Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Philosophisches und Nachdenkliches

Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 02.05.2023, 08:13   #1
männlich Anaximandala
 
Benutzerbild von Anaximandala
 
Dabei seit: 05/2021
Ort: Zu Hause
Beiträge: 1.204

Standard Ein Gedicht heißt: Beide

Die Lyrik webt ein geistig Band,
wie könnten zwei noch sein,
die dieses einmal nur erkannt.
Es gibt kein mein und dein.

Es gibt nur Kunst, die explodiert,
sie kleidet Geistesräume,
die wächst, gedeiht und expandiert
als Atem unsrer Träume,

und Schönheit in die Lungen zieht,
wie wenn die Nacht dem Himmelsblau
am Morgen Richtung Westen flieht,
die sich ernährt vom Morgentau,

durch ihn den Geist der Wälder trinkt,
für sie ist die Natur ein Wein,
den Stoff für die Gedichte bringt
mit jedem Bad im Sonnenschein

Wie könnte Lyrik einen Geist
erfüllen wie durch Zauberkraft,
sie ist ein Band, das uns verschweißt
und das die ganze Welt erschafft,

Ideen aus Gedanken hebt
die fließen durch das Band,
aus dem sie eine Krone webt,
in ihr das Königsland

der Reime und der Poesie
fernab von Zeit und Raum,
dort in der Ewigkeit von Nie
erhebt sich hoch ein Baum.

Sein Haupt umfasst die Welt, das Licht,
die Wurzeln ankern tief im Geist,
in ihm erblüht, was als Gedicht
uns manchmal gnadenlos umkreist.

Doch diese Pflanze, sie vergeht
trotz Wasser und trotz Sonnenschein,
nur dort wo jenes Band besteht,
da kann der Baum der Lyrik sein

Zu schwer für einen ist die Stärke,
sie brennt wie Feuer, ist das Leiden
aus dem geschmiedet ward das Licht
und eben dort entstehen Werke!
Noch keines kam je nicht aus beiden
und beide drum, das heißt Gedicht

Denn Sprache wird ja nur, die spricht,
bedarf ja zwei, sich auszutauschen,
alleine geht das einfach nicht.
Man würd sich hörn, doch würd nicht lauschen.

Alleine was am Baume blüht
und was durch unsre Lungen fließt,
als Pulsschlag voll der Neugier glüht
und sich ins Schmiedefeuer gießt,

dass freudvoll es uns sticht im Schein
der Sonne, leidvoll stiehlt die Sicht,
aus Zweien kommt und nie allein,
die Würde trägt, es sei Gedicht.
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 09:59   #2
weiblich Rumpelstilz
gesperrt
 
Dabei seit: 01/2023
Ort: Berlin
Beiträge: 311

Standard Ein Gedicht heißt: Beide

Hallo Anaximandala,

ein ziemlich länglicher Bandwurm, ich würde daraus drei Gedichte machen.
Mir sind das zu viele Worte und Wörter. Aber nicht nur das.

Es wird behauptet, Dichten käme von Verdichten. Stimmt zwar nicht, aber ist was dran. Was du hier mit so vielen Strophen deinen Lesern anbietest, lässt ihn sicher etwas müde zurück, auch wenn jedes Wort aus dem Herzen kommen sollte. Da bleibt es nicht aus, dass sich die Variationen gleichen wie ein Ei dem anderen.

Was ich vermisse, das ist die Hauptsache des Schreibens: die Wahrheit. Ich weiß, Dichten ist Fiktion - und doch muss sie die Wahrheit aufzeigen. Das ist das Credo des Dichtens. Darauf bist du leider nicht eingegangen.

Ja, richtig, manch ein Dichter schreibt sich seine Bauchschmerzen vom Leibe, und ja, richtig, Gedichte müssen gesprochen werden, man muss sie vor allem hören, und der Baum des Dichtens wäre eine Idee, die du mit höchstens drei Strophen besingen könntest.

Du merkst, was ich dir sagen will: Dein Gedicht ist überladen. Zu überladen, es zerfließt, du bemühst dich, rein alles zu sagen, und so was ist von Übel fürs Gedicht.

Such dir drei Strophen raus, zum Beispiel zum Baum, mach daraus ein Gedicht, ohne Schwulst, bleib mit den Füßen auf dem Boden, dann stehst du sicher. Sicher wie ein Baum, sicher wie ein Dichter.

Lieben Gruß, Rumpelstilz
Rumpelstilz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 10:04   #3
männlich Anaximandala
 
Benutzerbild von Anaximandala
 
Dabei seit: 05/2021
Ort: Zu Hause
Beiträge: 1.204

Zitat:
Das ist das Credo des Dichtens
Danke

Ich erwarte deine nächste Lektion

LG Delf
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 11:10   #4
männlich Erhard Gratz
 
Benutzerbild von Erhard Gratz
 
Dabei seit: 11/2022
Ort: Lüneburger Heide
Alter: 90
Beiträge: 160

Ich schließe mich dem Urteil von Rumpelstilz an und würde ein von ihr nur beiläufig erwähntes Wort ins Zentrum stellen: Schwulst.
(Mir hat mal jemand die Mahnung mitgegeben: Wer wirr spricht, der denkt auch wirr.)

Wenn Rumpelstilz sagt, die Hauptsache des Schreibens sei die Wahrheit, dann erschließt sich mir das allerdings auch nicht. Wahrheit ist ein schwieriger und überstrapazierter Begriff. Warum der Lyriker Wahrheit als Credo betrachten soll ....? Und was ist für den Lyriker "Wahrheit"?

Gruß, Erhard
Erhard Gratz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 11:36   #5
männlich Anaximandala
 
Benutzerbild von Anaximandala
 
Dabei seit: 05/2021
Ort: Zu Hause
Beiträge: 1.204

Zitat:
Ich schließe mich dem Urteil von Rumpelstilz an und würde ein von ihr nur beiläufig erwähntes Wort ins Zentrum stellen: Schwulst.
(Mir hat mal jemand die Mahnung mitgegeben: Wer wirr spricht, der denkt auch wirr.)
Ok, ja das sind klare Worte, danke dafür, ist zur Kenntnis genommen

LG Delf
Anaximandala ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2023, 16:14   #6
männlich dunkler Traum
 
Benutzerbild von dunkler Traum
 
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 60
Beiträge: 1.611

...oh Delf, hoffentlich wird nicht eines deiner überlangen Werke irgendwann mal in den Deutschunterricht integriert: auswendig lernen, vortragen, interpretieren die armen Schüler
Manchmal wünsche ich mir ja, ich könnte auch so schreiben, trotzdem würde ich verdichten. In der Kürze liegt die Würze.

wsT
dT
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Ein Gedicht heißt: Beide



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Wir beide Liki Gefühlte Momente und Emotionen 0 09.09.2008 22:27
Dein Blick verträgt uns beide demian Liebe, Romantik und Leidenschaft 4 10.01.2007 18:36
Beide moshe.c Sonstiges Gedichte und Experimentelles 1 10.05.2006 23:28
was wir beide sind j.j.remigi Düstere Welten und Abgründiges 0 31.01.2006 22:00


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.