steht. Ein Mann tritt ein, mir nicht geheuer. Er rühmt sich laut, er sei Kurier des Königs. Setzt sich plump ans Feuer im Herd des Ahnenensaals: zu mir. Dann sinkt sein Blick in meine Flammen und auf ein Ölbild an der Wand: Ein junges Weib. - Er zuckt zusammen, als ob er ihren Mörder fand. Er selbst ist der, der damals fragte: „Wo steckt dein gottverdammter Mann?“ Dann drohte er, als sie nichts sagte, der Hugenottin Folter an. Doch eisern schwieg sie, und er steckte ihr beide Füße in den Herd, auf dass ich sie gesprächig leckte. Die Flamme ihren Stolz bekehrt. Sie wand sich. Stumm. Die Füße zuckten. - Nun schwitzt der Gast. Fühlt alles nah. Verflucht, dass ihn die Wetter duckten, und er das Wappen übersah. Er ahnt, man kennt ihn, wird sich rächen. Als er zum Abendessen geht, sind dort die Kinder. Doch sie sprechen, als sie ihn sehen, kein Gebet. Er senkt den Blick, er stürzt den Becher. Ein feiger Mensch im Dienst der Macht. Er taumelt in die Schlafgemächer. Ich höre, wie der Riegel kracht. Dann kommt der Junker. Wie entgeistert. Von seinen Kindern eingeweiht. Er hat, was aufwühlt, nicht gemeistert und betet eine lange Zeit. Noch immer stürmt es. Meine Flamme wird aus den Lüften angefacht. Sie faucht im Glauben, Gott verdamme: „Der Folterknecht sei umgebracht!“ Dann weicht der Sturm, und sie verzichtet. Des Junkers Haar ist aschengrau. Er weckt den Gast. Der Morgen lichtet den Saal. - Ich träume von der Frau… (Nach Meyers Ballade) https://www.deutschelyrik.de/index.p...-im-feuer.html |
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11.11.2018, 14:23 | #2 |
abgemeldet
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Hi gummibaum,
was soll ich sagen - Hut ab! vlg EV |
11.11.2018, 17:09 | #3 |
Danke, lieber Eisenvorhang. Ich freue mich.
Liebe Grüße gummibaum |
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12.11.2018, 21:10 | #4 |
abgemeldet
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Lieber gummibaum,
ein faszinierendes Werk, bei dem einem teilweise der Atem stockt. Großartig geschrieben! LG Letreo, um einen Favorit mehr |
12.11.2018, 21:44 | #5 |
Danke, liebe Letreo. Dein Lob verschönert mir den Abend.
Ich hoffe, es geht dir gut. LG gummibaum |
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23.11.2018, 22:27 | #6 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.877
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Lieber Gummibaum,
eine (sehr) gelungene Adaption der schaurigen, gleichwohl hochmoralischen Ballade! C.F. Meyer hat seine Ballade in ungereimten Versen geschrieben - vom Blankvers unterscheiden sich seine Verse durch einen sechsten Versfuß pro Vers. Gekonnt arbeitet er mit Alliterationen und - setzt natürlich (für seine zeitgenössische Leserschaft war das selbstverständlich) eine Menge Hintergrundwissen und die Einhaltung eines ritterlich-christlichen Verhaltenscodex voraus. Dass Du die Ballade aus der Sicht des Feuers geschrieben hast, merkte ich erst an den Versen "auf dass ich sie gesprächig leckte. Die Flamme ihren Stolz bekehrt." (Müsste es nicht heißen: auf dass ich sie gesprächig "lecke"?) Diese Strophe solltest Du meiner Meinung nach noch mal genauer betrachten. Das Lecken könnte zu unfreiwillig komischen Assoziationen führen (unter anderen zu der, dass es eine Folter gab, bei der man die Füße mit Salz bedeckte und dieses von einer Ziege ablecken ließ). Alles in allem: Großartig gemacht und - Verführung pur zur Rezeption des Originals. Liebe Grüße, Heinz Geändert von Heinz (24.11.2018 um 09:38 Uhr) |
24.11.2018, 03:33 | #7 |
Danke, lieber Heinz,
für dein Lob und besonders auch für deine Informationen über C. F. Meyers Ballade. Konjunktiv Präsens (lecke) und Konjunktiv Präteritum (leckte) sind, glaube ich, ziemlich austauschbar. Da es beim Lecken um Folter geht, wird das Feuer mit seinen züngelnden Flammen zu grausamer Zärtlichkeit gezwungen, perfide gedemütigt und in Schuld verwickelt. (Im Träumen gelingt es ihm aber später, aus der Zwangsgemeinschaft Aufgeopferter eine fiktionale Liebesbeziehung entstehen zu lassen.) LG gummibaum |
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