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Alt 18.06.2007, 18:39   #1
honey*dream
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 4


Standard Schauer

Ich schob die Schiebetür auf und schlüpfte hinein. Ich fror ein wenig. Schnell drehte ich den Hahn auf und Wasser schoss aus dem Duschkopf, erreichte meine Haare, überfloss mein Gesicht und hüllte meinen Körper in eine warme unsichtbare Decke. Ich schloss die Augen und genoss das Bad. Ich fühlte mich frei. Endlos frei. Ich hob meine Arme und schob meine Finger vorsichtig durch meine nassen Haare, führte sie übers Gesicht, über die Augen und über meine Lippen, dann über meinen Hals. Wasserdampf stieg langsam auf und füllte das kleine Bad mit molligem Nebel. Plötzlich stellten sich meine Härchen auf dem Rücken auf, ich bekam Gänsehaut an dem ganzen Körper. Mir wurde leicht schwindlig. Mir wurde wieder kalt und ich schlug meine Augen auf. Was war das? Das Bild platzierte sich einfach vor meine Augen. Blitzartig stand Jannis vor mir, ganz nah, ganz real, ganz wirklich. Ich schloss meine Augen wieder und streckte meine Hand aus. Doch nichts nahm ich war. Jannis Bild kam immer näher. Er sah mich ganz ernst an und lächelte dann. Ich sah seine dunklen braunen Augen, eine lange Haarsträhne, die ihm übers Gesicht gefallen war, verdeckte seine linke Gesichtshälfte. Ich starrte auf seinen Mund. Auf seine weichen, dünne Lippen. Ich schlug wieder meine Augen auf. So gut es ging. Immer noch lief Wasser über mein Gesicht. Ich sah meinen ausgestreckten Arm in dem Wasserdampf verschwinden. Meine Hand versank im Nichts. Ich kniff meine Augen zusammen. WARUM! Ich schrie. Ich schrie einfach los. Schrie unbekannte Wörter. Warum musste mir das passieren? JETZT! Ich hatte Jannis die ganze Woche lang nicht gesehen. Wir hatten Ferien und ich habe so viel erlebt und konnte nicht an ihn denken. Den Glauben an uns hatte ich ganz verloren. Er wich mir aus. Versuchte mir nicht zu begegnen. Meine Laune verschlechterte sich von Tag zu Tag und jetzt wo ich am Tag zuvor wieder Lachen gelernt hatte, kam er einfach so, kam einfach so aus dem Nichts und legte sich vor meine Augen. Ich wollte ihn doch vergessen. In den Ferien. Wollte mal mein Leben alleine leben, nicht mit ihm an meiner Seite, in meinen Gedanken, in meinem Herz. Das Wasser lief schnell über mich. Ich verkrampfte mich, schrie weiter. Heute war Donnerstag. In vier Tagen würde ich dich wieder sehen, Jannis und nicht jetzt. NICHT JETZT! Ich wollte das Gesicht verbannen, war jedoch nur erfolglos. Wie oft hatte ich mir gewünscht, ihn in den Ferien wiederzusehen. Sein Bild wieder vor meinen Augen zuhaben. Kaum ist es mir gelungen. Immer sah ich ein verschwommenes Gesicht. Doch diesmal war es ganz dicht, ganz nah, scharf, wirklich und ganz real. Ich tat atemlos einen Schritt voraus. Hinaus aus dem Wasserstrahl und lehnte meinen Kopf an die feuchte Schiebetür. Atmete tief ein und aus. Hörte auf zuschreien und schloss die Augen. Ich werde ihn wohl nie mehr los….
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