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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft. |
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04.05.2011, 20:29 | #1 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Farbenlehre
Es trafen sich der blaue Jung aus Sansibar
und die Berliner Lola, schick in Rot gewandet. Er ist bei ihr und sie sehr bald bei ihm gelandet, ach Gott, sie warn ein farbenfrohes, fesches Paar. Im letzten Sommer schritten sie zum Traualtar, ihr Outfit war für alle eine Augenweide: Der Klaus in Königsblau und sie im Purpurkleide; sie sagten freudig ja - ihr Märchen wurde wahr. Die Liebe blühte, und nach einem knappen Jährchen beschenkt der Storch die zwei mit einem Zwillingspärchen. "Ein Wunder!", ruft der Herr Papa, "wir sind zu viert!" Das Wunder war - die zwei warn blau und rot kariert bekleidet. Alle Omas, Opas, Onkel, Tanten, natürlich auch der Rest der nahen Anverwandten, bestaunten die herrliche Bläue der Augen des Bengels, die flammende Röte der Haare des anderen Engels. --- Auch wir warn Geschwister – Äonen vor unserer Zeit – und suchten vergeblich in tausenden, einsamen Jahren den Bruder, die Schwester zu finden mit sehnenden Sinnen. Seit gestern nun sind wir in Liebe entflammt und erkannten im andern die lange vermisste und fehlende Hälfte. Du bist aus der glutroten Mitte der Sonne geboren! Ihr loderndes Feuer verfing sich in lockigen Haaren, die mühsam den blendenden Glanz deiner Augen beschatten. Rubine, Granaten begehren das Rot deiner Lippen, und Luna errötet beschämt ob der Pracht deines Busens. Dein Auge blitzt blau wie Saphir, der den Himmel beglänzt, und spiegelt die Tiefe und Bläue des wogenden Meeres. Die blühende Blume an deinem Revers ist Garant romantischen Denkens und Fühlens in Zeiten der Kälte der Herzen; sie schenkt mir Gewissheit von Liebe und Glück. Violen erklingen, die samtweichen Töne begrüßen die Dämmrung. Die Veilchen am Wege beschließen zu träumen und zwinkern nur einmal vergnügt mit den schläfrigen Augen. So traut ist ’s – und tiefviolett sind die Schatten und Nebel, die sorgsam die Liebe umhüllen und schützend uns bergen. |
04.05.2011, 20:43 | #2 |
gesperrt
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Wahnsinn, Bombastisch, Phantastisch, Phänomenal. Was hast Du nur für ein Gen, das es Dir erlaubt, solche Schmuckstücke zu Papier zu bringen.
Total begeistert Babsi |
04.05.2011, 21:50 | #3 |
Forumsleitung
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04.05.2011, 23:11 | #4 |
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Farbenlehre
Liebe Babsi,
so hast Du mich ja noch nie gelobt. Was mach ich nun, außer mich sehr herzlich bei Dir zu bedanken? Ich trau mich ja gar nicht mehr an ein weiteres Gedicht. Du meinst, ich hätte ein Gen. Mal sehen, was die aus Fachleuten zusammengesetzte Jury nächste Woche sagt. Immerhin hast Du es geschafft, mich mal sprachlos zu machen. Tausend Dank! Liebe Ilka-Maria, dunkel ist Deiner Rede Sinn. Nun soll die Babsi sich nicht nach meinen Genen erkundigen? Wer weiß, weshalb sie das so genau wissen will. Liebe Grüße an Euch beide und für Babsi - neee, nix mit Bussi! - diesemal ist es ein sehr herzhafter Kuss. Heinz |
05.05.2011, 09:26 | #5 |
R.I.P.
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Venus und Novalis -
oh, ich könnte schmelzen! (Das lustig-Karierte ist auch nicht von Pappe. Aber ich hätte beide Gedichte gesondert eingestellt). Thing |
05.05.2011, 10:03 | #6 |
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Farbenlehre
Lieber Thing,
es war durchaus auch meine Überlegung, aus dem Gedicht zwei zu machen. Aber: Die ersten Strophen sagen, dass sich Blau und Rot kennenlernen und ihre Begegnung ein Resultat haben, dass sich ihre Farbeigenschaften in den Zwillingen wiederholen - der eine mit blauen Augen, der andere mit roten Haaren. In den Geschwistern sind also die reinen Farben "erhalten" geblieben. Das Karierte bezieht sich ja (ich finde das Enjambement selbst ganz lustig) nur auf die Bekleidung der beiden. In den fogenden Strophen sieht es anders aus. "Auch wir warn Geschwister...", damit trete ich nicht für eine inzsestiöse Beziehung ein, sondern in Erinnerung an Goethes Wort an Charlotte: "Du warst in einem abgelebten Leben meine Schwester oder Frau". Eine tiefe Seelenverwandtschaft. Sie, die Vertreterin des Rot, er eindeutig der Vetreter des Blau. Ihre Vereinigung in der letzten Strophe versuche ich durch eine neue Farbe anzudeuten. "Violen" erklingen (klar, das sind Instrumente, sollen aber das Violett (als Verbindung von Rot und Blau) beschreiben, wie auch die Veiolchen und das Tiefviolett der Schatten und Nebel. Deswegen konnte ich auf die ersten Strophen nicht verzichten. Dass sie von anderer "Machart" sind als die letzteren, zumindest war das meine Absicht, soll die unterschiedlichen Charakter, die Liebe haben kann, aufzeigen. Für Dein Lob bin ich sehr dankbar. Liebe Grüße, Heinz |
05.05.2011, 11:13 | #7 |
Forumsleitung
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Okay, ich bin noch eine Erklärung schuldig:
Das Gedicht beginnt mit Reimen, mit umarmeinden und Paarreimen; der Rhythmus ruckelt etwas. Im zweiten Teil stimmt der Rhythmus, aber jetzt haben wir statt Vierzeiler ungereimte Fünfzeiler, Form und Inhalt klingen episch. Ich gebe zu, daß ich nach diesem Bruch das Gedicht nicht mehr zu Ende gelesen hatte, weil mir die Lust dazu vergangen war. Heute habe ich das nachgeholt und kann abschließend nur noch soviel dazu sagen: Der zweite Teil gefällt mir besser als der erste, obwohl ich vermute, daß die Zäsur nach der vierten Strophe gezielt gesetzt wurde, um auf unterschiedliche Epochen zu verweisen. LG Ilka-M. |
05.05.2011, 14:20 | #8 |
gesperrt
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Also, die Erklärung Heinzs in #6 stellt doch alles klar, oder ?
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05.05.2011, 20:04 | #9 |
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Farbenlehre
Liebe Ilka-Maria,
darf ich ein kleines bisschen korrigieren? In der ersten Strophe handelt es sich um sechshebige Jamben, endgereimt mit dem Reimschema abba, also, wie Du richtig bemerkst, umschlingende Reime. Für die zweite Strophe gilt dasselbe. Bei der dritten Strophe wird ein Zwillingspärchen erwähnt. Deshalb hielt ich es für angebracht, das Reimschema zu ändern (aabb), also Paarreime). Auch die nächste Strophe: Paarreime und in den ersten beiden Versen immer noch sechshebige Jamben. Um eine Überleitung in einen anderen Rhythmus zu schaffen, gibt es ab dritten Vers fünfhebige Daktylen mit Auftakt. Nach der Zäsur (angedeutet durch die drei Striche) geht es mit fünfhebigen Daktylen (mit Auftakt) und reimlos weiter. Die beiden mittleren Strophen (in der ersten besingt er die Geliebte, in der nächsten sie den Geliebten) sind ja schon beinahe im Odenstil geschrieben. Meinst Du, die Auswahl der Worte bedarf noch eines Endreimes? Mit bescheidenem Stolz darf ich auch auf die Alliterationen hinweisen ("sehnenden Sinnen", "entflammt und erkannten", mit Einschränkung "vermisste und fehlende", "glutroten - geboren", "loderndes - lockigen", mit Einschränkung "Feuer - verfing", "blendenden - beschatten" usw. Wie, liebe Ilka-Maria, stelle ich Dich zufrieden? Liebe Babsi, danke für Deine kleine Schützenhilfe. Liebe Grüße Euch beiden, Heinz |
09.05.2011, 22:10 | #10 |
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Farbenlehre
Lieber Risiko,
zunächst danke ich Dir für Deine lobenden Worte. Ganz begreife ich nicht die "kleine Schwäche". Der Rhythmuswechsel ist gezielt gesetzt und ich habe beim Rezitieren oder Lesen kein Problem: "natürlich auch der Rest der nahen Anverwandten, bestaunten die herrliche Bläue der Augen des Bengels, die flammende Röte der Haare des anderen Engels." xXxXxXxXxXxXx xXxxXxxXxxXxxXx xXxxXxxXxxXxxXx Ich weiß nicht, ob Du es so machst wie ich mit fremden Gedichten: Ich lese sie laut und kann machen was ich will - ich kriege den Lesefluss gut hin. Liebe Grüße, Heinz |
10.05.2011, 19:13 | #11 |
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Farbenlehre
Lieber Risiko,
nicht, dass Du glaubst, ich wäre nun größenwahnsinnig geworden, aber ein größerer als wir beide (der Titel "Farbenlehre" ist ja bei ihm geklaut) hat den Rhythmuswechsel in einem wunderschönen Gedicht eingesetzt (und ich finde es fabelhaft). Hier zwei Verse: "... Und dies ist der Liebe Haus." Sie rührt sich, die Zimbeln zum Tanze zu schlagen, ... XxXxXxX (Trochäen) xXxxXxxXxxXx (Daktylen mit Auftakt) Mit Deinem Punktabzug werde ich leben müssen. Liebe Grüße, Heinz |