Stille

[Ilka-Maria]

Gepanzert, bestachelt und schwertscharf bezangt,
nur Beute zum Ziel, was ihr Wesen belangt,
mal reglos wie Stein, doch alsbald spinnenflink,
von schädlicher Kraft wie ein toxischer Drink,
so lauert sie arglosen Opfern auf
und mischt sich in ihren Lebenslauf.

Bei ihrem Erscheinen verstummt jeder Klang,
die Vögel verweigern der Welt den Gesang,
der Wind, sonst nicht schüchtern, verliert die Fasson
und pfeift nicht mehr länger den Dachboden-Song,
der Hofhund schleicht winselnd in Hauses Schutz,
die Katze vergisst ihren Schönheitsputz,

und keiner der Bäume, obwohl kronenschwer,
gibt sich für ein Ächzen und Knarzen mehr her.
Gespenstische Ruhe beherrscht allen Raum,
vernommen als Trauma statt üblichen Traum,
und deutlich hängt in der klanglosen Luft
ein unheilträchtiger, garstiger Duft.

28.01.2022

[Anaximandala]

Hey,
das ist wirklich eine dröhnende Stille, die man im Rückenmark hört... ich finde spannend, dass du sie als einfach auftretend beschreibst ohne einen Auslöser. So hat sie etwas besonders düsteres, wie ein dunkler Nebel, der sich über alle Dinge legt.

Ich finde den Text sehr gelungen

Viele Grüße

[Ilka-Maria]

Zitat von Anaximandala

... ich finde spannend, dass du sie als einfach auftretend beschreibst ohne einen Auslöser.

Die Stille und der Auslöser sind identisch, nämlich die Angst. Es handelt sich um eine Allegorie: Etwas Irreales oder Abstraktes wird greifbar gemacht, in der Regel personifiziert. In diesem Falle habe ich keine Person dafür gewählt, sondern die drückende Atmosphäre, die von der Angst erzeugt wird.

So etwas ist spannend zu schreiben und macht Spaß.

[Anaximandala]

Das klingt wirklich sehr interessant, ich kannte Allegorien bisher weit weniger subtil, gerade das macht sie jetzt noch spannender. Ich mochte das Konzept schon so ganz gerne, du gehst ja aber sozusagen noch eine Ebene tiefer.

Eine hab ich bisher selbst geschrieben, bzw. verreimt und glaube gern, dass man viel Spass damit haben kann