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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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15.11.2010, 14:23 | #1 |
Früher, ja früher.
Früher, ja früher, da gab’s so was nicht.
Hässliche Bilder auf Busen und Bauch. Ringe und Nadeln im ganzen Gesicht Schamlippen-Piercing als heidnischer Brauch. Internetspiele und sprachloser Chat, Horror am Sonntag auf RTL zwei. Kinder mit Sechzehn schon vögelnd im Bett, Luxusklamotten zur Angeberei. Keine Manieren und hirnloser Slang, Dröhnen im Ohr und kauendes Maul. Mädchen mit Hosen zum Platzen – so eng, Knaben mit Glatzkopf und grundsätzlich faul. Dreckige Witze statt Goethe und Kleist. Überall Wände mit Farbe verdreckt, Alkohol als der alleinige Geist. „Hoch das Gesöff!“ bis die Leber verreckt. Früher, ja früher, da gab’s so was nicht. Nazis wie Globke regierten im Land, Halbstarke kamen sofort vor’s Gericht. welches zum Glück auch aus Nazis bestand. Erika Papritz schrieb vor, was sich schickt, Löwentahls Hetze war Hit im TV, ehelos Lieben hingegen Delikt, notfalls auf harten Matratzen im Bau. Früher, ja früher, da war alles gut. Deutschlands Regierung war Bollwerk am Rhein. Auch wenn er log, der Alte mit Hut, nie wird es wieder so lebenswert sein. |
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15.11.2010, 19:54 | #2 |
15.11.2010, 22:26 | #3 |
Also gut, Gedankenstrich statt Komma muste nicht sein, zumal ich
unter gewaltigen Mühen dem Daktylus gehuldigt habe. Und der muss fließen. Ich kann's aber jetzt nicht mehr ändern. |
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15.11.2010, 22:36 | #4 |
naja ich spreche nicht von dem Gedankenstrich, ich spreche von dem, nicht vorhandenen, Komma, direkt nsch Hosen also "[...]Hosen, zum Platzen[...]"
Ich glaube, das würde das Gedicht auf erste lesen verständlicher machen. |
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15.11.2010, 23:22 | #5 |
R.I.P.
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Halli Hallo, Libelle!
Er fließet, er fließt! Dolle Anklage, dolle Retrospektive! Sehe ich es als Erinnerung: Wie wahr, wie wahr - sieht man nur eine Seite der Medaille. Sie hieß übrigens Erica Pappritz. Das "von" hatte sie sich arroganterweise selbst verliehen. Naja - als Protokoll-Meisterin von Adenauers Gnaden.... Gut gemacht! Thing |
16.11.2010, 09:17 | #6 |
Libelle
Zuerst, die Gedichtsform sagt mir sehr zu, dass Gedicht ist sehr gelungen. Doch verurteile ich den inhalt und habe erhlich gesagt kein Verständnis dafür. Da bleibt mir nur die Frage, ist der Inhalt nur Mittel zum Zweck? Oder steht für Sie der Inhalt vor der Gedichtsform? Thing Aussage kann ich nur zustimmen, es handelt sich nur eine Seite der Medaille. Überzeugt bin ich von meiner Generation auch nicht, doch beschwere ich mich über die Individuen, nicht über alle. "Knaben mit Glatzkopf und grundsätzlich faul" Müsste der Glatzkopf, oder ein Kurzhaarschnitt nicht ihren Vorstellungen entsprechen? |
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16.11.2010, 14:12 | #7 |
Jean Jacques,
Ich glaube in diesen Umschreibungen eine ziemlich beißende Ironie zu sehen. Versuchen Sie es doch einmal so zu lesen. |
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16.11.2010, 16:37 | #8 |
Wenn ich fragen darf, an welcher Stelle soll ich die Ironie sehen?
Vielleicht an der Stelle, die beschreibt wie das Fernsehn unsere Realität formt, ok. Da hat die Ironie anklang gefunden. Oder an der Stelle, wo Nazi´s das Gesetz walten lassen und der Autor sagt, dass das Leben nie wie wieder so schön sein wird? Wenn ich alles mit Ironie betrachte, sagt mir das Gedicht, dass sich nichts geändert hat, in all den Jahren und der verlorenen Politik. Meinte der Autor es so? Aber ein Dank für den Hinweis. |
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16.11.2010, 16:49 | #9 | |
Zitat:
Zum einen wird hier humorvoll betrachtet wie verbohrt und gegängelt doch die "Früher-Gesellschaften" waren. Andererseits wird die heutige vermeintliche Freiheit entlarvt und, im Vergleich zu früheren, faschistoid-totalitären, Systemen als der manipulativ-neofaschistoide Käfig beleuchtet der nuneinmal bei näherem betrachten dahintersteckt. Ich hoffe ich habe dem Autoren nicht zu viel in den Mund gelegt, dies ist nur meine subjektive Deutung. Azzy |
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16.11.2010, 17:00 | #10 |
Wenn es denn so ist, bin ich von dem Gedicht auch inhaltlich sehr überzeugt.
Eine Antwort vom Autor wäre gut, um Klarheit zu schaffen. Danke |
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16.11.2010, 17:33 | #11 |
Wenn ich alles mit Ironie betrachte, sagt mir das Gedicht, dass sich nichts geändert hat, in all den Jahren und der verlorenen Politik.
Meinte der Autor es so? Guten Tag, es hat sich sehr viel geändert seit den Fünfziger und Sechziger Jahren. Und vieles zum Guten. Das wird von Menschen, die mit den Veränderungen nicht fertig werden oder die aufgrund ihres fortschreitenden Alters in die Erinnerung flüchten, nur zu gern verkannt oder gar geleugnet. Ich bin mit Siebzig ein verdammt alter Sack in der heutigen Zeit, kann aber der Vergangenheit, speziell den Fünfzigern, nicht viel abgewinnen. Wie hätte ich damals Gedichte posten und diese Mail-Antwort schreiben können? |
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16.11.2010, 17:37 | #12 |
Denn ein Kompliment an sie.
Es war ein langer Weg für die Wahrheit hinter dem Gedicht. |
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16.11.2010, 20:06 | #13 |
Hallo Libelle,
Danke sehr, ich finde es spannend wie verschiedene Altersstufen und Generationen (ich spreche hier nicht von biologischen sondern soziologischen Generationen), sehr unterchiedliche und doch gleiche betrachtungsweisen auf die Welt haben können. Das Rätseln um die Autorenintention (ich nutze bewusst dieses Wort, da die Bedeutung sich mit dem Betrachter entwickelt) war ein gutes Beispiel dafür. Gruß Azzy |
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16.11.2010, 22:01 | #14 |
Und so etwas passiert einem beckmessenden Klugscheißer: Die dritte Zeile der letzten Strophe ist metrisch unsauber. Darum hier die Korrektur:
Früher, ja früher, da war alles gut, Deutschlands Regierung war Bollwerk am Rhein. Auch wenn er log, dieser Alte mit Hut, nie wird es wieder so lebenswert sein. Ich hatte geschrieben "der Alte mit Hut". Davon kriegt ein Daktylus sofort Seitenstiche. |
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