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09.10.2012, 17:42 | #1 |
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Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
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Great Events
Die sogenannten Great Events und Bob Dylan waren abgesehen von seinem legendären Auftritt mit George Harrison und Eric Clapton beim „Concert for Bangla Desh“ 1971 immer eine gewagte Angelegenheit, etwa sein Auftritt auf dem „Isle Of Wight“ Festival zwei Jahre zuvor, wo er mit angezogener Handbremse spielte.
Irgendwie schienen ihm derartige Massenveranstaltungen und Aufläufe kein Behagen zu bereiten, was eine unbewusste(?) künstlerische Verweigerung mit sich bringen konnte. So geschehen und gesehen 1985 bei Geldofs „Live-Aid“ Spektakel, weltweit per Satellit im Fernsehen übertragen. Nach zum Teil brillanten Gigs so gut wie aller Größen der Rockmusik sollte Dylan die Mammutveranstaltung ehrenhaft und würdevoll abschließen. Wer sich freilich Backstage mit Keith Richards und Ron Wood von den Rolling Stones die lange Wartezeit vertreibt, braucht sich nicht allzu sehr zu wundern, wenn er den Bühneneingang nicht mehr findet. Und so geisterten schließlich drei ganz in weiß gewandete, schräge, zerrupfte und sturzbesoffene Gestalten vor ein zighundert Millionen Publikum und schrammten ein paar chaotische Lieder runter, ohne dabei besonders darauf zu achten, was der andere grade so tut. Richards befand sich unüberhörbar in einem Stoneskonzert, Ronny suchte verzweifelt seine Saiten und Dylan krächzte und nölte, dass es einem die Ohren schraubte und mir die Schuhe ausgezogen hätte, wäre ich nicht barfuss und schlaftrunken in den frühen Morgenstunden vor der Glotze gehockt um ihn nicht zu verpassen. Aber wie immer und üblich passte die Angelegenheit perfekt zu meiner damaligen etwas orientierungslosen Lebenssituation. Auf den ersten Blick erschienen seine Schlussakkorde bei der denkwürdigen „30th Anniversary Celebration“ im Oktober 1992 zum Erscheinungsjubiläum seiner ersten Platte nicht recht viel hoffnungsvoller. Damals war der Mann grade mal einundfünfzig Jahre jung. Was hatten sich alle bemüht, ihm zu Ehren ihr Bestes und seinen Songs Gestalt und Seele zu geben von Johnny Cash bis Neil Young, als in feierlichen Smoking gepackt ein mehr oder weniger abgewrackter alter Mann ins Rampenlicht des Medison Square Garden stolperte, um zum krönenden Abschluss der Geburtstagstorte das Sahnehäubchen draufzusetzen, wie natürlich von aller Welt sehnlichst erwartet. Wer da aber gleichgültig seine Edelgitarre rupfte und unerbittlich schräg sang, war nicht der ehrenwert legendäre Mr. Bob Dylan, sondern ein heruntergekommener Wandermusiker, den sie grade eben mal von der Straße geholt, flüchtig gekämmt, zurechtgemacht und in teure Klamotten gehoben hatten. Mit verkniffenen Augen musterte er die brodelnde Menge, als hätte er nie zuvor dergleichen gesehen und legte ungerührt los. Damals habe ich etwas begriffen. Gute perfekte Musik hatte man an diesem Tag wahrlich und zur Genüge zu Ohren bekommen, die Message aber war wie gehabt, ein wenig Nostalgie, ein bisschen frischer Wind, ab und zu ein dynamischer Highpoint, alle waren sie glücklich und zufrieden. Alle bis auf die bemitleidenswerte Sinnead O Connor, die gnadenlos von der Bühne gebuht worden war, offenbar weil sie kurz zuvor im TV demonstrativ ein Papstbild zerrissen hatte -so ganz kam ich nie hinter die Ursache dieser harschen Publikumsreaktion- und Herrn Robert Alan Zimmerman, dem das Ganze sichtlich zu schön und nichtssagend geraten war. Der sich instinktiv auf seine Wurzeln besann, seine vergilbte Hommage an sein großes Vorbild Woody Guthrie aus der Mottenkiste hervorkramte und auf erbarmungslose Art und Weise präsentierte, als kratzig raue löchrige Ballade, die nach abgestandenem Whiskey, altem Schweiß und dem Staub der Straße klang, nach bitterer Verzweiflung und ernüchterter Hoffnung, sprich gnadenlos authentisch und unmittelbar. Ich erlebte ihn selten so überzeugend wie in jener Nacht. |
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