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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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26.04.2014, 14:49 | #1 |
Der Denker
Ich sitze, in drängendes Denken gekauert,
das Kinn auf dem Rücken der Hand aufgestützt, ein Nackter, der nichts als sich selber besitzt, auf kippendem Weltstumpf, vom Wahnsinn umlauert, und denke mir alles so sinnlich ins Leben, die Lust ohne Sünde, die kopflose Gier, und pflanze im Denken in jeden sein Tier, um Menschen bereichert ins Dasein zu heben. Denn ist nicht ein Fallen vor allem Beginnen und drängt nicht erst Eros den schlafenden Keim zum Wachsen, den Mensch aus dem traulichen Heim ins bildende Schaffen mit all seinen Sinnen? Nach: A. Rodin: Der Denker (Plastik aus dem Höllentor) |
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26.04.2014, 15:20 | #2 |
Klasse, gummibaum!
Wie lange muss man schreiben, um so geschmeidig und gehaltvoll schreiben zu können? Nur eine rhetorische Frage. Mit der letzten Strophe hast du mich vollends gepackt. Ja, das sind und bleiben wohl die stärksten Antriebe für Kunst jeder Art. alles Liebe, simba |
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26.04.2014, 15:43 | #3 |
R.I.P.
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Hallo, Gummibaum -
den ersten Absatz von Simbaladung kann ich bedenkenlos unterschreiben.
aber ist wirklich Eros der stärkste Antrieb, Kunst zu schaffen? Den Rodin habe ich jetzt plastisch vor Augen (er begegnet einem zudem fast täglich). LG Thing |
26.04.2014, 16:25 | #4 |
abgemeldet
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Du bist nicht umlauert, sondern umfasst.
LG RS |
26.04.2014, 16:55 | #5 |
Hallo simba,
ich habe nicht auf die Uhr geschaut. So drei Stunden etwa. Lieber Thing, ich glaube schon, wenn man die sublmierten Formen von Eros einbezieht. Hallo Poesieger, das Wilde will denkend ausgehalten sein. Darum: umlauert. Vielen Dank. Interessant dazu: Rilkes Interpretation (s.u.). LG gummibaum http://www.textlog.de/3685.html |
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26.04.2014, 17:01 | #6 |
abgemeldet
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Das war noch höflich von mir, aber insgeheim war mir klar, dass du ein erfasst bestätigen würdest.
LG RS |
28.04.2014, 11:18 | #7 | |
Hallo, gummibaum!
Dies Gedicht finde ich großartig. Ich kenne natürlich die Plastik und habe Rodin damals sozusagen über Rilke kennengelernt Von daher eine schöne Kombination, die mir eigentlich auch gefallen musste LG Beteigeuze P.S. Besonders gefällt mir hier der Vers: Zitat:
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28.04.2014, 18:18 | #8 |
Lieber Gummibaum,
sogar ohne den Hinweis auf Rodins Denker, hat mich dein Gedicht völlig in seinen Bann gezogen. Was mich fasziniert, ist der große Bogen, den du entwirfst und den du so scheinbar leicht und mühelos in sich schlüssig zu Ende bringst. Großartig! Einen schönen Abend! Rosmarie |
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28.04.2014, 20:37 | #9 |
gesperrt
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bewundernder gruß!
shoshin |
28.04.2014, 20:51 | #10 |
gesperrt
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ps. ich brauch bitte noch eine erläuterung:
"und pflanze im denken in jeden sein tier," das li denkt sich das nur aus, es also nicht wahr? das tier=eros, der den menschen erst bereichert..? "ein fallen vor allem beginnen"..erkennen, das gerade diese "tierischen" eigenschaften uns ausmachen? aber warum dann erst mit dem denken pflanzen, was ja schon längst gepflanzt ist, was eigentlich unsere wurzeln sind? bitte klär mich auf, sonst kann ich nicht ruhig schlafen lg shoshin |
28.04.2014, 21:01 | #11 |
R.I.P.
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Müssen eigentlich Gedichte seziert werden?
Sollen sie nicht im Ureigentlichen dem Leser Freiraum für die eigene Phantasie lassen? Ich habe etwas Grundlegendes gegen die Bitte oder Forderung an den Dichter, seine Gedichte zu "erklären", "erläutern", "verständlich machen". Wenn es um "Kryptisches" geht, bei dem wirklich kein Mensch verstehen kann (oder soll?), was gemeint ist - da laß ich Gedicht einfach Gedicht sein. Dies nur nebenbei. Thing |
28.04.2014, 21:09 | #12 |
gesperrt
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du hast recht, lieber thing!
ich nehme meine blöden fragen wieder zurück, lieber gummibaum! das eine ist deins und das andere meins. ich komm mir vor wie ein gehirnpirat! entschuldige bitte! lg shoshin |
28.04.2014, 21:28 | #13 |
Hallo Beteigeuze,
schön, dass du den Denker nochmals hochgeholt hast und ihn mit Lob be"denkst". Hallo Rosmarie, vielen Dank für deine freundlichen Worte. Ich freue mich. Hallo shoshin, ich bin gerade müde, werde vielleicht erst am Wochenende Erklärungen geben. Ich füge, damit du die Zeit bis dahin nicht schlaflos verbringen musst, ein paar Sätze Rilkes zu der Plastik an. LG g "Er (Rodin) gab Hunderten und Hunderten von Figuren, die nur ein wenig größer waren als seine Hände, das Leben aller Leidenschaften zu tragen, das Blühen aller Lüste und aller Laster Last. Er schuf Körper, die sich überall berührten und zusammenhielten wie ineinander verbissene Tiere, die als ein Ding in die Tiefe fallen; Leiber, die horchten wie Gesichter und ausholten wie Arme; Ketten von Leibern, Gewinde und Ranken, und schwere Trauben von Gestalten, in welche der Sunde Süße stieg aus den Wurzeln des Schmerzes... ... Im Rahmen ist von beiden Seiten ein Aufsteigen, ein Sich-empor-Ziehen und Hoch-Heben, in den Flügeln des Tores ein Fallen, Gleiten und Stürzen die herrschende Bewegung. Die Flügel treten ein wenig zurück, und ihr oberer Rand ist von dem vorspringenden Rand des Querrahmens noch durch eine ziemlich große Fläche getrennt. Vor diese, in den still geschlossenen Raum, ist die Gestalt des Denkers gesetzt, des Mannes, der die ganze Größe und alle Schrecken dieses Schauspieles sieht, weil er es denkt. Er sitzt versunken und stumm, schwer von Bildern und Gedanken, und alle seine Kraft (die die Kraft eines Handelnden ist) denkt. Sein ganzer Leib ist Schädel geworden und alles Blut in seinen Adern Gehirn. Er ist der Mittelpunkt des Tores, obwohl noch über ihm auf der Höhe des Rahmens drei Männer stehen. Die Tiefe wirkt auf sie und formt sie aus der Ferne. Sie haben ihre Köpfe zusammengebogen, ihre drei Arme sind vorgestreckt, laufen zusammen und zeigen hinunter auf dieselbe Stelle, in denselben Abgrund, welcher sie niederzieht mit seiner Schwere. Der Denker aber muß sie in sich tragen." Lieber Thing, du hast gerade gepostet, als ich das Voranstehende schrieb. Und, was du schreibst, tut mir gerade unendlich gut und enthebt mich auch der weiteren Erklärung zu dem Text, die ihn gewiss nur auf eine Formel verkürzen würde. LG g |
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28.04.2014, 22:10 | #14 |
gesperrt
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danke!
ohne den denker gibt es all das gar nicht. dass es derart "schönes schaffen" gibt, das wir mit allen sinnen dann tatsächlich wahrnehmen können, haben wir dennoch dem denker zu verdanken, der diese "last des denkens" austrägt. träum schon, denker! lg shoshin |
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