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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln. |
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26.05.2016, 19:32 | #1 |
Sonett und Gegensonett (geschüttelt)
Was in Sonetten Dichter schlau erdachten,
das führt der tristen Wörterlatte wegen, selbst wenn sie die verschämt in Watte legen, oft in Tenzonen nur zu Dauerschlachten. Mir ist schon klar, die Kerls ersinnen Späße! Wie zäh sie doch beim Worteleimen raufen, dass Verse nicht so drög in Reimen laufen. Ach, wenn der Witz nur, den sie spinnen, säße! Einst wird auch mich der ewge Schlummer decken, drum will ich mich hier nun als Schlemmer ducken, ein gutes Fläschchen noch zum Dämmer schlucken und mich an Schüttelreimen dummer schlecken. Ich will die letzten Jährchen schlau genießen und vor Sonetten meine Augen schließen. Der Sonettist entgegnet: Was wäre denn, wenn du die Augen schlössest, die Freiheit von Sonetten schlau genössest? Wenn Vierzehnzeiler deinen Schlummer hemmen, dann mal doch, Schüttler, Berge, Almen. Pinsel ein Bild von einer fernen Palmeninsel, wie zwei bei feinem Wein und Hummer schlemmen. Du darfst ja Schüttellust gar viel verspüren, doch muss ich fürs Sonett die Form verneinen. Wie wolltest du die strenge Norm verfeinen und mich zu deinem Schüttelspiel verführen? Wohl wahr, geschüttelt sind leicht vierzehn Zeilen, doch sind es noch zum edlen Fachwerk Meilen. Du musst noch tüchtig an dem Machwerk feilen. Ich reiche dir zur Schüttelzier zehn Feilen. |
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26.05.2016, 20:09 | #2 |
abgemeldet
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Lieber Fridolin,
einfach genial! Ich kenne Leute, die sehr gute Sonette schreiben können und solche, die witzige Schüttelreime schreiben, was ja so schon nicht einfach ist. Aber jmd., der geschüttelte Sonette (Hier als Gegenstück ein Sonett travers) so gekonnt schreiben kann, kannte ich bis dato nicht.
Da kann ich nur sagen: Chapeau! Liebe Grüße Thrud |
26.05.2016, 21:44 | #3 |
Hallo Fridolin,
Thruds Meinung teile ich gern, soweit es um deine technische Virtuosität geht. Ich kann mich nicht daran erinnern, in einem Forum etwas vergleichbar anspruchsvolles gelesen zu haben. Sehr beeindruckend - würde mehr Aufmerksamkeit verdienen. Nur eine Anmerkung / Frage, die aber mein Lob nicht schmälern soll. Es stellt sich natürlich immer die Frage, ob es für die Qualität des Gesamtkunstwerkes immer von Vorteil ist, wenn man sich zu viele formelle Pflichten auferlegt. Ich meine, "Ich reiche dir zur Schüttelzier zehn Feilen" würde man so wohl nicht schreiben, wenn man formell freier wäre. Aber das ist eine ewig alte Diskussion, die ich auch nicht lösen kann. Wollte es nur mal so in den Raum stellen. |
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26.05.2016, 22:00 | #4 | |
abgemeldet
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Hallo Vinco,
Zitat:
Grüße Thrud |
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26.05.2016, 22:14 | #5 |
R.I.P.
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Auch von mir eine tiefe Verbeugung mit "Chapeau!" und "Bravo!" -
fast möchte ich da capo rufen. Auf jeden Fall ein Favorit, lieber Fridolin! Alles Liebe von Romulus Thing |
27.05.2016, 07:08 | #6 |
Ich möchte mich da gern weiterhin einer eindeutigen Wertung entziehen. In jedem Fall hat Fridolin in mir die Lust geweckt, auch mal was mit Schüttelreimen zu probieren. In dieser Konsequenz habe ich das noch nie probiert.
Vielen Dank dafür! |
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27.05.2016, 07:23 | #7 |
An alle, mit bestem Dank für die Beschäftigung mit diesem Werk. Allerdings scheint mir eine Erläuterung angebracht:
Das Eingangssonett entstand als (unveröffentlichter) Beitrag zu einem Dichterstreit in Form von Streitsonetten zwischen dem Dichter Lothar Klünner und dem Sonettisten Klaus M. Rarisch. Ausgangspunkt war die Ankündigung einer Reihe von Abendveranstaltungen durch den Berliner Dichter Herbert Laschet Toussaint, bei denen Sonette gelesen werden sollten. Lothar Klünner hielt, Sonette zu lesen, für anachronistisch und teilte dies Laschet mit, ironischerweise in einem Sonett. Der schickte das Werk an Klaus M. Rarisch, einem ausgewiesenen Experten dieser poetischen Gattung. Der revanchierte sich postwendend mit einem Sonett, auf das dann Klünner resonettierte. So kam eine Tenzone, ein Wettstreit in Streitsonetten, zustande, dem sich dann auch noch andere Dichter pro und kontra anschlossen. Soweit die Vorgeschichte. Das Eingangssonett greift die Klünnersche Position auf, der das Kapitel Sonett längst für abgeschlossen ansieht und die Penetranz der Sonettisten geißelt, die nichts anderes tun, als in vierzehn Zeilen ihre Weltanschauung in die Welt zu schießen. So kommt denn auch in meinem Sonett der Kritikus zu dem Schluss: Ich will die letzten Jährchen schlau genießen und vor Sonetten meine Augen schließen. Dieser Position kann der Sonettist natürlich nur widersprechen. Und er tut es, indem er den Wortwitz des Antisonettisten aufgreift und schüttelreimend die Gegenposition aufbaut, wozu auch die Feststellung gehört, dass der Schüttelreim für die Gedichtform Sonett als unpassend abzulehnen ist. Was Klünner da fabriziert, ist eine Pseudo-Schelte, und neu ist so etwas nicht. Und ebenso wenig neu die Ironie, sie als Sonett zu präsentieren. Schon andere zuvor haben sich dem Sonett gegenüber scheinbar ablehnend geäußert, besonders krass, die Gossensprache geißelnd und deshalb oft missverstanden, Robert Gernhardts hochironisches, dem Sonettverächter in den Mund gelegtes Sonett „Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs“. Klünner hat damals die Tenzone angestoßen, wohl wissend, dass er letztlich gegen die Sonettisten in diesem Spiel nicht bestehen kann. Sie haben nicht nur die besseren Argumente, sondern sind auch überzeugender in der Kunst, ein Sonett zum Klingen zu bringen. Mich hat es gereizt, diese beiden Sehweisen darzustellen. Auch bei mir hat der Sonettist die besseren Karten, aber indem dies eben mit Schüttelreimen geschieht, scheint mir der Beweis geführt, dass der Schüttelreim auch im Sonett bestehen kann. Ob dies gelungen ist, sei dem Urteil der Leser überlassen. Liebe Grüße Fridolin |
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27.05.2016, 07:33 | #8 |
Hmm, interessant, ohne Frage, aber ist die "Erläuterung (deshalb auch) angebracht"?! Ich empfinde sie als überflüssig, zumindest für deine Werke.
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02.06.2016, 17:34 | #9 | |||||
Schön, aber...
Moin,
in der Tat stechen Deine Zeilen aus dem Wust an lyrischem Bodensatz, der in diesem Forum mannigfach zu finden ist, klar hervor. Gut soweit, ein wahres Angebinde zugunsten der Leserschaft. Ich persönlich erachte die Form als eine arg schwierige, und dem mag es geschuldet sein, dass ich nicht sonder eine gewisse Kritik verbleibe. Zitat:
Zitat:
Z. 1 - Prima. Bis auf das Metrum. Z. 2 - "als Schlemmer ducken" mutet wie eine ungeschlachte Behelfskonstruktion an, um die Form zu wahren. Z. 3 - Gut, alldieweil ich das "Fläschchen" eher mit Medizin in Verbindung bringen würde, nicht mit Wein o.ä. Z. 4 - Kapiere ich nicht. "dümmer schlecken" wäre kein Schüttelreim mehr, aber warum nicht "Dummer schlecken" (also der Dummen) oder "dumm erschlecken"? Zitat:
Zitat:
Zitat:
Z. 2 - Schon wieder ein "sind", wirkt auf mich lexikalisch etwas dürftig. Z. 3 - Prima. Z. 4 - Wow, ein kleiner schöner Binnenreim, aber wo kommen die zehn Feilen jetzt plötzlich her? Leichter semantischer Bruch, ist aber voll okay und ergibt nach der ersten Überraschung auch Sinn. Was allerdings suboptimal anmutet, sind die Zeilenenden "feilen - Feilen". Wie gesagt, nicht krumm nehmen, ist Meckern auf hohem Niveau. Hoffentlich konstruktiv. Cheers! |
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04.06.2016, 11:08 | #10 | ||||||||||
Hi,
movfaltin, lass mich mit deinem letzten Satz beginnen: Zitat:
Ich schreibe seit bald 70 Jahren Gedichte und habe Verslehre zuerst bei Walter Kayser „studiert“. Sein Büchlein „Kleine deutsche Versschule“, ist mir neben Werken anderer Verslehrer bis heute ein wertvoller Helfer. Im Kapitel „Metrischer Rhythmus“ spricht er einen für den Dichter wichtigen Aspekt an: „Was geschieht, so lässt sich fragen, wenn der Rhythmus eines Gedichtes möglichst nah beim Metrum bleibt? Wenn jede Hebung erfüllt wird und die Einschnitte beim Sprechen immer nur den Schnitten des Schemas entsprechen?“ Als Beispiel zitiert er einige Strophen aus dem Gedicht „Frühlingslieder“ von Platen, der ob seiner Formenstrenge bekannt ist. Kayser stellt fest: „Der Gesamteindruck ist der einer hölzernen Starre. Man kann beim Lesen das berühmte „Leiern“ kaum vermeiden, das in der Gleichmäßigkeit der kräftigen Hebungsschweren und der völligen Gleichheit der Hebungsabstände besteht.“ Diese Überlegungen vorweg. Nun zu deinen Einwänden: Zitat:
Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben.. Versmaß: fünfhebige Jamben xXxXxXxXxXx An anderer Stelle monierst du bei Schüttellust, die Betonung auf „Lust“, sehe ich nicht anders als Goethes „Kunstgebrauch“. Zitat:
Oft im Gewitter, Trübes mir zu schönen .. Zitat:
Den werd ich nie mit meinen Zeilen kränzen, Dem eitle Spielerei mein Wesen dünket, Und Eigensinn die künstlichen Gesetze. Doch, wem in mir geheimer Zauber winket, Dem leih ich Hoheit, Füll in engen Grenzen, Und reines Ebenmaß der Gegensätze. Z1, 2 und 4 beginnen eindeutig betont, streng genommen mehrere metrische Fehler. Dennoch gilt dieses Sonett als beispielhaft, was auch du wohl nicht bestreiten kannst. Zitat:
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Zitat:
Das ist ein Vorschlag, den ich gut finde, Zitat:
Halt emool, schab bloos noch ebbes gonz privat, do muss jo keener zuheere. Du hosch ma jo schumol d’Lewidde glese, hab doch glei gedengt, den Kerl do vunne eleggdrisch den kennsch. Awwer jetzt heerisch uff derre plattform uff zu schreiwe, isch bin neemlisch schwerbehinnert und muss misch uff ä Seit bschränke, und des is net poetry. Alla machs gut. LG Fridolin |
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04.06.2016, 11:09 | #11 |
04.06.2016, 11:11 | #12 |
Hallo Thrud und Romulus Thing,
jetzt hab ich euch fast vergessen, ich danke für die wohlwollenden Kommentare. Wie an anderer Stelle schon gesagt, konzentriere ich mich jetzt auf meine Schüttelreimgruppe auf Facebook. LG Fridolin |
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