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08.08.2024, 17:58 | #1 |
Forumsleitung
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Backstory aus Entenhausen
Hinz und Kunz und ihre Mitmenschen – von Großvätern und Großmüttern bis zu den Enkelkindern – kennen die Geschichte von Dagobert und Donald aus Entenhausen: Dagobert ist alt, stinkreich und knausriger als Mister Scrooge, Donald nicht arm im Sinne von bedürftig, aber einer, der sich täglich nach der Decke strecken muss.
Beide sind verwandt, und da stellt sich die Frage, wieso der vielfache Millionär nicht einen Teil des Geldes, das er in seinem hohen Alter nicht mehr auf den Kopf hauen kann, seinem Neffen Donald vermacht. Zumal dieser die Kinder seiner verschwundenen Schwester Della in seine Obhut genommen hat. Statt dessen macht sich der Alte auf vornehme Art, immer mit schwarzem Zylinder, Gamaschen und Gehstock ausgestattet, mit seinem rücksichtslosen und zynischen Gebaren bei den Bewohnern von Entenhausen unbeliebt. Dabei gilt als erwiesen, dass Familien, in denen ein Patriarch herrscht und viel an Reichtümern zu verteilen und an Kontakten zu vermitteln hat, eine starke Macht entwickeln können. Angehörige solcher "Big Shots" wissen, was sie ihm an Wohlstand und Stellung in der Gesellschaft zu verdanken haben, und das verpflichtet sie zu absoluter Loyalität. Andererseits weiß der Geldsack, der in einer machtvollen Position steht und ganze Imperien lenkt, dass er auf diese Loyalität angewiesen ist. Aber wo außer in der eigenen Familie kann man mit größerer Sicherheit davon ausgehen, keinen Abtrünnigen in der Garde zu haben? Schließlich ist jedes Familienmitglied derart in ein Geflecht von Abhängigkeiten eingebunden, dessen Fäden der Patriarch in den Händen hält und das kaum jemand anders durchschaut. Wer versucht, sich daraus zu lösen, ist so gut wie tot. Nun könnte man sagen, Dagobert und Donald stehen nur als Metaphern für Kapitalismus versus Sozialismus im Raum. Und da Geld nun mal zu Geld strebt und ein weniger Betuchter immer in den unteren bis günstigstenfalls in den mittleren Sphären der Gesellschaft bleiben wird, kann Dagobert seinem Neffen nicht unter die Arme greifen, ansonsten würde die Ordnung gestört und die Metapher verlöre ihren Sinn. Für einen Kapitalisten besteht eine Welt wie diejenige, in der Donald mit seinen Pfleglingen Tick, Trick und Track lebt, überhaupt nicht – so jedenfalls scheint es die Geschichte aus Entenhausen zu vermitteln. Doch war das immer so? Was könnte in der Vergangenheit geschehen sein, das zwischen zwei so engen Verwandten wie Donald und seinen Onkel Dagobert eine derart scharfe Trennlinie gezogen hat? Weshalb hat es Dagobert versäumt, sich mittels seines Reichtums ein Imperium aufzubauen, anstatt zu einem zynischen Eigenbrötler zu werden? Vielleicht ist es so gewesen: Als junger Mann warb Dagobert vergeblich um seine große Liebe. Sie lachte ihn aus, er sei ein Habenichts, und heiratete den Sohn eines Unternehmers. Dagobert schwor Rache, kaufte von seinem ersten Geld, das er als Auslieferfahrer für einen Lebensmittelgroßhändler verdiente, Aktien und hatte dabei ein glückliches Händchen: Die Kurse stiegen, und die Dividende flossen. Er begann, mit anderen, sensibleren Finanzprodukten zu spekulieren, und erwies sich auch dabei als ein Glückspilz. Nach drei Jahren hatte er genügend Geld, um das am Rande der Pleite stehende Unternehmen des Mannes aufzukaufen, in dessen Tochter er einst verliebt gewesen war. Er bot ihr einen Job als Sekretärin und ihrem Mann die Stelle des Cheffahrers an. Seine Rache machte ihn nicht glücklich, aber sie schmeckte ihm süß. Eines Tages suchte Donald ihn auf und klagte ihm sein Leid: Seine Schwester Della habe ihn vor drei Tagen gebeten, auf ihre Kinder Tick, Trick und Track für ein paar Stunden aufzupassen. Doch als die Zeit um war, sei sie nicht mehr aufgetaucht. Er habe nach ihr gesucht, aber niemand wisse, wo sie ist. Kein Problem, meinte Dagobert, und schaltete die Entenpolizei ein, doch Della blieb verschwunden. Was nun? Auch kein Problem, beruhigte der Alte seinen Neffen, du steckst die drei Kids in ein Heim, dann kannst du weiter deiner Arbeit nachgehen. Für die Heimkosten komme ich auf. Später natürlich auch für die Ausbildung, vielleicht kann ich aus ihnen tüchtige Finanzberater machen lassen. Natürlich übernehme ich auch alle sonstigen Kosten, die du für ihre Erziehung aufzubringen hast. Als Tick, Trick und Track das hörten, flüchteten sie unter Donalds Fittiche. Dem schrillten bereits die Alarmglocken. Er schüttelte den Kopf so heftig, dass ihm der Hals knackte. Niemals, das stand für ihn fest, niemals gebe ich die Kids meiner Schwester in ein Heim! Letztes Wort? Letztes Wort! Dagobert lächelte süffisant. Dann könne er leider nichts für ihn tun. Aber wenn Donald das Wasser bis zum Hals stehe, könne er nochmal zu ihm schwimmen, dann allerdings durch Wildwasser. Tick, Trick und Track feierten ihren Onkel Donald wie den größten Helden aller Zeiten. Und er genoss es. Er war ein bescheidener, kleiner, unbedeutender Gelegenheitsarbeiter, der sich Tag für Tag durchschlug, aber er wurde geliebt. Und er liebte dieses Dreigestirn, das ihm am Hals hing. Derweil nahm Dagobert in seinem Swimming Pool, das bis zum Rand mit Goldmünzen gefüllt war, ein hartes, kaltes Bad. So könnte es gewesen sein. 08.08.2024 |
09.08.2024, 06:30 | #2 | |||||
Hallo Ilka,
eine unterhaltsame, jedoch nicht ganz richtige Analyse, denn einiges aus Dagoberts und Donalds Leben ist bekannt. Ich wusste zwar noch nicht, dass Donald eine Schwester namens Della hat, aber irgendwo müssen seine Neffen ja herkommen. Zitat:
Und er übt durchaus Macht aus. „Machen Sie das, oder ich kaufe den Laden auf und werfe Sie raus!" Das kommt oft in den LTBs vor. Zitat:
Das wusste ich zwar schon, habe aber gerade noch was dazu gefunden: https://www.duckipedia.de/Klondike Aus Frauen macht Dagobert sich übrigens überhaupt nichts, die kosten Geld. Zitat:
Zitat:
Zitat:
LG DieSilbermöwe |
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09.08.2024, 16:43 | #3 | ||
Forumsleitung
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Zitat:
du scheinst dich gut in der Entenhausen-Szene auszukennen. Ich habe dazu so gut wie nicht recherchiert, denn ich wollte nicht die "wahre" Geschichte, sondern meine eigene erzählen. Lediglich aus meinen Erinnerungen habe ich geschöpft, denn in meinen Kindheitstagen habe ich regelmäßig diese Comics gelesen. Zitat:
Für diesen Verlag (vertreibt auch die Asterix-Comics) war ich übrigens in den 90er Jahren mal fast 12 Monate lang freiberuflich tätig. Damals war der Sitz noch in Stuttgart (jetzt ist er in Berlin). Das Personal passte zum Firmengegenstand, das waren ziemlich schräge Gestalten. LG Ilka |
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09.08.2024, 17:16 | #4 | |||
Zitat:
Zitat:
Ich habe auch als Erwachsene noch oft die Comics gelesen, auch wenn ich sie für meine Kinder gekauft habe. Und sogar jetzt schaue ich ab und zu noch rein, ich finde es nämlich interessant, wie die Storys mit der Zeit gehen. Zitat:
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09.08.2024, 17:36 | #5 | ||
Forumsleitung
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Zitat:
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09.08.2024, 17:39 | #6 |
Ach so, jetzt verstehe ich, was du mit dem Imperium meintest. Das ist tatsächlich dann eine gute Frage, warum Dagobert ein Eigenbrötler geworden ist.
Also auch wenn du in dem Verlag nicht künstlerisch tätig warst, hattest du dort bestimmt eine interessante Zeit. Geändert von DieSilbermöwe (09.08.2024 um 22:38 Uhr) |
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09.08.2024, 23:22 | #7 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Der Ehapa-Verlag ist ein reiner Vertrieb diverser Comic-Reihen. In diesem Geschäft beliefert man Buchhandlungen (z.B. in den Bahnhöfen) und Zeitungsläden mit der Anzahl an Heften, deren ungefährer Absatz ermittelt wurde. Die Läden bleiben nämlich nicht auf den unverkauften Exemplaren und somit auf Verlusten sitzen, sondern geben sie an den Verlag zurück. Der sorgt dafür, dass die Hefte eingestampft und als Recycling-Papier in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen. Es geht im Verlag also hauptsächlich um Kalkulations-, Verkaufs-, Vertriebs- und Marketing-Arbeit. Um den Verkauf zu steigern, veranstaltet Ehapa auch hin und wieder Wettbewerbe für Kinder (z.B. Bilder zu einem bestimmten Thema malen) und lobt für die besten Einsendungen Preise aus. Man glaubt nicht, welche Umsätze man mit diesen Heften machen kann. Der Physiker und System-Integrator, der dem Verlag ein Computer-Netzwerk aufgebaut und mich in sein Team geholt hatte, war in der Lage, meine Tätigkeit als seinen persönlichen Service mitanzubieten, also quasi auf seine eigenen Kosten. Er hatte den Auftrag von Ehapa erhalten, weil sein Angebot weit preiswerter war als das von IBM. Trotzdem musste er soviel für seine Arbeit von dem Verlag bekommen haben, dass er sein komplettes Team (außer ihm und mir noch zwei Frauen) davon großzügig entlohnen konnte. Wenn ich heute mit diesem Geschäftszweig zu tun hätte, würde ich mich auf Manga spezialisieren. Die sind der Renner. In Offenbach hat Thalia neben seiner Buchhandlung einen Extra-Laden exklusiv für den Verkauf von Manga aufgemacht. |
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10.08.2024, 09:12 | #8 |
Danke für den ausführlichen Einblick!
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