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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 21.10.2022, 12:36   #1
männlich dunkler Traum
 
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Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 60
Beiträge: 1.614

Standard der Mensch ist gut

Der Mensch ist gut.
Das vermutlich einzig denkende Wesen im All,
dessen Bestimmung es ist,
seine eigene Art
ohne Notwendigkeit zu quälen und zu töten.

Der Mensch ist gut.
Er erfand Gott,
um Schuld delegieren zu können.
Der Mensch ist gut.
Er schuf die Säge,
um sich selbst die Lebensgrundlage zu entziehen.

Der Mensch ist gut.
Er erkannte die Atomkraft
als wirksames Massenvernichtungsmittel.
Der Mensch ist gut.
Er technisierte die Genetik,
um Krankheiten und Seuchen selbst zu produzieren.

Der Mensch ist gut,
denn er wird die Welt,
die er mißhandelt, quält und tötet,
allein von sich selbst befreien.
Effektive Menschizide machen wir doch selbst.
Der Mensch ist gut!
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.10.2022, 13:26   #2
männlich Perry
 
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Dabei seit: 11/2006
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Beiträge: 3.762

Standard Hallo dunkler traum,

eine pessimistische, wenn auch aktuell nicht ganz von der Hand zuweisende Einschätzung unserer Spezies.
Ich würde dazu tendieren, der Mensch ist gut, nur sein Egoismus leider oft stärker als die Nächstenliebe.
Andererseits könnte man auch sagen, der Mensch ist (zu) schwach, um sich gegen seine Unterdrücker aufzulehnen.
Ich gebe trotzdem die Hoffnung nicht auf, dass das Gute gewinnt zumindest bis zur nächsten Krise.
LG
Perry
Perry ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.10.2022, 13:38   #3
männlich dunkler Traum
 
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Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
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Beiträge: 1.614

... jaja natürlich, die Hoffnung stirbt zuletzt. Das Gedicht ist 25 Jahre alt und in dieser Zeit habe ich keine Veränderung bemerkt. Ich glaube eine zunehmende verdeckte Faschisierung wahrzunehmen, ich mach mir Sorgen.
Danke für den Kommentar.

wünsche schöne Träume
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.10.2022, 14:02   #4
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Hallo dunkler Traum,
natürlich kann man alle Feststellungen von dir unterschreiben. Ich mach es trotzdem nicht, weil mir die Darstellung des Menschen und seiner Fähigkeiten zu einseitig ist.
Richtig: Der Mensch quält andere Menschen, tötet sie sogar und keine tierische Bestie kann es mit dem Menschen aufnehmen.
Aber: Der Mensch rettet auch andere Menschen, selbstlos und selbstaufopfernd.
Auch da kann kein anderes Wesen es mit dem Menschen aufnehmen.
Ich bleibe bei Perry und hoffe auf den Sieg des Guten.
Heinz
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Alt 21.10.2022, 14:48   #5
männlich dunkler Traum
 
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Beiträge: 1.614

... natürlich ist das Werk einseitig, ich verstehe euch. Du kannst das Werk auch einfach als Kapitalismuskritik sehen und den Begriff ersetzen. Übrigens,

Der Mensch ist gut.
Er erklärte Abtreibung zum Verbrechen,
um Frauenkörper zu vereinnahmen.

wünsche schöne Träume
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2022, 20:08   #6
Ex-Pennywise
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Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Moin dunkler Traum,

vom Aufbau her hat Dein Text etwas von einer Kirchenpredigt. Zumindest hat mich die Wiederholung am Anfang jeder Strophe daran erinnert. Ich habe den Pfarrer fast schon gehört. Allerdings würde er das inhaltlich so nicht bringen.

Inhaltlich bin ich aber bei Dir. Ich stimme den beiden Vorrednern zwar zu, dass es durchaus auch das Gute im Menschen gibt. Natürlich! Aber eine Verrohung der Menschheit scheint es mir mit ihrer Zunahme zu geben. Ist mein rein subjektiver Eindruck. Ich denke, dass Du mit Deiner Kapitalismuskritik nicht ganz falsch liegst. Im Moment gibt der Planet nicht genug für alle her. Da versucht der Stärkere den Schwächeren mit allen Möglichkeiten zu verdrängen, sich Platz zu verschaffen.

Gruß

Pennywise
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Alt 24.10.2022, 03:56   #7
männlich Heinz
 
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Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Lieber Pennywise,
du glaubst eine zunehmende Verrohung der Menschheit registieren zu können.
Da muss ich dir widersprechen.
Wenn ich an das Massaker der Deutschen Wehrmacht im November 1943 im Städtchen Kalavrita/Peleponnes denke, an den Völkermord der Jungtürken an den Armeniern, die Schicksale der Juden im Dritten Reich, die Hexenverbren-nungen im Mittelalter, die amerikanischen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki - ich könnte die Aufzählung fortsetzen - , wenn ich dazu noch die Vernichtungsmethoden schildere, würden einige nicht mehr in den Schlaf finden. Das Wort Barbarei ist nicht erst heute erfunden worden.
Mit meinem Einwand will ich die barbarischen Handlungen in der Jetztzeit nicht verharmlosen. Was Putin zur Zeit in der Ukraine anrichtet ist ein weiterer Beweis dafür, dass im Menschen sowohl das Böse als auch das Gute zu finden ist. Unsere Aufgabe sollte sein, das Gute zu fördern, zu kultivieren, und das Böse zu ächten.
Liebe Grüße,
Heinz
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Alt 24.10.2022, 08:45   #8
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.103

Guten Morgen,

Texte dieser Art - damit meine ich nicht die Form, die ich gelungen finde, sondern den Inhalt - hatten wir im Forum schon oft. Überhaupt scheint die Kritik am Wesen des Menschen und an der modernen Lebens- und Wirtschafsform, insbesondere am Sündenbock "Kapitalismus", en vogue zu sein. Aber leider geschieht das fast ausnahmslos undifferenziert und auch mit unbewiesenen Behauptungen.

Der Mensch war in der Vergangenheit wesentlich weniger gut als heute, kaum empathisch und in seinen kriegerischen Auseinandersetzungen und in der Strafjustiz geradezu barbarisch. Das hatte vielleicht damit zu tun, dass die Ängste bis weit in die Neuzeit und vor dem Fortschritt der Wissenschaften von Aberglauben geschürt war. Gegen das Pfählen, Vierteilen und Rösten im "Brüllenden Bullen"zum Tode Verurteilter war das Köpfen oder Hängen geradezu eine Gnade gewesen. Giordano Bruno, einer der größten Philosophen und klügsten Köpfe der Menschheit, wurde im Jahr 1600 nach langer Gefangenschaft anlässlich eines Festes in den frühen Morgenstunden öffentlich und bei lebendigem Leib verbrannt, wobei man frisches, feuchtes Holz verwendete, um sein Leiden möglichst lange hinauszuziehen. Das war "Fernsehen" zu Beginn der Neuzeit, und vielleicht mit dem gleichen Ziel wie heute, nämlich den Menschen Angst zu machen und sie von wahren Zusammenhängen abzulenken.

Steven Pinker hat in seinem Buch "Gewalt" anhand einer umfangreichen Betrachung der Menschheitsgeschichte, der kriegerischen Auseinandersetzungen und der Entwicklung von Verbrechen und Justiz sowie einer Fülle von statistischem Material nachzuweisen versucht, dass der Mensch noch nie so gewaltfrei war wie heute und ein Begriff wie "Empathie" erst in der Moderne denkbar geworden ist. Das mag mit den Errungenschaften der Psychologie und Soziologie zu tun haben.

Pinkers Buch ist umstritten, aber das Material ist nun einmal vorhanden. Ebenso lesenswert sind die Bücher "Schwarzbuch des Kommunismus" und "Schwarzbuch des Kapitalismus". Dann kommt man vielleicht mal auf die Idee, zu hinterfragen, wieviele Millionen von Menschen auf brutalste Weise dem Kommunismus zum Opfer gefallen sind, und zwar nicht durch Angriffe von außen, sondern durch die eigenen Staatsführer und deren Büttel. Im übrigen geht die heutige Kritik weniger gegen den Kapitalismus, der im Gegensatz zum Sozialismus Wohlstand gebracht hat, als vielmehr gegen den Neoliberalismus.

Lesenswert ist auch "Eine Geschichte der Kindheit" von Philippe Ariès. Da wird so mancher Leser ungläubig den Kopf darüber schütteln, wie im Gegensatz zu heute die Menschen ihre Kinder früher angesehen haben und wie sie mit ihnen umgegangen sind. So etwas wie eine Kindheit gab es nämlich früher nicht, sie ist eine Erfindung der Moderne. Rousseau hatte einen guten Grund, seinen "Émile oder Über die Erziehung" zu schreiben. Obwohl er seine eigenen Kinder ablehnte und sie in ein Heim abschieben ließ. Der Mensch ist eben ein ambivalentes Wesen.

Man kann einwenden: "Jaaa, aaaaber ... wenn ich mich heute umsehe, sind die Menschen rücksichtsloser geworden. Wir sind zur Ellenbogengesellschaft geworden, in der die Menschen in einem Konkurrenzkampf stehen, ihren Narzissmus pflegen und und und ...". Stimmt! Es gibt die Raserei auf den Straßen, die Missachtung von Regeln, der Kampf um die Fleischtöpfe und die Lockerung sozialer Bindungen. Das sind aber Probleme, die es immer gab, wenn der Mensch in eine Umbruchzeit kam. Das war so, als die Antike von den Völkerwanderungen hinweggefegt wurde und das Mittelalter begann, das war so am Beginn der Neuzeit und der Wissenschaften und auch in der ersten Industrialisierung, als die Bauern ihre Länder verloren ("Bauernlegen") und in die Städte strömten, wo aber nicht alle in den wenigen ersten Manufakturen und Fabriken Arbeit finden konnten und die meisten deshalb verhungerten.

Die Gegenüberstellung von Schwarz und Weiß hilft überhaupt nicht weiter. Probleme sind da, um gelöst zu werden. Wobei man gewahr sein muss, dass die Lösung immer auf Kosten neuer Probleme geht und dass man natürlich auch gegen Widerstände kämpfen muss. Aber auch das war schon immer so in der Geschichte der Menschheit.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
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