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24.09.2024, 18:48 | #1 |
Darf jeder lesen
Mein liebes Curdchen….
…als du vor fast hundertneun Jahren das Licht der Welt erblicktest, hatten deine Eltern vielleicht schon so eine gewisse Vorahnung, dass aus dir kleinem Kerlchen mal etwas Großes werden könnte. Mit fünf Vornamen hatten sie dich bedacht und wenn man von dem Familiennamen den letzten Buchstaben wegließe, könnte man ihn glatt noch als sechsten durchgehen lassen. Curd Gustav Andreas Gottlieb Franz Jürgen(s). Besser bekannt als Weltstar, Theater- und Filmschauspieler, Regisseur, Autor und Sänger Curd Jürgens. Brigitte Bardot verpasste dir noch den Beinamen: „Normannischer Kleiderschrank“. Klar bei 1,93 Meter Größe. Als Lebemann wurdest Du hin und wieder bezeichnet, aber auch als guter Mensch, u.a. von deiner Stieftochter Miriam Duncan, geb. Schmitz. Ihre Aussage: „Für mich war er viel mehr als das, für mich war er ein Freund“. Ihre Mutter, Margie Schmitz (1941-2003) war deine fünfte und letzte Ehefrau. Du liebtest das Luxusleben, leider auch den Alkohol. Es gab Eskapaden und hättest von dir selbst behauptet : "Ich hab' nichts ausgelassen“. Deine Stimme hätte immer so geklungen, als würdest du jeden Morgen mit Reißnägeln gurgeln. Warum beschäftige ich mich mit dir? Das kam so: Etwa Mitte der fünfziger Jahre sprach sich in den drei kleinen Dörfern Hetzdorf, Silberthal und Droschka – circa siebzehn Kilometer von Jena entfernt – herum, dass in D. im Saal des einzigen Gasthauses ein Film „Haus des Lebens“ gezeigt wird, in dem Du und Judith Holzmeister, deine spätere Ehefrau, mitwirkten. Eigentlich spieltest du nur eine kleine Nebenrolle. Wahrscheinlich kannte Euch keiner, aber…ihr hättet ab neunzehnhundertfünfundvierzig bei der Familie Schmidt in Hetzdorf gewohnt und es war die Rede von zwei Jahren? Die Menschen strömten wohl eher aus Neugier in den Saal. Ich fragte mich oft, ob wir uns seinerzeit zufällig mal über den Weg gelaufen sein könnten, denn ich – siebenjährig – wurde mit meiner Familie im Herbst neunzehnhundertfünfundvierzig auf einem Rittergut im Nachbardorf Droschka einquartiert. Kann also nicht sein, denn.. inzwischen habe ich herausgefunden, dass es sich bei deinem Aufenthalt in H. nur um Wochen oder Monate gehandelt haben könnte, kurz vor und nach Kriegsende und es waren noch weitere Künstler dort untergebracht. Und einer besaß sogar ein Auto und Beziehungen für Benzingutscheine hattest du auch. Las ich alles in deiner Biographie. Zumindest telefonierten wir mal miteinander. Das war im Sommer neunzehnhundertsiebzig. Es war einer Zeitung zu verdanken, bei der man von…bis…Uhr anrufen durfte und ich hatte Glück. Ich erinnere mich, dass ich sehr aufgeregt war und als ich Hetzdorf erwähnte, da kam das Gespräch sofort in Gang. Übrigens stehe ich mit Doris, die kurz nach Kriegsende von der Familie Schmidt adoptiert wurde und noch in dem Haus in H. lebt, in dem du einst vorübergehend eine Bleibe gefunden hattest, in Verbindung. Schmidts hatten drei Söhne, von denen einen im Krieg gefallen war. Zu dem Zeitpunkt, als du dort warst, war ein Sohn – Musiker - noch vermisst, aber er kam dann wieder nach Hause. Der jüngste Sohn – Kurt – war Metzger von Beruf und bekam von den Dörflern den Spitznamen „Sautot“. Die DVD „Haus des Lebens“ kaufte ich mir mal vor einigen Jahren. Ich wollte mich nur mal wieder erinnern. Ich zitiere noch etwas aus dem Internet: Curd Jürgens hatte etwas ganz bestimmt nicht, was ihm von Leuten, die ihn nicht kannten, sicher unterstellt wurde: er hatte keine Starallüren! Im Gegenteil, es machte ihm Spaß, sich selbst auf den Arm zu nehmen, und er genoss es, wenn Menschen aus vermeintlich gebotenem Respekt vor dem großen Weltstar sich nicht trauten, ihm etwas Unangenehmes zu sagen oder gar Vorhaltungen zu machen, wenn ihm etwas mal nicht gelungen war. Curd Jürgens entkrampfte solche Situationen immer mit seiner entwaffnenden Offenheit und Direktheit. |
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