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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy. |
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29.11.2012, 03:23 | #1 |
4 Strophen F.H.
Zwei Mädchen, eines fleißig, schön,
das andre hässlich und bequem, sind Stiefgeschwister. Eignes Blut der Mutter ist die faule Stut. Sie wird gehätschelt und hofiert. Von beiden Frauen malträtiert hingegen wird das hübsche Kind, das emsig putzt, am Brunnen spinnt. Und einmal fällt vom Brunnenrand hinab, aus glitschig blutger Hand, die Spule ihm, versinkt im Born. Da weint es, bangt vor Mutters Zorn. Und wirklich, Mutter schreit, so lauf, du dummes Ding und hol sie rauf. Da springt das Kind ins Wasser, sieht nur, wie ihm das Bewusstsein flieht. |
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29.11.2012, 10:18 | #2 |
Falsche Moral
Die letzten zwei Zeilen könnten auch...
Da nahm das Kind ein Stöckchen fein Schlug heftig auf die Mutter drein. Das wären auch vier Strophen, nun aber mit einem Happy Ending. Ein bißchen Hollywood kann ja nicht schaden. Hübsch. |
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29.11.2012, 14:14 | #3 |
Hallo Zajo Zitzke,
guter Einfall für ein modernes Ende. LG gummibaum |
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30.11.2012, 23:17 | #4 |
verlängert:
Zwei Mädchen, eines fleißig, schön, das andre hässlich und bequem, sind Stiefgeschwister. Leiblich Brut der Mutter ist die faule Stut. Sie, die schmarotzt, wird noch hofiert, das gute Kind ist stets traktiert, muss als die Stiefdirn Arbeit tun, derweil die andern beiden ruhn. Oft sitzt die Dirn am Brunnenrand und spinnt mit blutig roter Hand, dann wäscht sie stets die Spule rein, doch einmal fällt das Ding hinein. Sie beichtet es gleich schuldbewusst, es ist ein winziger Verlust, doch Mutter schreit empfindlich auf, du dummes Ding, lauf, hol sie rauf! Da springt sie verzweifelt und fällt durchs Brunnenloch zur Unterwelt. Und als aus Ohnmacht es erwacht, da ist es hell, die Sonne lacht. Von Blumen ist besät das Land, ein Ofen backt am Wegesrand und krosses Brot brüllt, Mädchen, renn und zieh mich raus, eh ich verbrenn! Da packt das Mädchen, hilfsbereit, gleich einen Schieber und befreit das heiße Brot. Am Wegessaum steht nun vor ihm ein Apfelbaum. Der ist mit Äpfeln voll behängt und jeder Apfel säufzt bedrängt, oh, Mädchen, schüttle nur den Stamm, wir sind längst reif und überstramm. |
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30.11.2012, 23:32 | #5 |
Bin gestern im Internet auf ein Buch mit gereimten Märchen der Brüder Grimm gestoßen. Ist von Cornelia Boese (Würzburg), heißt "Der Glückspilz". Es gibt als Leseprobe einen Ausschnitt aus ihren "Bremer Stadtmusikanten". Sehr gut, wie ich finde.
LG gummibaum |
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01.12.2012, 08:52 | #6 |
Hallo, Gummibaum,
Eine Seelenverwandte sozusagen. Dass immer einer vor einem dieselbe Idee hatte, daran habe ich mich längst gewöhnt. Immerhin fanden ihre Gedichte einen Verlag- klar, hier kommt es zur "vorgeschobenen" Mitbeteiligung, sprich Auslese per Geldbeutel, Freiheit der Kunst ist eine Farce, wo das Geld regiert, beherrscht es auch die Literatur und die vor allem. Man fragt sich, wozu es Verlage gibt, wenn sie nur Zahlungsfähige verlegen und erst mal kräftig abkassieren, um sich abzusichern wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen auch. Immerhin ist es das Produkt von Arbeit, das sie da unter Umständen gewinnbringend auf den Markt werfen können, eigentlich sollten sie dafür bezahlen. Verkehrte Welt. Und Deine Gedichte wären ein Büchlein wert. Seufz, na, dann lass mal schneien, wir werden es nicht ändern. Müden Gruß Desperado |
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01.12.2012, 22:25 | #7 |
Dabei seit: 09/2012
Ort: Einfach geradeaus und dann links abbiegen.
Alter: 56
Beiträge: 562
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Hallo, gummibaum,
ich habe auch mal nach gereimten Märchen gegoogelt, allerdings sind deine Märchen eben typisch, sozusagen à la gummibaum, mit einer humorvollen Note, die mir sehr gut gefällt. Und ich finde, dir gelingt auch das wirkliche "Verdichten" gut, denn du schaffst es, die Geschichte zu erzählen, aber im Vergleich zu Märchengedichten von anderen Autoren lässt du viel mehr weg - ohne dass etwas fehlt. Jedenfalls, ob sie nun als Buch erscheinen oder nicht: Du hast ein paar treue Leser, die sie genießen. Und ich denke, dass sie gefallen und gelesen werden, das ist das Wichtigste. Freundlichen Gruß, Poetibus |
03.12.2012, 10:09 | #8 |
abgemeldet
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Lieber Gummibaum,
fantastisch verdichtet, wie immer. Hervorragend. Frau Holle verlangt dir da so einiges ab, das Märchen bedarf weiterer Srophen aber das schaffst du mit links, das weiß ich. Derweil liebe Grüße, Carina |
04.12.2012, 01:20 | #9 |
Tausend Dank für liebe Worte!!! Ich habe ein bisschen angestrickt:
Zwei Mädchen, eines fleißig, schön, das andre hässlich und bequem, sind Stiefgeschwister. Eignes Blut der Mutter ist die faule Stut. Sie, die schmarotzt, wird weich hofiert, die Stiefdirn aber hart traktiert, muss sklawisch all die Arbeit tun, derweil die andern beiden ruhn. Oft sitzt sie müd am Brunnenrand und spinnt mit emsig wunder Hand, wäscht dann die blutge Spule rein, doch einmal fällt das Ding hinein. Gleich beichtet sie es schuldbewusst, es ist winziger Verlust, doch Mutter schreit hysterisch auf, du dummes Ding, lauf, hol sie rauf! Da springt die Dirn verzweifelt, fällt durchs Brunnenloch zur Unterwelt. Und als aus Ohnmacht sie erwacht, da ist es hell, die Sonne lacht. Von Blumen ist besät das Land, ein Ofen backt am Wegesrand und krosses Brot ruft, Mädchen, renn und zieh mich raus, eh ich verbrenn! Da packt das Mädchen, hilfsbereit, gleich einen Schieber und befreit das heiße Brot. Am Wegessaum steht nun vor ihm ein Apfelbaum. Der biegt sich, schwer mit Fruch behängt und jeder Apfel säufzt bedrängt, oh, Mädchen, schüttle nur den Stamm, wir sind längst überreif und stramm. Da springt's zu Hilfe, hat gefasst den Baum, schon wackelt jeder Ast und alle Äpfel plumpsen froh ins Gras und sind ein Haufen so. Beim Weitergehn erscheint ein Haus, dort guckt mit Pferdezähnen raus ein altes Weib, das freundlich spricht, tritt ein mein Kind und fürcht dich nicht. Ich bin Frau Holle, bleib bei mir, im Hause geb ich Arbeit dir. Wirst du mit Fleiß zur Hand mir gehn, so werden wir uns gut verstehn. Vor allem aber sei so nett und schüttel wild mein Federbett. Wenn Federn fliegen weit und breit, sind's Flocken auf der Welt. Es schneit. Das tat das Mädchen mit dem Ziel, dass dauernd Schnee vom Himmel fiel. Mit Schlitten lief man jedes Mal hinaus und rodelte zu Tal. Doch die Frau Holle sah ihm an, es litt an Heimweh irgendwann. Da sprach sie, Kind, nun darfst du gehn und deine Heimat wieder sehn. Du hast mein Haus stets gut bestellt, schau, dies Tor führt zur Oberwelt. Und wie das Mädchen geht durchs Tor, da bricht ein goldner Guss hervor. Vergoldet ist das ganze Kind, läuft reich beschenkt nach Hause geschwind. Da schallt's vom Dache: Kickrikie! Hurra, es kommt die Goldmarie. |
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04.12.2012, 22:16 | #10 |
fertig:
Frau Holle Zwei Mädchen, eines fleißig, schön, das andre hässlich und bequem, sind Stiefgeschwister. Mutters Blut kreist in der töricht faulen Stut. Und diese wird fürs Gen hofiert von ihrer Mutter. Malträtiert die Stiefdirn, diese muss allein, die ganze Arbeit tun. Gemein! Oft sitzt sie müd am Brunnenrand und spinnt und sticht sich in die Hand, wäscht dann die rote Spule rein, doch einmal, plong, fällt die hinein. Gleich läuft sie heim und schuldbewusst berichtet sie von dem Verlust, da flucht die Mutter ordinär, und fordert, bring sie wieder her! Das Kind springt in den Brunnen, fällt kopfüber in die Unterwelt. Verliert die Sinne, es wird Nacht. Dann wacht es auf, die Sonne lacht. Von Blumen ist bekränzt das Land, ein Ofen backt am Wegesrand und krosses Brot ruft, Mädchen, renn und zieh mich raus, eh ich verbrenn! Da schnappt das Mädchen, hilfsbereit, gleich einen Schieber und befreit das heiße Brot. Am Wegessaum steht nun vor ihm ein Apfelbaum. Der biegt sich, schwer mit Frucht behängt und jeder Apfel seufzt bedrängt, oh, Mädchen, schüttle uns den Stamm, wir sind schon überreif und stramm. Da springt's zu Hilfe, hat gefasst den Baum, schon wackelt jeder Ast und alle Äpfel plumpsen froh ins Gras und sind ein Haufen so. Beim Weitergehn erscheint ein Haus, dort guckt mit Pferdezähnen raus ein altes Weib, das freundlich spricht, tritt ein mein Kind und fürcht dich nicht. Ich bin Frau Holle, bleib bei mir, im Hause geb ich Arbeit dir. Wirst du mit Fleiß zur Hand mir gehn, so werden wir uns gut verstehn. Und morgens schüttelst du mein Bett an frischer Luft vorm Fensterbrett. Die Federn sollen fliegen weit, dass es auf Erden kräftig schneit. Da bleibt das Mädchen, schüttelt stark das Bett der Alten, weiß wie Quark sind Wald und Feld, die Schlitten ziehn auf eingepackten Wiesen hin. Doch eines Tages wirkt verzagt das Kind, weil es doch Heimweh plagt, da spricht Frau Holle, danke schön für all den Fleiß, nun darfst du gehn. Schau dieses Tor, das führt hinauf, da geh hindurch in munterm Lauf. Und wie das Kind darunter steht wird es mit reinem Gold besät. Und als es heimkommt, Kickrikie! schreit gleich der Hahn, die Goldmarie! Das Kind erzählt, wie ihm geschehn, und ist, da reich, nun gern gesehn. Die Mutter denkt, mein Fleisch und Blut, dem sollte es wohl auch so gut ergehen, spricht zur Faulen dann, schaff du doch auch bei Holle an! Die fackelt drum nicht lang und sticht sich in den Finger, wartet nicht, wirft in den Brunnen gleich das Ding und springt selbst durch den Brunnenring. Ist wirklich auch schon bei dem Brot, das wieder ruft in großer Not, die Antwort ist, ihr könnt mich mal, das Brot verbrennt in großer Zahl. Die Äpfel schreien, junge Maid, nimm dir für uns ein bisschen Zeit, die aber lacht und und schüttelt nicht den Apfelbaum, nur das Gesicht. Ist dann gleich bei der Holle Haus, die pferdezähnig schaut heraus und spricht, schon lechzend nach Gewinnst, nimm mich ins Haus als Pflegedienst. Doch hält sie nur den ersten Tag die Arbeit aus, vom andern Schlag ist dieses Weib, es schneit nicht mehr und Holle ärgert sich nur sehr. Genug, sagt sie, geh durch das Tor, da ist die Hässliche ganz Ohr, denn jetzt kommt Gold, so denkt sie frech, doch nein, es regnet schwarzes Pech. Und von dem Dach ruft, Kickrikie! der Hahn, wie stinkt die Pechmarie! Das Stinkepech, wie sie auch reibt, klebt fest, so lang ihr Leben bleibt. |
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05.12.2012, 12:37 | #11 |
Über die Holle
Ich bin nur einer Mutter Kind, doch die Instanz ist doppelt, die Wesen Gut und Böse sind in ihr fatal gekoppelt. Ich lebe in der Oberwelt, in den bewussten Schichten und spinn, was uns zusammenhält, doch weiß ich’s nie zu richten. In einem unbewussten Land da leben wir Genüssen, und alles geht mir von der Hand, vergoldet sie mit Güssen. Und trägt sie auch ein Raubgebiss noch sichtbar aus der Jugend, ihr Alter macht sie zahm gewiss, weiß streut sie aus die Tugend. |
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05.12.2012, 19:15 | #12 |
Gut Ding will Weile haben!
Das Warten hat sich gelohnt. |
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06.12.2012, 12:21 | #13 |
Hallo, Desperado,
Danke. LG gummibaum |
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