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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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06.08.2015, 15:03 | #1 |
Auferstanden aus Ruinen
Auferstanden aus Ruinen
und der Zukunft zugewandt, warten die am Straßenrand, welche auf der Strecke blieben. In Meckpomm verfall'n die Städte, unbewohnte Häuser rieseln, und verstör'n die Silhouette, reißen Löcher im Zerbröseln. Schmuckes Städtchen, alt und treu, lacht mir aus der Nähe zu, einst so stolz versprüht's noch Charme, nun versinkts zu langer Ruh. Auch der Bahnhof ist verlassen, Züge fahren hier kaum mehr, wo sich einst so Viele regten: kahle Flächen, alle leer. Stirbt gar Mancher vor der Zeit, ausgezehrt ob harter Sitten, von den Qualen schlechter Arbeit, Rauchen, Alk, zu viel gelitten. Aus dem Landkreis kommt die Hilfe, Wirtschaftschance wundersam, Pflegeheime sprießen östlich, hat sich Gott doch noch erbarmt? Ja, nach dieser tollen Wende, blutete dies Städtchen aus, nahmen Metzger dessen Reste, zum kapitalen Einheitsschmaus. |
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06.08.2015, 16:13 | #2 |
Forumsleitung
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Da kannste mal sehen, wie bescheuert die Menschen in Mecklenburg waren. Statt sich eine eigene Mauer in chinesischer Qualität hochzuziehen, hauten sie bei erster Gelegenheit ab in den Westen und lassen sich seither vom bösen Kapitalismus verheizen. Obwohl sie es doch so schön hatten: Leere Regale in den Läden (erleichtert ungemein das Putzen), ausgiebig Zeit zum Zeitunglesen beim Warten in der dreihundert Meter langen Schlange an der Tankstelle, Schwarzweiß-Fernsehgeräte, auf denen nur noch Schatten statt richtiger Bilder zu erkennen waren (Fernsehen macht ohnehin nur dumm), heimelig-gemütlicher Braunkohle-Brandgeruch in der Luft und garantiert kein Lokal, das nach zwanzig Uhr noch warme Küche hatte. Alle Menschen waren gleich, außer jenen, die gleicher waren, und wer es ganz anders haben wollte, der wurde an der Mauer oder im Stacheldraht abgeknallt. Aber diese Leute waren ja ohnehin verrückt! Wie sagte Margot Honecker sinngemäß: Die sind doch selbst schuld, weshalb müssen die versuchen, über die Mauer zu klettern?
Wie schön es in den Ländern der DDR war (ich war allerdings nach der Grenzöffnung nur bis Brandenburg gekommen), kann ich mit meinen eigenen Fotos belegen: Verfallene Gebäude, geschlossene Läden, in der Ödnis von Ortschaften abgestellte Autowracks, metertiefe Schlaglöcher in den Straßen (das war allerdings in Jena) - alles wahnsinnig romantisch! So etwas kannte ich bis dahin nur als Kulissen in den Münchener Filmstudios, vor denen man Filme über die gute alte Zeit drehte. Tja, die müssen schon ganz schön bekloppt gewesen sein, die Menschen in der DDR, als sie Helmut Kohl mit der westdeutschen Nationalflagge begrüßten und damit das Signal setzten, ihre Seele der kapitalistischen Hölle zu verkaufen. Wenn Du Herrn Becher das nächstemal begegnest, tritt ihm für mich gegen das Schienbein. |
06.08.2015, 18:09 | #3 |
Das Gedicht ist sicherlich keine "Ostalgie" und auch keine pauschale Kapitalismuskritik, daher nehmen die Metzger der Treuhand die "Reste".
Zur Treuhand u.a. hier http://www.tagesspiegel.de/wirtschaf.../11439388.html Das Gedicht beschreibt meine Eindrücke beim Besuch dieses Städtchens und ist Ergebnis von Gesprächen mit Bewohnern - nein, die wollen ganz sicher auch nicht die DDR zurück. Ich war damals auch in der DDR nach der Grenzöffnung unterwegs, allerdings nur im Vogtland. |
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10.08.2015, 20:21 | #4 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Auch sind wir nach der Grenzöffnung nicht "ein Stück reingefahren", sondern haben viele Städte, einige Inseln und den Spreewald abgeklappert und Jahr für Jahr die Entwicklung von Ostberlin vor Ort angesehen. Ich hatte Kontakt zu einer Familie in Brandenburg, der ich regelmäßig Pakete geschickt hatte, und ich war an jenem Sonntag bei dieser Familie, als in den Läden die Waren für den nächsten Tag mit D-Mark-Schildern bestückt wurden. Auch wenn wir Westdeutschen in "Saus und Braus" lebten, heißt das nicht, dass wir im Schlaraffenland der Ahnungslosen lebten. Wir wussten genau, wie viele Ostdeutsche an den Grenzen erschossen wurden oder wie vielen die Flucht geglückt war. Und wir wussten auch, weshalb der Bruder eines meiner Onkel dessen Hilfe abgelehnt hatte, das Elternhaus in Leipzig zu erhalten, weil er nämlich Angst hatte, dadurch in den Fokus der Behörden zu gelangen. Lieber ließ er das Haus verfallen. Wir mögen ja sehr westlich ausgerichtet gewesen sein, aber deswegen waren wir noch lange nicht völlig verblödet und ignorant. |
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10.08.2015, 20:30 | #5 |
Forumsleitung
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Du hast in den Raum gestellt, wir wüssten nichts über die DDU. Ich habe widersprochen.
Du hast die Diskussion beendet - gut. Für Dich. Wann ich meine Diskussion beende, bestimme ich selbst. |
10.08.2015, 20:38 | #6 |
Forumsleitung
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Glaub ich nicht, dass es bis in die Wüste reicht.
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14.09.2015, 19:01 | #7 |
abgemeldet
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Weil nichts mehr ein Leben sein darf.
MFG! |
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