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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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12.02.2015, 11:27 | #1 |
Tiefer Himmel (für Oma)
Tiefer Himmel,
durchbohrt von tausend Ästen; aus seinen Wunden sickern Purpur und frisches Karmesin, mischen sich schon bald in Schlieren unter Auroras frische Linnen – es packt sie der Wind, lässt sie gen Osten ziehn, fort, nun fort von hinnen. Goldene Speere schießen durch den dichten Odem der Nyx, richten ihre Spitzen auf Perlen aus Tau, in denen sie sich brechen: Und tausend Farben schillern nunmehr durch das Rauh. Der tiefe Himmel küsst voll Schmerz und Morgenfrische meine Wangen und legt mein Sehnsuchtsblau an seine Bernsteinketten. Und während sich Aurora neigt und letztes Purpur sich wie Blut in kühle Wellen gießt, ist in mir nichts als Frieden. Und ein Schwarm von Tauben steigt auf – die Welt zu retten... *** Es ist mir klar, dass dieses Gedicht auf manchen Leser sicher überladen und kitschig wirkt. Ich schrieb es an dem Morgen nach dem Tod meiner Großmutter. Sie ist nach Tagen im Koma endgültig von uns gegangen. Und sie sah sehr, sehr friedlich aus. Die Beerdigung steht noch an und ich... muss das ganze verarbeiten. Daher dieses Gedicht. Es musste einfach raus... |
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14.02.2015, 10:48 | #2 |
gesperrt
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Liebe Anouk,
Ein schönes Gedicht! Stillen mitfühlenden Gruß! shoshin |
15.02.2015, 11:49 | #3 |
Danke, liebe Charis!
Inzwischen haben wir alle Abschied von meiner Großmutter genommen. Bei wunderschönem Wetter... Das Gedicht handelt (wobei ich es nicht explizit in Worte gefasst habe) von ihrer Sehnsucht, heim nach Schlesien zu kehren. Ich bin mir sicher, dass sie nun zuhause ist...und das tröstet mich und uns alle. Ich danke Dir sehr für Deine lieben Worte lG Anouk |
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15.02.2015, 12:08 | #4 | |
Forumsleitung
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Liebe Anouk,
es ist zu überlegen, über den Hintergrund einer Gedichtwerdung etwas preiszugeben. Die meisten Leser scheuen vor gewidmeten Gedichten zurück aus Sorge, unbefugte Räume zu entweihen und/oder dem Autor den letzten noch haltenden Zentimeter des Herzens zu brechen, das doch eigentlich der Heilung bedarf. Ohne diesen Hintergrund zu kennen hätte ich allerdings schon die ersten beiden Verse falsch bewertet, und nicht gerade positiv. Zu dramatisch, zu pathetisch, zu martialisch .... Zitat:
Verse, die das Herz (oder die Seele oder beide) wie ein Vulkan ausgespuckt hat. Auf das Gedicht in seiner Gänze will ich nicht eingehen, weil jede Meinung dazu falsch sein könnte. Nur dies: Es ist ein guter Weg, einen Verlust dichterisch zu verarbeiten. Dir als Autorin bleibt erhalten, was Du gefühlt hast. Niemand anders muss es fühlen oder verstehen. Das Feedback wäre aber vielleicht reicher und ehrlicher, wenn Du die Widmung nicht preisgegeben hättest. Lieben Gruß und einen schönen Sonntag, Ilka |
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15.02.2015, 13:40 | #5 |
Hallo ANOUK,
du verfolgst die Farbänderungen sehr aufmerksam. Ich habe etwas Schwierigkeiten, diese vielen Wechsel als eine Sinfonie zu erleben. Eine Vereinfachung habe für mich versucht. Grüße von gummibaum Tiefer Himmel, den die Äste schwer verwundend bluten lassen, bis ein Wind die Wolkenreste weher Nacht vertreibt. Nun fassen rosa Lippen zart den Osten, Sehnsucht und auch Lust zu kosten. Prächtig schillern Tropfenhauben bald im frühen Licht hienieden, und ein Schwarm von weißen Tauben flattert auf und grüßt den Frieden. |
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16.02.2015, 13:48 | #6 |
Liebe Ilka,
ich ahnte, dass sich die Wahrnehmung eines Gedichtes durch den Leser ändert, sowie man erwähnt, dass es sich um ein Widmungsgedicht handelt...das würde mir genauso gehen. Kritik würde weniger harsch ausfallen oder ganz ausbleiben aus den von Dir genannten Gründen. Trotzdem hatte ich mich spontan dazu entschlossen, die Widmung zu erwähnen, mich kurz zu erklären. Vielleicht, weil ich mich selbst derzeit in einem sehr labilen Zustand befand. (Was generell kein guter Zeitpunkt ist, ein "frisches" Gedicht in die Öffentlichkeit zu entlassen). Ich denke rückblickend, hier ging es mir auch weniger um einen Kommentar zu Stil, Inhalt und Form, als vielmehr darum, den inneren Druck loszuwerden. Ich danke Euch, die Ihr kommentiert habt, selbstverständlich für Eure Kommentare und Kritikpunkte, die durchaus nachzuvollziehen sind. Wenn ich mich wieder eingependelt habe, werde ich ggf. Gummibaum es getan hat, versuchen, dem ganzen eine verändert und auch schlichtere Fassung zu geben, wobei ich die Originalfassung für meine Großmutter quasi parallel bestehen lassen werde @Gummibaum Lieber Gummibaum, du hast es mal wieder geschafft, mit viel weniger Worten als ich viel mehr auszudrücken und meine Gedanken in schönere Bilder zu kleiden. Ich bin ( wie üblich) beeindruckt über die Leichtigkeit, mit der Du das schaffst! Deine Version habe ich mit herauskopiert. Sie ist ein wunderbarer Anreiz für mich, eines Tages eine komplette Überarbeitung meiner Zeilen vorzunehmen . Ich danke Dir sehr für Deine Gedanken, die Du meinen Zeilen gewidmet hast und die wunderschöne "Vorlage", wie es wirklich besser sein könnte. lg Anouk |
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24.03.2015, 00:01 | #7 |
Hi! Ich denke, dass "widmungsgedichte" mit denen man ein Gefühl oder ein Geschehnis oder beides verarbeitet wirklich gerne überladen sein dürfen, da sie ja auch Ventil sind und das einen auch sehr dadurch beim lesen mitnehmen kann. Kenne selber so etwas.
Die Stimmung in Deinem Text ist aber sher friedlich gemalt und hört sich auch nach dem Wunsch nach Versöhnung (mit dem Gedanken einen wichtigen Menschen verloren zu haben) an. Das hast Du schön "gemalt"! Mein aufrichtiges Beileid! Bester Gruss Krypto |
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25.03.2015, 17:20 | #8 |
R.I.P.
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Ich schließe mich Kryptonit an, liebe ANOUK.
ich habe selbst viele Gedichte gewidmet und nicht nur Abschiedsgedichte wie Deines. Ich weiß nicht, ob man - wie Ilka anmerkt - dann "milder" kommentiert, kann es aber verstehen. Bei Deinem Gedicht sind mir manche Bezüge nicht ganz klar (z.B. die rettenden Tauben, Friedenstauben?), aber ich finde es schön und intensiv. Mit dem jetzt bekannten Hintergrund wirkt es noch intensiver, v.a. die ungestillte Sehnsucht nach der unwiederbringlich verlorenen Heimat. Abgesehen davon liebe ich Pathetik. Freundlichen Gruß von Thing PS Ein Daumen hoch! für das Rauh! |
27.03.2015, 20:14 | #9 |
@ Thing
Hallo Thing, gerade finde ich per Zufall Deinen Kommentar. Danke fürs Lesen und die Auseinandersetzung mit meinem Gedicht. Ja, die Tauben sollen etwas "Friedliches", Versöhnliches haben. Oft sah ich das Motiv einer Taube auf einem Grabstein, manchmal sogar metallene Tauben auf einen Naturgrabstein montiert. Ich sah oft Tauben am Haus meiner Großeltern, es schien, sie pickten Omas Saat aus der Erde. Es war mir so ein geläufiges Bild, die auffliegenden Tauben, dass ich es irgendwie literarische verarbeiten wollte. Ich habe dieses Gedicht spontan und rein intuitiv niedergeschrieben , somit wundert es mich nicht, wenn manche Bezüge für den Leser ggf nicht ganz klar sind .. lG Anouk |
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