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| Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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#1 |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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sich selbst unterjochen, das scheitern versprochen
das herz nicht erreichbar für lebensgenuss dem bild nicht entsprochen, die träume zerbrochen die lippen gefühllos für jedweden kuss vom schicksal erbrochen, nach unrat gerochen ein kopf fasst zerrüttet den letzten entschluss zuletzt nur gekrochen, der wille gebrochen ein finger am abzug kein abschied ein sch(l)uss |
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#2 |
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Hallo LadyAdunaic,
huiuiui das geht ganz tief. Da braucht man nach den paar Zeilen erstmal ne Verschnaufpause. Hast du meisterinnenhaft konstruiert. Respekt. Freundliche Grüße, Travis Beamer |
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#3 |
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Hallo LadyAduniac,
hier wollte ich nicht einfach nur vorüberlesen, sondern auch ein paar Zeilen dalassen. Ich finde nämlich den Aufbau bemerkenswert: Der Text handelt vom Zerbrechen eines Menschen. Es beinhaltet nur einen zentralen Satz: "Ein Kopf fasst [-] zerrüttet [-] den letzten Entschluss." Ansonsten sind nur unvollständige, gebrochene Sätze enthalten. Alles ist klein geschrieben, um auf das völlig erniedrigte Ego hinzuweisen. Von Strophe zu Strophe mehren sich die Umbrüche und brechen den Text förmlich in immer kleinere Teile. (ge-|zer-|er-)brochen bildet ein zentrales Reimwort in seinen Varianten. Die Wiederholung in den Varianten verstärkt den Effekt. Jede Strophe endet mit "schluss" oder (anfangs) einem Reim darauf. Als Rhythmus hast du den Amphibrachys gewählt, der wie ein letztes Aufbäumen zum unvermeidlichen Ende hin abfällt. Dabei endet jede Strophe betont. Da ist kein sanftes Ende mehr, sondern nur noch "sch(l)uss". Stilistisch greift hier wirklich eines ins andere. Sehr gut umgesetzt! ![]() Freundliche Grüße von Stachel |
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#4 |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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@TravisBeamer: Da ich weiß, wie selten du kommentierst, weiß ich auch, wie sehr das jetzt von Herzen kam
Hab ich mich zutiefst übermäßig drüber gefreut!@Stachel: Das war das erste Mal, dass ich mal etwas mit der "Optik" experimentiert habe. Am Ende hat es sich gut und richtig angefühlt und auch ausgesehen, aber wirklich Ahnung von dem was ich da tue, habe ich noch nicht immer zur Gänze. Von einem versierten Schreiber und Gedichtanalytiker wie dir zu lesen, dass das Experiment geglückt ist, freut mich immens und lässt das Hirn rattern, was es noch für Möglichkeiten zum Ausprobieren gibt. Danke dir!! |
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#5 |
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Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 62
Beiträge: 2.124
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... passt super zu meinen dunklen Träumen.
Wobei hier zwei Vierzeiler einfach komisch umgebrochen wurden. Weiß nicht, wie es anders optisch wirken würde, mich stören die vielen Leerzeilen dazwischen. Der Inhalt ist ok. wsT dT |
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#6 | |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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Zitat:
Zerbröselte Scherben. Seele kaputt. Nix fügt sich mehr zusammen, sondern driftet immer weiter auseinander. Muss natürlich in dem Stil nicht jeden ansprechen, auch verständlich
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#7 |
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eindrucksvolle Zeilen, die sich lesen, als steckte das LI in einer tiefen Depression.
Liebe Grüße Silver |
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#8 |
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Chapeau, das ist wirklich gelungen. Ich mag, wie die Form den Inhalt trägt, sich immer weiter verkürzt von Strophe zu Strophe. Fast fühlbar ist, wie dem Lyrich die Luft zum Leben ausgeht. Die Auflösung in nur zwei Worten trifft bis ins Mark.
Sehr gern gelesen, Dankeschön. |
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#9 |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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Hallo Silver & Poetress, über eure positive Rückmeldung zu meinem kleinen Experiment freue ich mich riesig, nicht nur darüber, dass es "optisch" passt, sondern vor allem darüber, dass es emotional ankommt.
Dankeschön für eure Kommentare! |
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#10 |
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Dass man alles klein schreibt, um auf das erniedrigte Ego hinzuweisen, habe ich so noch nicht gehört. Schließlich gibt es viele, die ihre Gedichte immer in Kleinschreibung verfassen.
Also die Erklärung überzeugt mich jetzt nicht wirklich. |
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#11 |
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Wow, LadyA!
Das ist einmal eine ganz andere Art Gedicht als wir es sonst von dir gewohnt sind. Und es steckt voller Gefühl - bzw. der Leser im Anschluss. ![]() Ich kann dich für dieses "Experiment" nur loben (inklusive Kleinschreibung und fehlende Interpunktion, die alles scherbenhaft erscheinen lassen)! LG Norbert |
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#12 | |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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Zitat:
Andere Schreiber mögen andere Gründe haben. @Norbert: immer mal was anderes! Ich will dich doch bei Laune halten ![]() Sehr cool, dass es so gut bei dir ankommt! |
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#13 | |
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Zitat:
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#14 |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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Ok, aber wenn man Kleinschreibung benutzt, hat das ja definitiv einen Grund. Was hättest du in diesem Gedicht als plausible Erklärung angesehen?
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#15 |
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Forumsleitung
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Hier muss ich Silbermöwe beispringen: Kleinschreibung als Hinweis auf das Pejorativ des Protagonisten ist ein zu schwaches Stilmittel, um solchermaßen ausgelegt zu werden. Viele Autoren bedienen sich aus purer Überzeugung der Kleinschreibung, ohne Interpretationsabsichten hineinzulegen oder andere gewichtige Gründe dafür zu haben. Sie orientieren sich einfach an anderen Sprachen, in denen die Kleinschreibung üblich ist.
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#16 |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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@Ilka: Erstmal bin ich ja ich und nicht andere. Ich habe mir was dabei gedacht. Wäre das Gedicht normal aufgebaut gewesen, wäre das Stilmittel allein sicher etwas "mau" gewesen.
Da aber der komplette Aufbau recht speziell ist, finde ich persönlich dieses Stilmittel hier gar nicht schwach, sondern sehr passend. Welche Wirkung das auf welchen Leser hat ist natürlich typabhängig. |
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#17 |
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Aus der grafischen Lyrik kennt man, dass die Form den Inhalt trägt. Ich finde es hier schlüssig umgesetzt. Das Leben verläuft für das Lyrich gleichförmig ohne Höhen und Tiefen. Es fühlt sich fortwährend klein. Das findet sich in der Kleinschreibung wieder.
Am Ende ist es Sache der Autorin, wie sie es empfindet. |
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#18 | |
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Forumsleitung
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Sehe ich nicht so. Für mich stecken in dem Text jede Menge Höhen und Tiefen. Sich selbst zu unterjochen, Träume zu entwickeln und zerschellen zu lassen, sein Herz gegen Gefühle zu verschließen und sich dem Lebensgenuss zu verweigern zeugen von viel auf sich selbst gerichtete Aggression, und darin liegen durchaus "Action" und Wille. Das ähnelt manisch-depressiven Schüben. Auch dazu, sich letztendlich das Leben zu nehmen, gehört ein Wille, denn von alleine löst sich der Schuss nicht.
Zitat:
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#19 |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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@Ilka: In dem Text entwickelt sich gar nix mehr nach oben, alles ist zerbrochen, es geht nur noch abwärts. Das man Träume haben muss, damit sie zerbrechen können, ist klar. Hier ist aber nur noch vom traurigen Finale die Rede.
Ja, die Interpretation der Kleinschreibung kam ganz flott von Stachel. Hätte ich mir was anderes dabei gedacht, hätte ich widersprochen. Diesen Aufbau/Optik findet man in keinem einzigen meiner anderen Gedichte, hier also sehr bewusst eingesetzt. Aber ich will da gar nicht groß drüber diskutieren, die einen erkennen sofort die Intention, die anderen fühlens nicht so, ist doch völlig in Ordnung.
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#20 | |
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Forumsleitung
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Zitat:
Erfahrene Literaten und Künstler verteidigen ihre Werke deshalb nicht, sondern nehmen Meinungen und Kritiken interessiert und kommentarlos auf. Denn ein Kunstwerk zu interpretieren und zu kritisieren ist ebenfalls ein schöpferischer Akt. Um Missverständnissen zuvorzukommen: Es geht mir nicht darum, meine Meinung als die einzig richtige durchzusetzen, sondern um das allgemein ungeschriebene Gesetz in der Welt des kreativen Schreibens. Dort gilt, dass nicht der Autor der Mittelpunkt der Betrachtung ist, sondern das Werk, gefolgt vom Erzähler des Werks (nicht identisch mit dem Autor, außer in einer Ich-Erzählung!), danach vom Leser und erst an letzter Stelle der Autor (wenn überhaupt). Kein Leser ist verpflichtet, einen literarischen Text so zu verstehen und zu interpretieren, wie ihn der Autor selber sieht. Profis wissen das. |
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#21 | |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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Zitat:
Bei dem einen kommt meine Intention an, bei den anderen gar nicht und beides ist völlig in Ordnung. Von einem Basta steht da nix. Dennoch finde ich, dass das Kleinschreibungsthema eigentlich ausgeschöpft ist. Wer noch nen Input dazu hat: Natürlich immer gerne her damit! Und davon ab liebe ich andere Interpretationen.
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#22 |
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Hallo LadyAdunaic,
ich bin ziemlich angetan von dem Text. Überhaupt ist es bei dir so, dass du scheinbar spielerisch mit Sprache umgehst. Die Worte fließen, der Inhalt ist vielfältig. Es macht einfach Spaß. Dieser Text hier ist allerdings harte Kost und thematisch ein Schlag in die Fresse. Und das meine ich positiv. Er überrascht. Ob die Worte groß oder klein geschrieben werden, ist mir in dem Fall egal und den Bezug zum sich klein fühlenden lyrischen Ich hätte ich wohl nicht gesehen. Aber nochmal deutlich: Ich find die Zeilen Klasse Grüße |
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#23 | |
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Dabei seit: 10/2024
Ort: mittig und großstadtnah
Alter: 42
Beiträge: 266
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Zitat:
So ein Lob hört doch jeder gern! |
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#24 | |
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Zitat:
Darüber hinaus ein bewusster Bruch mit traditionellen Normen und Konventionen, visuelle Ästhetik durch Minimalismus und fließende Typografie, sowie die Thematisierung der Demokratisierung der Sprache zur Auflösung von Hierarchien. Einflüsse aus Popkultur und digitalen Medien, psychologische Intimität und persönlicher Ausdruck ergänzen dieses Bild. Zudem eine Reaktion auf den Sprachwandel und die Globalisierung, unterstützt durch technologische Einflüsse, die experimentelle Textgestaltungen ermöglichen. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass in der modernen zeitgenössischen Lyrik im deutsch-österreichischen Raum (aber auch international!) vieles komplett kleingeschrieben wird, um individuelle und gesellschaftliche Exkurse innovativ und dynamisch auszudrücken. Ulf Stolterfoht geht diesen Dingen beispielsweise doch sehr satirisch auf den Kern. Wie ich finde, sieht man die Wirkung einer konsequenten Kleinschreibung auch bei Daniela Seel in "alle wetter, ein weißer schimmel". |
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#25 |
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Forumsleitung
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Na ja, wir können ja wieder ins Mittelalter zurückfallen, und im Anschluss daran an die Zeit der Kleinstaaterei, als es zwar zahlreiche deutsche Dialekte, aber noch kein Deutschland und keine deutsche Hochsprache gab.
Im frühen Mittelalter schrieb man die Sätze durch, ohne Leerzeichen und Interpunktion. War eine irre Leseleistung des Gehirns, Inhalte schnell erfassen zu können, wenn man erst einmal rausfinden musste, wo ein Wort komplett war und das nächste begann. Mit einer derartigen Exklusivität kann man sich natürlich eine kleine Schicht von Elite heranzüchten. In späteren Zeiten schrieben die Menschen, soweit sie des Lesens und Schreibens kundig waren, wie sie wollten - klein, groß (je nach Wichtigkeit der Wörter), zusammen, auseinander, mit oder ohne "th" oder einfach nur nach Gehör. Nach Dialekt sowieso. Hauptsache, die Botschaft kam an. Immerhin hatte man herausgefunden, dass Räume zwischen den Wörtern und der Gebrauch einer Interpunktion das Lesen erleichtern. Und schließlich kam man auch auf den Trichter, dass es von großem Nutzen ist, die deutsche Sprache so zu vereinheitlichen, dass sie jeder, von der Nordsee bis zu den Alpen, versteht. Der nächste Sprung war die Schulpflicht für Kinder, um ihnen Lesen und Schreiben beizubringen, d.h., diese Exklusivität für die obersten Schichten mit ihren Privatlehrern wurde "demokratisiert", als noch niemand dieses Wort kannte. Komischerweise fand dieser Prozess zu einer Zeit statt, als man die Kinder lieber in der Frühindustrialisierung in den Fabriken verheizen wollte (und leider auch tat). Der Zugang, den wir mittlerweile zu Bildung haben, ist ein Privileg. Wer sie nicht nutzt, ist mitnichten ein Rebell gegen "Hierarchien" und "Macht", sondern ein Dummkopf. Das Thema "Kleinschreibung" verfolgt mich seit den 70er Jahren. Damals gab es einen Schriftsteller, der einen Roman in Kleinschreibung verfasste. Ich hatte den Roman gelesen. Die Kleinschreibung hat den Inhalt nicht sonderlich interessant gemacht, keine Ahnung mehr, um was es ging. Ich weiß nur noch, dass mich das Buch gelangweilt hat. Aber ich war aufgeschlossen gewesen und hatte es ausprobiert. Brauche ich aber nicht nochmal. Und dass diese Erfahrung etwas mit dem Aufbrechen von Hierarchien zu tun gehabt haben könnte, leuchtet mir bis heute nicht ein. Deutsch war einmal eine fein durchdachte, orthografisch und grammatikalisch gut durchdachte und logische (logos= gr. "Wort") Sprache, die kaum Missverständnisse zuließ. Was inzwischen damit angestellt wird, ist zum Verzweifeln. Ich sehe darin keine Rebellion gegen Hierarchien, sondern eine Selbstaufgabe. Am Smartphone zu daddeln und seine Daten überall abzusetzen, um sich vermeintliche Vorteile zu verschaffen, ist zur wichtigsten und sprachärmsten Kommunikation geworden. Schön für alle, die mit Apps- und Payback-Angeboten Menschen dazu bringen, kostenlos ihre Daten preiszugeben, denn damit lässt sich dickes Geld verdienen. |
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