Wie egoistisch

[Henkerchen]

Ich bin allein.
Ich liege auf meinem Bett und bin allein.
So schrecklich allein.
So allein, wie seit langem nicht mehr.
Ich habe immer mehr Freunde, die immer häufiger vorbeikommen
und doch bin ich allein.
Ich habe eine Person, die mich liebt und mit der ich gerne Zeit verbringe
und doch bin ich allein.
Ich will weinen.
Ich liege auf meinem Bett und erkläre mir selbst, wie allein ich bin, in der Hoffnung, dass ich so weinen kann.
Doch da kommt nichts.
Ich habe keine Kraft.
Und ich bin allein.
Ich habe so viele Freunde, doch kann ihnen nichts erzählen, denn ich höre ihnen zu.
Ich habe eine Person, die mich liebt, doch kann ihr nichts erzählen, denn ich höre zu.
Ich sage allen „Mir geht es gut“, doch hoffe sie hören den Hilfeschrei.
Ich sage meinem Lieblingsmenschen „Alles ok“, doch hoffe, dass sie herkommt, mich umarmt und nicht mehr loslässt.
Ich liege auf meinem Bett und kämpfe dagegen an, der nächsten Person, die mich fragt, wie es mir geht, entgegenzuschleudern: „Ich lebe nur noch, weil ich keine Kraft habe rauszugehen und mich vor den Zug zu werfen!“
Wahrscheinlich übertreibe ich.
Ja.
90% der Sätze in diesem Text beginnen mit „Ich“.
Wie egoistisch.
Ich muss doch für die anderen da sein.
Ich muss ihnen zuhören, sie umarmen, wenn es ihnen schlecht geht und ihnen hoch helfen.
„Hör doch auf immer nur an dich zu denken!“,
sagt dieser Mensch in seinem Bett.