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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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23.02.2013, 18:07 | #1 |
Der Dichter
"Alles habe ich von dir gelesen,
wohl jedes einzelne Gedicht. Ich kenne dich, versteh dein ganzes Wesen und sah doch niemals dein Gesicht." "Wer meine Tränen nie gesehn, die quillen, wenn niemand mich verstehen kann, kommt nicht mit Gründlichkeit und gutem Willen nah an mein Innerstes heran." |
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23.02.2013, 19:32 | #2 |
Lieber Schmuddel,
erst der, welcher auch die Tränen des Anderen wahrnimmt und mitempfindet, kann ihn voll und ganz verstehen. Das Leben ist leider so. Es setzt sich aus vielen oberflächlichen Alltäglichkeiten zusammen, die spurlos an uns vorüberziehen. Wir lesen auf den Foren Verse und andere Worte, die uns ansprechen, beistern, oder die uns auch unbeeindruckt lassen. Wenn sie uns nun begeistern, dann geben sie uns ein ganz kleines Stück von dem Denk- und Gemütswesen des Dichters mit, und dieser lässt uns an seiner Stimmung teilhaben. Wenn wir alle seine Werke gelesen haben, so können wir uns schon ein Bild von seinem Wesen machen, ein Bild in Umrissen. Doch wir haben ihn niemals aus der Nähe erlebt -in Freuden und Leid. Tränen sagen mehr als viel - sie sagen alles. Das wusste der unvergessene Frankfurter Geheimrat schon, als er schrieb: Wer nie sein Brot mit Tränen aß, Wer nie die kummervollen Nächte Auf deinem Bette weinend saß, Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte! Ihr führt ins Leben uns hinein, Ihr lasst den Armen schuldig werden, Dann überlaßt ihr ihn der Pein: Denn alle Schuld rächt sich auf Erden (Aus: Goethe, "Wilhelm Meister") Auch für Goethe gehörte schon zum Verständnis der Freude die Erfahrung des Leids - wer die Nacht nicht kennt, kann den Tag nicht verstehen. Die Träne hat dabei eine andere Bedeutung als in Deinem Gedicht. Während sie bei Goethe zum Verständnis des Positiven gehört, ist sie bei Dir erst diejenige, die es möglich macht, das Innere und die Tiefe Deines Wesens oder das eines jeden anderen Dichters zu verstehen. Lieber Schmuddel, das sind sehr tiefe und nachdenklich stimmende Verse, die uns allen vielleicht auch noch dazu anregen, wieder etwas mehr über die Kommunikation in unserer Zeit nachzudenken. Dein Gedicht hat mir sehr gut gefallen. Ich danke Dir! Liebe Grüße Walter |
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23.02.2013, 22:26 | #3 |
Hallo Schmuddelkind,
was für eine gelungene Gegenüberstellung von Leser und Dichter! Es kommt sehr gut zum Ausdruck, dass einerseits eine große Nähe, andererseits aber doch eine unüberwindbare Distanz gegeben ist. Gefällt mir sehr! Einzig mit "quillen" kann ich mich nicht so recht anfreunden. Mir persönlich würde "Wer meine Tränen nie gesehn, die stillen, ... angenehmer im Ohr klingen. LG Daisy |
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23.02.2013, 23:46 | #4 |
Hallo Schmuddelkind.
Alles, was Du hier darstellst, entspricht der Wahrheit! Wer meint, jemanden nur aufgrund seine Worte zu kennen, irrt, denn das wahre Kennen beruht auf dem gemeinsamen Leiden. Liebe Grüße, Jana |
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23.02.2013, 23:46 | #5 |
Schöner Gedanke, Schmuddelkind. Ich variiere mal etwas. (Statt quillen geht hier auch stillen.)
"Ich hab dein ganzes Werk gelesen, jedes einzelne Gedicht und versteh dein ganzes Wesen, sah ich auch nie dein Gesicht." "Wer meine Tränen nie, die quillen, wenn keiner mich verstehen kann, gesehen, kommt mit halbem Willen und an mein Tiefstes nie heran." LG und alles Gute von gummibaum |
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24.02.2013, 12:41 | #6 | |||
Vielen lieben Dank für all die Kommentare.
Dass es allseits gefällt, bestätigt mich in meinem Vorsatz, diese "oberflächlichen Alltäglichkeiten" zum Ausdruck zu bringen, wie Walter es nannte. Zitat:
Genau das wollte ich sagen. Zitat:
Über das "stillen" denke ich nach, aber eigentlich bin ich ganz glücklich, dass ich endlich mal ein Gedicht gefunden habe, in dem ich das "quillen" unterbringen kann. Zitat:
Danke auch an gummibaum für deine Variation. Die erste Strophe gefällt mir gut; vielleicht formuliere ich es auf deiner Grundlage um. In der zweiten Strophe missfällt mir ein wenig, dass das gesehen so lange auf sich warten lässt. Aber trotzdem vielen Dank für die Mühe! LG an alle |
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26.02.2013, 20:48 | #7 |
abgemeldet
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Der Dichter
Schmuddelkind,
das Innere eines Dichters interessiert keinen Menschen, höchstens noch einen Arzt oder Anatom. Worauf es beim Dichter ankommt, ist das, was und wie er es äußert. Was soll der Leser mit der Bauchnabelschau eines Neurotikers eigentlich anfangen? Gruß, Nitribitto |
27.02.2013, 01:01 | #8 | |
Naja, das ist so ein moderner Ansatz, dem ich aber seine absolute Gültigkeit absprechen würde. Warum sollte einem guten Stück Lyrik nicht auch die Intention zugrunde liegen dürfen, etwas vom Leben oder Innenleben des Verfassers zum Ausdruck zu bringen. Muss ja keine neurotische Nabelschau sein.
Zitat Walter Voigt: Zitat:
Sonnenwind |
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27.02.2013, 05:22 | #9 |
abgemeldet
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Der Dichter
Sonnenwind,
jeder Autor stellt sein Innenleben zur Schau, das ist keine neue Erkenntnis, das macht er mit jedem Wort und mit jeder Zeile. So, wie das Gedicht aber geschrieben ist, plädiert es vor allem dafür, dem Leser die "interessante Persönlichkeit" des Autors mit all seinen Schrullen, Ungereimtheiten und Macken schmackhaft zu machen - so, als müssten zwar alle Menschen Schrullen, Ungereimtheiten und Macken besitzen - aber ein Dichter (!) hat davon nicht nur viel mehr, sondern sogar "interessantere" als jeder blasse Mitmensch. Auf diese Weise wird die Mär von der Weltabgewandtheit der Poesie verklärt, die im Grunde doch nur Unwillen oder Feigheit ist, sich mit den naheliegenden Problemen der Gegenwart zu beschäftigen. Damit ich richtig verstanden werde: Natürlich sollte und kann der Poet auch nur davon schreiben, was er kennt. Und wenn er am besten sich selbst kennt (die hohe Kunst, die kaum jemand beherrscht), sollte er auch von sich schreiben. Wenn er damit einen Leserkreis für sein "Werk" interessieren kann - nun gut. Aber die Welt, die der "Auftrag des Poeten" ist, ist nun mal so ein ärmlicher kleiner Reimeschmied nicht. Ich weiß nicht, wo der Autor des Gedichtes seine "Weisheiten" aufgeschnappt hat, interessanter wird er für mich dadurch jedenfalls nicht. Gruß, Nitribitto |
27.02.2013, 09:37 | #10 |
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Hallo Schmuddelkind,
ich habe dein Gedicht sehr gerne gelesen! Vielen Dank! LG Tanja Liebe Nitribitto „das Innere eines Dichters interessiert keinen Menschen, höchstens noch einen Arzt oder Anatom“ wie traurig deine Aussage … Ich beobachte schon die ganze Zeit, wie du dich gegenüber den Autoren aufführst, und sehe eine verbitterte Frau, die ihr Ausgleich im Erniedrigen anderer sucht. Und ich muss dich enttäuschen, auf diese Weise wirst du kaum glücklich werden. Du solltest deinen Mitmenschen mit viel mehr Respekt und Liebe begegnen, nur so wirst du zu einem fröhlichen Menschen, dem das „Innere“ des Menschen und sein seelischer Zustand nicht gleich sind. Es ist zu einfach sich hochzustellen und auf andere runter zu spucken versuche dich unter die, die deiner „nicht würdig“ sind, zu mischen und schau in deren Augen oder besser in das Herz … Ich wünsche dir alles liebe, Nitribitto! Das Leben ist viel zu kostbar und viel zu kurz, um leichtsinnig damit umzugehen. MfG Tanja |
27.02.2013, 13:55 | #11 | |
Danke v.a. an Tanja und Sonnenwind für die lieben Worte.
Was Nitribitto angeht: Zitat:
Eigentlich ganz im Gegenteil: ich plädiere für eine Trennung von Künstler und Privatmensch. Ich appeliere daran, an Menschen ernsthaft interessiert zu sein, sie nicht nur in Bezug auf einen Zweck oder eine Eigenschaft wahrzunehmen und andererseits den Dichter Dichter sein zu lassen und sich nicht einzubilden, man verstünde jemanden, weil man sein Gesamtwerk kennt. LG |
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brief, verstehen, dichten |
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