![]() |
|
|
Rollenspiele und Bühnenstücke Eigene Bühnenstücke, Rollenspiele und Dialoge. |
![]() |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
![]() |
#1 |
![]()
Die 65-jährige Erika R. hat ihre 90-jährige Mutter umgebracht. Die fassungslosen Nachbarn Marlene und Wilmar sinnieren über die Tat und das Motiv.
Marlene: „Ich kann es immer noch nicht glauben. Dass sie das wirklich getan hat!“ Wilmar: „Beim Aufwachen habe ich immer alles vergessen. Und dann fällt es mir innerhalb der nächsten fünf Minuten wieder ein. Es ist wirklich nicht zu fassen.“ Marlene: „Wie kann man einen Menschen umbringen, der einem so nahesteht? Wie kann man seine eigene Mutter umbringen?“ Wilmar (zuckt die Schultern): „Vielleicht hatte Erika ganz einfach die Schnauze voll. Sie hat ihre Mutter zehn Jahre lang gepflegt, und es wurde immer schlimmer. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, Johann ist fremdgegangen, die Kinder sind weit weg. Hilfe hatte sie nicht.“ Marlene: „Aber der Pflegedienst kam doch.“ Wilmar: „Schon, sogar dreimal am Tag. Aber Erikas Mutter konnte sich überhaupt nicht mehr selbst versorgen, man konnte sie keine Minute am Tag alleine lassen.“ Marlene: „Hätte sie sie nur ins Heim gegeben!“ Wilmar: „Das stand ja im Raum. Johann hat es mir vor kurzem auf der Straße erzählt, dass er Erika dazu überreden wollte. Sie sträubte sich dagegen. Weder Johann noch ich verstanden das.“ Marlene: „Ich auch nicht. War es zu teuer?“ Wilmar (zuckt wieder die Schultern): „Wahrscheinlich.“ Marlene: „Aber das Geld hätten sie doch gehabt.“ Wilmar: „Vielleicht war das der Grund, dann wäre es später weg gewesen.“ Marlene (schüttelt den Kopf): „Das kann ich mir nicht vorstellen. Erika war nie habgierig.“ Wilmar: „So gut kenne ich sie nicht, das kann ich nicht beurteilen. Aber angenommen, das sei nicht der Grund gewesen, was dann?“ Marlene: „Vielleicht hat sie sie gehasst?“ Wilmar: „Und dann pflegt sie sie zehn Jahre lang zu Hause und bringt sie dann erst um? Macht doch keinen Sinn. Wenn man hasst, wartet man nicht zehn Jahre lang.“ Marlene: „Woher willst du das wissen? Vielleicht hat sie immer gehofft, dass sie am nächsten Tag tot ist und sie endlich erlöst wird. Aber der Tag kam und kam nicht und dann …“ Wilmar (fällt ihr ins Wort): „Das ist ja so unverständlich. Erikas Mutter war 90, ich wiederhole, 90!!! Jahre alt. Warum bringt man eine 90-jährige um?“ Marlene (trocken): „Womöglich wäre sie sonst 100 geworden.“ Erschrocken schlägt sie sich die Hand vor den Mund. „Das hätte ich nicht sagen sollen. Die arme Frau.“ Wilmar: „Ich glaube, da könnte durchaus was dran sein. Vielleicht hat Erika gedacht, ihre Mutter würde sie noch überleben.“ Er überlegt. „Womöglich dachte sie, wenn sie tot ist, würde Johann ihre Mutter ins Heim schaffen und dort würde sie von der Familie vergessen werden.“ Marlene: „Das ist doch kein Grund.“ Wilmar: „Alles andere ist auch kein Grund. Es kann sein, dass sie mit der Pflege völlig überlastet war und sich nicht traute, um Hilfe zu bitten. Ist das ein Grund?“ Marlene: „Etwas haben wir noch vergessen. Es könnte auch Mitleid gewesen sein. Erika konnte das langsame Dahinsiechen ihrer Mutter nicht mehr mit ansehen, das ist ja nicht auszuschließen.“ Wilmar (kritzelt etwas auf einen Zettel): „Jetzt haben wir a) Habgier, b) Hass, c) Angst, ihre Mutter würde sie selbst überleben und anschließend von Johann abgeschoben und von der Familie vergessen werden, d) Überlastung und e) Mitleid.“ Marlene: „Warum schreibst du das auf?“ Wilmar: „Ich will es begreifen.“ Marlene: „Wird man das können?“ ENDE |
|
![]() |
![]() |
![]() |
#2 |
... ein Stammtischgespräch in der Nachbarwohnung mit Mutmaßungen, welche ohne Befragung der Beteiligten nicht zum Ziel führen. Ich habe es irgendwann aufgegeben, mir über Motive anderer den Kopf zu zerbrechen, weil ich meist falsch lag.
Erika hat wahrscheinlich eine spontan akute Demenz erlitten und ihrer Mutter die Arznei mehrfach verabreicht, was zum Tode führte. Übrigens hätte ich ersten Satz anders formuliert (Klugscheißermodus an): Die 65jährige Erika soll ihre 90jährige Mutter umgebracht haben. ... Danach hätte ich eventuell noch ein paar Fakten verraten. wünsche schöne Träume |
|
![]() |
![]() |
![]() |
#3 | |
Zitat:
|
||
![]() |
![]() |
![]() |
#4 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.567
|
Liebe Silbermöwe,
das Gewäsch von Marlene und Wilmar ist deiner nicht würdig. Liebe Grüße, Heinz |
![]() |
![]() |
![]() |
#5 |
Lieber Heinz,
ich schreibe nicht, um mich irgendwem oder irgendwas „würdig" zu erweisen. Mit einem solchen Kommentar kann ich überhaupt nichts anfangen. Hier werden Texte besprochen, nicht die User und auch nicht, ob die User ihrer Texte „würdig" sind. LG DieSilbermöwe |
|
![]() |
![]() |
![]() |
#6 | ||
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 29.332
|
Zitat:
Ich versuche mal, weniger "rüde" als Heinz Stellung zu nehmen und hoffe, dass ich nicht auch auf die Schnauze falle. Zitat:
Natürlich kann man, wenn man die Angeklagte kennt, darüber sinnieren, ob man ihr ein Tötungsdelikt zutrauen würde oder nicht, und man kann auch Vermutungen über ein mögliches Motiv anstellen, wenn man das Beziehungsverhältnis zwischen Mutter und Tochter einigermaßen überblickt. Aber eine simple Aufzählung solcher Motive ist nicht nur müßig, sondern auch wenig spannend für den Leser. Insofern liegt Heinz mit seinem Urteil, es handele sich bei dem Dialog um "Gewäsch" nicht ganz falsch. Wilmar will "begreifen", wie man zu so einer Tat fähig sein kann, und schreibt die gesammelten Motive auf einen Zettel. Hier muss der Leser vermuten, dass es sich bei den Nachbarn um ein Ehepaar handelt, das den Dialog in seiner Wohnung führt. Zu Anfang ging ich eher von der Begegnung zweier Personen und einem Treppenhaustratsch aus. Bei einem Theaterstück sollte deshalb am Anfang der Szene auch der Ort bzw. das Bühnenbild und die Beziehung der Personen zueinander kurz dargelegt werden. Der Dialog wäre fruchtbarer und interessanter gewesen, hätten die Personen versucht, sich in die Perspektive der Angeklagten zu versetzen und sich zu fragen, unter welchen Umständen sie selbst zur Tötung eines nahestehenden Menschen fähig gewesen wären oder ob sie es ihren eigenen Kindern zutrauen könnten, sie aus bestimmten Gründen eines Tages zu töten. Das hätte eine ziemlich gruselige Konversation ergeben. Vielleicht bekomme ich jetzt für meinen Kommentar ebenfalls das Fell über die Ohren gezogen, aber ich denke, dass ich es überleben werde ![]() LG Ilka |
||
![]() |
![]() |
![]() |
#7 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.567
|
Liebe Silbermöwe,
bin ich dir zu nahe getreten? Dann entschuldige ich mich. Bleibt der Dialog, in dem zwei Personen mehr oder weniger dummes Zeug reden. Aus meiner Zeit als Schöffe beim Gericht weiß ich noch, das so ein Fall wegen des zu erwartenden Strafmaßes (hier käme Mord infrage) beim Landgericht landet. Und da ist es nicht allein Sache des Richters, sondern auch der Schöffen, über Schuld oder Nichtschuld sowie das Strafmaß zu entscheiden. Die beiden Personen, die sich da "sinnierend" austauschen, kämen als Zeugen infrage und ich kann mir vorstellen, wie sie vom Richter abgeledert werden, wenn sie, möglicherweise vereidigt, ihre Mutmaßungen vortragen. Bleibt: Unglaubwürdiges Gewäsch. Liebe Grüße, Heinz |
![]() |
![]() |
![]() |
#8 | |
Lieber Heinz,
danke für die Entschuldigung. Angenommen ![]() Zitat:
Liebe Ilka, nein, ich ziehe dir nicht das Fell über die Ohren. Ehe ich nun (später) ausführlich auf eure letzten Kommentare eingehe, ein kurzer Hinweis: Vor einigen Monaten las ich in den Nachrichten, dass eine Frau ihre 90-jährige Mutter umgebracht hat. Das hat mich beschäftigt, und deswegen schrieb ich das Bühnenstück. Die Namen in meinem Text sind natürlich erfunden. LG DieSilbermöwe |
||
![]() |
![]() |
![]() |
#9 | |||||
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Es ging mir auch nicht darum, überhaupt die Schuld in Frage zu stellen. Die Ausgangssituation ist: Die Tat ist passiert, die Schuld ist bereits bewiesen. Vielleicht wäre „Das Ehepaar Wilmar und Marlene kommt von einem Besuch aus dem Gefängnis zurück. Sie haben Erika R. besucht, die wegen Mordes an ihrer 90- jährigen Mutter verurteilt wurde.", besser gewesen. Dann wären diese Missverständnisse gar nicht entstanden. Zitat:
Ich habe, stilistisch gesehen, zu viel weggelassen. Ich hatte so das nachbarliche Ehepaar in seiner Wohnung vor Augen, dass ich gar nicht dran gedacht habe, dass dem Leser die Information des Schauplatzes ja fehlt, da er nicht erwähnt wird. So kann man dann auch, wie Heinz, auf die Idee kommen, das spiele sich vor Gericht ab. Nächstes Mal werde ich den Schauplatz der Szene sorgfältiger schildern. Zitat:
Aber das wäre spannender gewesen. |
||||||
![]() |
![]() |
![]() |
#10 | |
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 29.332
|
Zitat:
Aber nochmal zum Schreiben von Dialogen. Sie gehören zur Königsdisziplin. Dialoge zu schreiben ist deshalb schwierig, weil sie nicht alltäglich sein, aber wie alltäglich klingen sollen. Sie sollen leicht sein, aber schwer tragen. Ein schwacher Dialog klingt so: "Hallo, wie gehts?" - "Nicht so gut, gestern war's besser." Ein starker Dialog klingt so: "Du siehst scheiße aus." "Bin ja auch grad von drei Kutschen überfahren worden." Wenn man das kapiert hat, ist man auch imstande, starke Dialoge zu schreiben. |
|
![]() |
![]() |
![]() |
#11 | |
Unsere letzten Kommentare haben sich wohl überschnitten - ich habe noch etwas ausführlicher ausgeführt, warum ich das Stück so geschrieben habe.
Zitat:
|
||
![]() |
![]() |
![]() |
#12 | ||
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 29.332
|
Zitat:
Wenn man Dialoge auf ihre Relevanz, also ihre Aussagekraft, prüft, wäre schon der zweite Absatz deines Rollenspiels in Frage zu stellen: Zitat:
Im Grunde ist es nicht so schwierig, ein Gefühl für Dialoge zu entwickeln. Ich kann dir hierzu das Buch von Oliver Schütte "Schau mir in die Augen, Kleines - Die Kunst der Dialoggestaltung", Bastei Lübbe 2002 (ca. 200 Seiten), empfehlen. Die darin zitierten Dialoge stammen zwar größtenteils aus englischsprachigen Drehbüchern, aber im Anhang finden sich ihre Übersetzungen ins Deutsche. |
||
![]() |
![]() |
![]() |
#13 | |
Zitat:
|
||
![]() |
![]() |
![]() |
Lesezeichen für Ein Gespräch über ein Motiv,wie es hätte stattfinden können |
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
|
![]() |
||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Hätte, hätte... | Ex-Letreo71 | Humorvolles und Verborgenes | 3 | 29.07.2018 23:40 |
Wie weit können Gedanken tragen | copiesofreality | Liebe, Romantik und Leidenschaft | 5 | 07.08.2017 06:34 |
Gespräch mit Liebergott über das Warten | Ilka-Maria | Geschichten, Märchen und Legenden | 1 | 12.10.2014 20:50 |
Über dich, über mich, über uns | red.riding.hood | Geschichten, Märchen und Legenden | 0 | 26.11.2008 19:16 |
Gespräch mit der Lampe über der Spüle | Eisblau | Sonstiges Gedichte und Experimentelles | 11 | 31.05.2007 20:54 |