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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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28.04.2016, 16:25 | #1 |
2 * Wut: Euer Gnaden & Meiner Reiter
Zwei etwas ältere Gedichte zum Thema Wut. Mir fehlt definitiv ein Bereich für Hass und Gedärme.
Euer Gnaden (2010) Knochen, Blut und Eingeweide Sind der Wandschmuck meiner Seele Etwas hast du mir versprochen Dein Versprechen schlicht gebrochen Leblos zuckend Körperteile Kalter Hass zur Zeit der Rache Alles hast du dir genommen Hab nur Reste abbekommen Drück mich nicht mehr in die Enge Du und ich, wir waren Freunde Einer von uns muss nun scheiden Unser Tod nicht zu vermeiden Dieses Spiel hat bald ein Ende Alles, nur nicht meine Ehre Will es endlich ziehen lassen Treibjagd durch die dunklen Gassen Meiner Reiter (2014) Reich der Glut entkrochen Sind meiner Reiter Pferde Reif mit Mut gebrochen Ist meiner Reiter Gerte Heiß die Wut gerochen Ist meiner Reiter Fährte Fleisch und Blut und Knochen Sind meiner Reiter Werte |
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28.04.2016, 18:20 | #2 | |
R.I.P.
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Zitat:
Beides zusammen kenn ich lediglich von den Schenkeln toter Frösche, die mittels galvanischer Ströme o.ä.zum Zucken gebracht werden. Was ist hier gemeint? Die beiden ersten Verse klingen abschreckend. Und Wandschmuck der Seele? Was darf ich mir darunter vorstellen? Ich sehe einen Schlachter am Werk, der unter seinem Beruf leidet. LG Thing |
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28.04.2016, 20:13 | #3 |
Ein Schlachter, der unter seinem Beruf leidet?! Großartig! Ich habe ja schon einige Meinungen über das Gedicht gehört, aber das ist neu. Wobei es gar nicht so weit von der Intention entfernt ist, wenn man nur Schlachter durch Schlächter und Beruf durch Berufung ersetzt. Vielleicht spricht aber auch nur der Metalcore aus mir, den ich in meiner Freizeit mit Passion höre.
Mit den galvanischen Strömen warst du gar nicht soweit weg von dem, was ich ausdrücken wollte. Ich stellte mir einen Angreifer vor, der die Wut in sich nicht zügeln kann, auf sein Opfer losgeht und selbst noch dann sein Opfer in blinder Wut malträtiert, wenn dieses bereits schon tot ist, sodass die Körperteile leblos zucken. Dabei ist das LI hin- und hergerissen zwischen Selbst- und Fremdvorwürfen, zwischen Schuld und Beschuldigung, zwischen Vernunft und Wahnsinn. Ich bilde mir ein, vor Jahren schon mal eine Diskussion über diesen Vers gehabt zu haben. Jemand anderes hatte den Vers so gedeutet, dass damit die Körperteile des Angreifers gemeint sind, die auf das Opfer einschlagen, so als ob sie nicht mehr Teil des restlichen Körpers sind, weil sie dem Rest nicht mehr gehorchen und keiner vernünftigen Grenze zugänglich sind, als ob diese tot seien und von alleine in unkoordinierten Bewegungen das Opfer malträtieren. Ich fand, dass auch das eine sinnvolle Deutung war. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll: Viel wichtiger als das, was ich meinte, ist für mich sowieso, was für eine Deutung mein Leser sich erschließt. Sofern der Inhalt nicht ganz entstellt wird, ist mir jede Deutung recht. |
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28.04.2016, 20:45 | #4 |
R.I.P.
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Das mit dem Schlachter, der leidet, ist soooo abwegig nicht:
Ich kannte persönlich einen Metzger, der nach dem Abi nicht studieren durfte (er wäre gern Musiklehrer geworden), sondern incl. Meisterprüfung von seinem Vater zu dem Beruf gezwungen wurde und auch später die Metzgerei übernahm. Kreuzunglücklich. Ansonsten sehe ich, daß uns Generationen trennen. (Habe jetzt erst Dein Alter bemerkt). Von daher ist es nicht allzu verwunderlich, daß ich Deinem Text eher "fremdelnd" gegenüberstehe. Trotzdem hab ich ihn interessiert gelesen. LG v. Thing |
28.04.2016, 21:10 | #5 |
Hallo Thing,
eventuell mag es sein, dass es eine Generationenfrage ist, vielleicht ist es aber auch eine Frage des sonstigen persönlichen Hintergrundes. Aufgrund meines Musikgeschmacks ist mir diese Form der Ästhetik nicht unbekannt. Darüber hinaus ist (ich weiß, dass Geschlechterunterschiede immer dünnes Eis sind) diese ganze Wutthematik eher ein Männerthema, die sich im Regelfall viel stärker mit physischer Dominanz identifizieren. |
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28.04.2016, 21:22 | #6 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Offen gesagt, sind mir Deine Wutanfälle etwas zu zahm. Wut ist mehr als Zorn. Sie ist blind, kompromisslos und geht notfalls über Leichen. Wut hat auch nichts mit Rache zu tun, denn Rache bricht nicht einfach aus, sondern kommt geplant und kontrolliert. Vielleicht solltest Du Deine Gedichte tatsächlich unter Hass und Rache einordnen, das scheint mir passender zu sein als Wut. Auch die Rachephantasien mit Knochen, Blut, Gedärmen usw. fügen sich da besser ein. Lieben Gruß Ilka |
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28.04.2016, 21:39 | #7 |
28.04.2016, 21:50 | #8 |
Forumsleitung
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Was ich noch sagen wollte: Die beiden Eingangsverse haben Wucht, weil sie in einem starken Kontrast zueinander stehen: Hier die blutigen Innereien, dort die "schmucke" Poesie. Das packt den Leser. Instinktiv hast Du einen starken "MacGuffin" gewält. Es ist wichtig, im Verlaufe eines Textes solche Wachrüttler beizubehalten. Der Leser muss zwar die Chance haben, sich von Paukenschlägen zu erholen, aber nach der Ruhepause muss ihm der Autor den nächsten Paukenschlag versetzen. Gerade bei Hass- und Rache-Themen lässt sich damit gut arbeiten.
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29.04.2016, 10:00 | #9 |
Ein "MacGuffin", ist ja spannend. Davon habe ich vorher noch nie gehört, aber jetzt bin ich im Bilde. Das, was ich darüber gelesen habe, passt, wie ich finde, zwar nicht zu 100%, aber ich verstehe absolut, was du meinst. Gern nehme ich deine Anregung mit, den "MacGuffin" gelegentlich wieder durch das Bild huschen zu lassen, um die Aufmerksamkeit des Lesers wieder einzufangen und zu leiten. Ich danke dir!
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Lesezeichen für 2 * Wut: Euer Gnaden & Meiner Reiter |
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