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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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13.09.2009, 17:20 | #1 |
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Der Sohn des Gärtners
Sie geht hinaus zu den Beeten
und kniet nieder ins weiche Gras, sie muß wieder mal Unkraut jäten, für die alten Knochen kein Spaß. Sie rupft und zupft in Gedanken, und die Bilder kehren zurück aus unbekümmerten Tagen, von der Jugendzeiten Glück. Sie sieht ihn vor sich stehen, wie damals beim ersten Gruß, als sie dachte, sie müßte vergehen, weil ihr Herz bis zum Halse schlug. Er kam, um dem Vater zu helfen, zu bestellen den Garten und Hof und die Landwirtschaft zu erlernen, zu ergreifen des Vaters Beruf. Sie wich ihm nicht von den Fersen einen ganzen Sommer lang und half beim Pflanzen und Ernten, doch sprach keiner, was sie verband. Der Krieg kam, sie mußte fliehen, mit den Eltern verlassen das Gut, um in Richtung Westen zu ziehen, längst bereit stand ein Flüchtlingszug. Am Bahnhof sah sie ihn wieder, mit dem Vater zur Flucht bereit, es war ein Abschied für immer, und ihr Herz schmerzte vor Leid. Sie fielen sich in die Arme und küßten sich inniglich zum ersten und letzten Male, dann trennten die Wege sich. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen, das Erinnern schmeckt bitter-süß, sie konnte nie wieder so lieben und hat keinen Mann mehr geküßt. Sie erhebt sich von dem Boden, der ihr niemals Heimat bot, entwurzelt und verloren wie das Unkraut, das sie zog. © Ilka-M., 12. Februar 2009 |
13.09.2009, 17:32 | #2 |
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889
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Liebe Ilka-Maria,
du hast ein sehr anspruchsvolles, aber auch sehr trauriges Gedicht geschrieben. Es beschreibt sehr authentisch die Folgen des Krieges für die, die ihn gar nicht gewollt haben. Ja, fast autobiografisch, man spürt die Echtheit in jeder Zeile. Man spürt die Verzweiflung, die Trauer, die Verbitterung. Und man weint. Was soll man sonst tun? Liebe Grüsse corey |
14.09.2009, 04:06 | #3 |
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Liebe Corazon,
meine Mutter und ihre Familie waren Vertriebene. Sie kamen aus Stettin, als der Krieg schon zu Ende war. Nicht alle hatten es geschafft. Und es war ein Wunder, daß keines der Mädchen und keine der Frauen vergewaltigt wurden. Die es geschafft hatten, fanden in Offenbach eine neue Heimat. Im Gegensatz zu meinem Gedicht blieb meine Mutter nicht allein, sondern fand einen jungen Mann, der für mich ein guter Vater werden sollte. Beide hatten dafür gesorgt, daß ich eine harmonische Kindheit hatte. Dieses Glückes bin ich mir bewußt. LG Ilka |
17.09.2009, 22:15 | #4 |
Hallo Ilka-Maria,
du hast dieses Gefühl des "entwurzelt Seins" hier gut umgesetzt.
Als kleinen Wehrmutstropfen empfand ich den teilweise dem Reim geschuldeten Satzumbau (längst bereit stand ein Flüchtlingszug etc.), aber bei so einem langen Reimgedicht kann man da schon mal darüber hinwegsehen. LG Perry |
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18.09.2009, 05:39 | #5 |
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Danke für's Kommentierern, Perry. Ja, manchmal muß man Konzessionen machen. Ich hatte mir lange überlegt, ob ich das Gedicht einstellen soll, da es viele "unsaubere" Reime enthält; als ich dann aber mal wieder in Schillers Balladen herumgestöbert hatte, habe ich mich doch getraut. Die erwartete Kritik an meinen Reimen blieb jedoch aus (leider ).
Und was den Satzbau angeht, konnte ich ja schlecht schreiben: "Der Flüchtlingszug machte schon tut-tut". Auch hierzu mal ein Schiller'sches Beispiel aus "Der Taucher": "Wer ist der Beherzte, ich frage wieder, zu tauchen in diese Tiefe nieder?" LG Ilka-M. |
18.09.2009, 09:29 | #6 |
Hallo Ilka-Maria,
sich auf die "alten Meister" zu berufen ist immer gut, aber heutzutage wohl kaum mehr stichhaltig.
LG Perry |
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18.09.2009, 11:40 | #7 |
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Das ist richtig, Perry, für mich waren Schillers Balladen auch lediglich eine Entscheidungshilfe, mein Gedicht nach einigem Zögern dann doch zu präsentieren.
LG Ilka-M. |
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