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Alt 29.06.2022, 01:54   #1
weiblich Fuchsmädchen
 
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Standard Meine Odyssee

Es war einmal ein Fuchsmädchen,
die bekam vor vier Monaten einen Befund.
Sie suchte, kramte und fand sie nicht,
die Antwort auf die Frage warum ich, was ist der Grund?

Ist das alles nur ein Traum,
oder passiert das gerade wirklich hier?
Ich glaub' das ist die bitt're Realität,
die Rede ist von mir.

Brustkrebs hieß das böse Wort,
verbunden mit Tod, Angst und Schmerz.
Doch irgendwie ganz heimlich,
versteckte sich wohl ein starker Löwe in meinem Herz.

Die Welt aus den Fugen, nichts mehr wie es war,
Willkommen im falschen Film.
Man reiche mir Popcorn und Cola,
die Vorstellung kann beginn'n.

Tränen fließen, sind aber nicht immer schlecht,
sondern auch für irgendwas gut.
Sie wischen zum Beispiel den Staub des Alltags weg,
und bringen wieder neuen Mut.

Mut um zu kämpfen und weiterzugehen,
auch wenn ich denke mich verprügelt das Leben.
Welche Wahl ist mir geblieben,
außer mich gegen all die Knotenärsche zu erheben?

Tabletten, Operation, Zittern und Bangen,
zum Schluss auch noch die Strahlentherapie.
Wie hab' ich das alles nur geschafft?
Und das auch noch in der Pandemie.

Die Brust und Achsel von Narben gezeichnet,
aber das macht mir nichts mehr aus.
Das zeigt nur wie verdammt stark ich bin,
dafür gebe ich mir sogar selbst einen Applaus.

In mir da wütet oft ein Ozean,
der Sturm raubt mir manchmal jede Sicht,
aber was lehrt man uns von Anfang an?
Nach jedem Gewitter kommt irgendwann Sonnenlicht.

Der Wellengang variiert ganz schön,
und eins stelle ich schnell fest.
Ohne euch als meinen Rettungsanker,
wäre ich wohl schon längst durchnässt.

Flamingos sind jetzt des Fuchses bester Freund,
weil Krabbentiere ihm gut schmecken.
Zu Zweit kämpft es sich leichter,
der Krebs kann uns nicht niederstrecken.
Oder auch am Arsch le...

Oh Krebs, hätt' ich zehn Mittelfinger,
würde ich sie dir alle zeigen.
Aber ich hab' dich schon in den Zug gesetzt, (WEIT WEIT WEG!)
und winke dir deshalb nur mit meinen Beiden.

So versuche ich also Tag für Tag,
das Beste draus zu machen.
Laufen, Natur und den Fokus auf das Wichtige,
und als Futter für die Seele: ganz viel Lachen!

"Aufgeben ist keine Option",
und "die Angst darf nie siegen".
Meine Mantras ab dieser Zeit,
so schnell lasse ich mich nicht unterkriegen.

Was mir das Leben mit all dem sagen will,
das versuche ich noch zu verstehen.
Die Antwort auf das Warum ist aber nicht so wichtig,
ich muss nur lernen einfach weiterzugehen.

Die Hoffnung, dass bald alles leichter wird,
die halte ich ganz ganz fest.
Mit ein bisschen Liebe, Kraft, (neuen Schuhen) und Konfetti,
schaffe ich auch noch den Rest.

Dann glaube ich daran,
dass irgendwann,
ja irgendwann,
alles gut werden kann.
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Alt 29.06.2022, 11:11   #2
männlich Heinz
 
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Guten Morgen, Fuchsmädchen!
wer wird es wagen an diesem Gedicht etwas zu bekritteln? Ich habe es mir abgewöhnt, das lyrische Ich in der Verfasserin zu suchen, aber hier springt mich der Vergleich sehr deutlich ins Auge.
Das lyrische Ich erfährt eine erschütternde Diagnose und versucht trotz allem,
die Hoffnung auf Genesung nicht zu verlieren.
Jetzt zur Kritik: Die fängt schon bei der Überschrift an. Ist das, was die Erkrankte erlebt, eine Odyssee? Hier wird leichtfertig die zehnjährige Lebens-/Leidenszeit eines männlichen Helden, die Homer in mehr als fünfzehntausend Versen beschrieben hat, für die eigene Zeitspannne in Anspruch genommen. Der Begriff "Odyssee" lässt Gewaltiges erwarten und was kommt dabei heraus? Eine doch recht einfach gestrickte , wenn auch schlimme Geschichte einem an Krebs erkrankten Mädchen. Zuviel Klischee und fast klinisch anmutende "Sauberkeit", die auch noch von reichlichem Tränenfluss bewahrt bleibt.
Mich haben schon die ersten Verse "geschüttelt":

"Es war einmal ein Fuchsmädchen,
die bekam vor vier Monaten einen Befund.
Sie suchte, kramte und fand sie nicht,
die Antwort auf die Frage warum ich, was ist der Grund?"

Die Leidensgeschichte ist gerade mal vier Monate alt und verweist das Geschehen in die Märchenwelt. "Es war einmal...", so beginnen die Grimmschen Märchen.
Was war da einmal? Ein Fuchsmädchen. Die Deckungsgleichheit mit dem Nicknamen der Verfasserin lässt folglich einen autobiografischen Hintergrund (oder einen gedachten) vermuten.
Das Fuchsmädchen - die bekam vor vier Monaten einen Befund.
Der Fehler ist kein Einzelfall, denn sie suchte...
Richtig müsste es heißen:
Es war einmal ein Fuchsmädchen,
das bekam vor vier Monaten einen Befund.
Es suchte, kramte fand sie nicht, ---???. Was fand es nicht?

Alles in allem: Ich denke, an diesem Thema hast Du Dich verhoben.
Gruß,
Heinz
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Alt 29.06.2022, 11:37   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Es suchte, kramte fand sie nicht, ---???. Was fand es nicht?
Die Antwort, Heinz. So steht es dort.

Der Text liest sich, wie in aller Eile und unter stark emotionalem Einfluss runtergeschrieben. Verständlich, wenn man mit Todesangst ringt, die man überwinden will. Völlig normal auch die Frage: Warum trifft es ausgerechnet mich?

Literarisch könnte man das Thema allerdings kürzer, dafür aber punktueller umsetzen. Zum Beispiel könnte man den Trotz, den die Autorin gegenüber der tödlichen Gefahr zeigt, in eine vier- bis sechsstrophige Kampfansage gegen das Schicksal umdichten.
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Alt 29.06.2022, 16:17   #4
weiblich Fuchsmädchen
 
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Hallo Heinz,


vielen Dank für deine Kritik. Tatsächlich empfand ich sie als unheimlich hart - wer entscheidet denn, dass 4 Monate Leiden nicht so schlimm sind wie 10 Jahre? Klar ist das ein großer zeitlicher Sprung. Aber für ein Mädchen, was dem Tod so nah ist, reichen diese 4 Monate aus. Vorab hätte ich vielleicht sagen sollen, dass es da tatsächlich um mich geht. Und die Frage was sie suchte wird sehr wohl erklärt.

Ich respektiere die Kritik, kann damit aber ehrlich gesagt nichts anfangen. Deine Worte hingegen Ilka-Maria finde ich sehr interessant. Das Gedicht kürzer und punktueller zu verfassen könnte ich mir gut vorstellen. Vielen Dank für die Anregung.

Es ist mir bewusst, dass der Text keine große lyrische Sensation ist. Einfach gestrickt wollte ich es dennoch halten, damit jeder versteht, was ich durchgemacht habe. Und du Ilka-Maria hast es genau so verstanden.

Liebste Grüße
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Alt 29.06.2022, 16:29   #5
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Kurzer Nachtrag zu dir Heinz:

Deinen Hinweis zu "die bekam..." fand ich gut.
"das bekam..." klingt auch direkt schöner.
Vielen Dank.
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Alt 29.06.2022, 17:15   #6
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Fuchsmädchen Beitrag anzeigen
... wer entscheidet denn, dass 4 Monate Leiden nicht so schlimm sind wie 10 Jahre?
Odysseus hatte weder in den 10 Jahren vor und in Troja gelitten, noch in den 10 Jahren seiner Heimfahrt. Er war 20 Jahre lang vielmehr der Problemlöser Nr. 1 unter den Griechen, der sich von keiner Gefahrensituation aus dem Gleichgewicht bringen ließ und nach seiner Rückkehr sein Heimrecht auf drastische Weise durchsetzte. Merkwürdig an der Geschichte ist allerdings, dass sein Hund ihn nach dieser langen Zeit erkannt haben soll - welcher Hund wird denn so alt?

Der Titel "Meine Odyssee" ist also - und da hat Heinz recht - für diesen Text zu weit hergeholt. Vielleicht wäre er es, wenn man erfahren hätte, ob die Krankheit überwunden wurde. Das geht aber aus dem Text nicht hervor. Ich hätte etwas Trotzigkomisches als Titel gewählt, z.B. "Dem Tod auf die Sense gespuckt" oder "Hausieren für Todesengel verboten".
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Alt 29.06.2022, 17:27   #7
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Hallo, liebes Fuchsmädchen,
Du hast mir meine Kritik nicht übel genommen, deswegen noch ein paar erläuternde Worte.
Eine Krebsdiagnose kann der Betroffenen den Boden unter den Füßen in recht abrupter Weise entziehen. Dass es ganz verschiedene Krebsarten gibt, muss ich Dir nicht erklären, und dass sie ganz unterschiedliche Reaktionen hervorrufen, auch nicht.
Aus Deinem Gedicht geht nicht hervor, in welchem Lebensalter Dich das Untersuchungsergebnis überrollt hat, auch von der Art des Krebses erfahren wir nichts.
Wir erfahren allerdings eine Menge über die Reaktionen, die von Ratlosigkeit, Verzweiflung, Angst, aber auch von Trotz, Aufbegehren und Hoffnung sprechen.
Beim Leser, zumindest bei mir, rührt sich tiefes Mitleid und der Wunsch, der Betroffenen helfen zu können.
Ein mir sehr nahe stehender Freund ließ sich von seiner Ärztin überzeugen, einen bräunlichen Fleck am Ohr von einer Hautärztin untersuchen zu lassen.
Diese entnahm dem Ohr eine kleine Hautprobe, sagte meinem Freund, er möge in einer Stunde wiederkommen, dann könne sie ihm das Ergebnis der Untersuchung mitteilen. Mein Freund, dessen Humorbegabung hinreichend bekannt ist, kam nach einer Stunde wieder und fragte, seine Ängstlichkeit unterdrückend: "Na, Frau Doktor, was ist es? Hummer oder Languste?" Die Antwort kam genauso flapsig: "Nee, mein Lieber, es ist Krebs, genauer - ein Malinom, im Volksmund 'schwarzer Hautkrebs' genannt."
Mit ein paar kleinen Operationen (Entfernung der verdächtigen Stellen, einer Hautverpflanzung, einem MRT als abschließende Untersuchung und ständiger ärztlicher Kontrolle war es getan).
Keine Medikamente, keine Bestrahlung - der Hautkrebs war besiegt.
Bei der Ehefrau meines Freundes war es ganz anders. Ihr ständig größer werdender Gewichtsverlust ergab nach mehreren Untersuchungen die Diagnose "Lungenkrebs in weit fortgeschrittener Entwicklung". Sie wartet, recht fatalistisch gestimmt und mit tiefschwarzem Humor gesegnet bei nicht eingestelltem Zigarettenkonsum in einem Hospiz auf ihren Tod und hofft nur noch, dass die Palliativmedizin ihr die Schmerzen erspart.
Das ist so etwas wir ein Spannungsbogen zwischen relativ harmloser und tödlich verlaufender Krebserkrankung.
Deiner Schilderung kann ich nicht entnehmen, wo Dein Leiden anzusiedeln ist.
Sie, Deine Schilderung, kommt mir, ich sagte es schon, zu klischeehaft und beinahe steril rüber.
Ich weiß nicht ob es reicht, dem Schicksal den Stinkefinger zu zeigen; weiß auch nicht, ob Humor in jeder Lebenslage hinreicht. Ich wünsche Dir gute Ärzte und eine gute Zukunft!
Herzliche Grüße,
Heinz
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Alt 29.06.2022, 17:36   #8
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Aus Deinem Gedicht geht nicht hervor, in welchem Lebensalter Dich das Untersuchungsergebnis überrollt hat, auch von der Art des Krebses erfahren wir nichts.

Das Alter der Autorin geht aus ihrem Profil hervor. Und im Gedicht steht klar, dass es sich um Brustkrebs handelt. Auch schreibt sie von einer Operation.

Ich verstehe den Text so, dass die Angst, die Krankheit sei noch nicht restlos besiegt oder könne wiederkommen, an der Autorin nagt, ebenso wie die Auseinandersetzung mit den Narben, die offensichtlich ein Gefühl des Entstelltseins bei ihr ausgelöst haben. Es geht also nicht nur um das körperliche Leiden, sondern um tiefsitzende psychische Wunden, die sie versucht hat, in ihrem Text abzuarbeiten. Derartige Eingriffe können einen Menschen für lange Zeit traumatisieren. Manchmal muss man auch zwischen den Zeilen lesen.
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Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.06.2022, 18:25   #9
männlich Heinz
 
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Die Zurechtweisung geschieht mit Recht und ich gestehe, die nötige Sorgfalt vergessen zu haben.
H.
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Alt 30.06.2022, 23:10   #10
männlich dr.Frankenstein
 
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also bis durchnässt finde ich es ganz gut.
Danach könnte die Geschichte noch irgendwie anders weitergehen.
Der Flamingo kommt mit dem Boot und das Boot is ein Krankenhausbett
und der Mittelfinger is ja dann, der Mittelfinger Fuchspfote.
Wenn der Fuchs was zerkaut, dann knirscht das auch so schön.
Die Krebsschale knacken.

Ich meine das Ende is nich so wie der Anfang.
das klingt so als is der jenige der das erzählt, nich überzeugt davon.

aber bis durchnässt, isses dann ja eine Reise.
Und Odyssee benutzt heute eh keiner mehr im Sinne von Odysseus.
dr.Frankenstein ist offline   Mit Zitat antworten
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