Worte eines Musikverlegers an einen jungen Komponisten

[Cornelius]

Herr Cappi hebt zu sprechen an:
"Sonate in cis-Moll?
Nun sag, mein lieber Ludwig van,
was das nun wieder soll?

Gebrochene Akkorde nur -
wo bleibt die Melodie?
Das Publikum, das will C-Dur,
dein Moll verkauft sich nie.

Wir schreiben Achtzehnhundertzwei,
du bist der Zeit voraus.
Die Leute wollen Einheitsbrei
und simplen Ohrenschmaus.

Das fiel dir wohl im Mondschein ein?
Doch lass ich mich bewegen,
um auch mal progressiv zu sein,
dein Opus zu verlegen.

Der Weg zum Ruhm ist nie versperrt.
Nur rat' ich dir fürs Leben:
Schreib bloß kein Violinkonzert.
Das würd' was Schönes geben!"

(Anmerkung: Gemeint ist die Klaviersonate op. 27 Nr. 2 von Ludwig van Beethoven, die unter dem nicht von Beethoven stammenden Namen "Mondscheinsonate" populär geworden ist. Die Erstausgabe erschien 1802 im Verlag Giovanni Cappi & Comp. in Wien.)

[Ex-Pennywise]

Moin Cornelius,

sehr schön durchdacht und witzig. Die originelle Idee hast du gut umgesetzt.

Gruß

Pennywise

[Ilka-Maria]

Zitat von Cornelius

Wir schreiben Achtzehnhundertzwei,
du bist der Zeit voraus.
Die Leute wollen Einheitsbrei
und simplen Ohrenschmaus.

Na ja, ob das Beethoven gerecht wird? War er wirklich seiner Zeit voraus?

Er war genial, das steht für mich außer Frage. Für mich war der hochgepriesene Mozart, dessen Gedudel nicht an mich geht, ein Pimpf gegen Beethoven. Aber seiner Zeit voraus war Beethoven nicht. Er schuf vielmehr Kompositionen, die jeden Musiker an den Rand des Vermögens brachten, ihre Instrumente zu beherrschen. Das hatte aber auch Friedrich der Große schon gut drauf. Beethoven konnte jeden Geiger in den Selbstmord treiben.

Seiner Zeit voraus war Friedemann Bach, dessen Werke leider zu wenig gespielt werden.

Egal. Für mich ist Beethoven der Größte. Seine Symphonien und Klavierkonzerte sind das Beste und Schönste, was die die Musikwelt hervorgebracht hat. Mein Favorit ist die "Pastorale".

[Faber]

Lieber Cornelius,

ich war forsch genug, mir ein Gedicht über meinen Lieblingskomponisten von dir zu wünschen, und promt am nächsten Tag lieferst du eins.

Chapeau und herzlichen Dank!

Liebe Ilka-Maria,

über die Frage, ob ein Künstler seiner Zeit voraus war, lässt sich streiten. Letztendlich war es mir immer egal. JS Bach zum Beispiel war seiner Zeit eher hinterher; trotzdem ist er für mich der liebe Gott der Musik. Die Leute wollten etwas Neues und Frisches. Das hat Wilhelm Friedemann dann geliefert. Hat den Leuten aber auch wieder nicht gefallen, weil es zu neu war... Muss damals ein schwieriges Publikum gewesen sein.

LG
Faber

[Cornelius]

Ahh, die Pastorale...steht auch auf meiner Favoritenliste, liebe Ilka.

Übrigens erhebt mein Gedicht nicht den Anspruch , Beethoven gerecht werden zu wollen. Dass einige seiner heute berühmtesten Werke bei ihrem Erscheinen das Publikum verblüfften, gar als revolutionär empfunden wurden, ist durch zeitgenössische Zeugnisse belegt, etwa die Rezension E.T.A Hoffmanns zur 5. Sinfonie.

Lieber Faber - gern geschehen. Ist freilich vorerst nur ein Versuch. Beim Thema Bach gehe ich ganz mit dir konform...