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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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27.02.2023, 12:53 | #1 |
Moloch - "sonnet noir"
Moloch
Kein Speichel netzt die trockne Lippe: Blut Schmeckt eine Zunge, die darüber gleitet. Es ist der Alptraum, der die Mähre reitet. In müden Augen glimmt nur Angst, nicht Mut. Da wohnen Schluchten, wo die Schwärze ruht, In denen sich die Illusion verbreitet, Dass doch ein guter Geist den Golem leitet, Der nach den Schätzen sucht, nach warmer Glut, An der sich Hoffnung nährt und echte Nähe. Leviathan hat Höhlen sich gegraben Und Kasematten: Rückzug nach den Kämpfen Um Beute, Reichtum, Glück. In schweren Dämpfen Und dichten Nebeln betteln, die nichts haben. Im Stadtpark krächzt allein die letzte Krähe. Geändert von Walther (27.02.2023 um 15:27 Uhr) |
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28.02.2023, 18:53 | #2 |
Forumsleitung
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So, lieber Walther, jetzt zu dir, nachdem ich mich an anderen Texten abgerieben und mir vielleicht wieder hier und da die Finger verbrannt habe. Für deine Gedichte muss ich mir aber Zeit lassen, die müssen wegen ihrer Komplexität erst einsickern, und da kommentiert man nicht einfach mal aus dem Stand heraus.
Schon die erste Strophe musste ich mehrfach lesen, weil sie Fragen aufwirft. Die Lippe ist trocken, aber da ist Blut, und das ist eigentlich nass. Das gab mir zu denken, aber dann dachte ich: Ja, eine trockene Lippe wird rissig, sie platzt auf, und dann beginnt sie zu bluten. Das ist plausibel. Sie ist der Auftakt zu einem düsteren Bild, das beinahe apokalyptische Züge trägt: Alptraum, Mähre, Angst. Diese Endzeitstimmung (man könnte es auch Depression nennen) wird in der zweiten Strophe verstärkt durch die Illusion: Der Geist des Golem und die Suche nach Gold führt in Wahrheit in tiefschwarze Schluchten. Es kommt noch schlimmer: Leviathan, das Ungeheuer, der Dämon, hat sich in seine Höhle zurückgezogen und sitzt auf seinem Schatz wie in der germanischen Mythologie Fafnir, der Drache. Derweil siechen seine ausgebeuteten Opfer dahin, und selbst die Krähe findet keinen Gefährten mehr und droht, die letzte ihrer Art zu sein. Mehr Endzeit geht nicht. Ein Gedicht, das zur Stimmung vieler Kritiker an den heutigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen passt und Wasser auf ihren Mühlen sein müsste. Da fragt man sich, oder besser: ich frage mich, weshalb es keine Resonanz erfährt. Zu anspruchsvoll? Zu wenig plakativ? Zu wenig platitüd? |
28.02.2023, 19:55 | #3 | |
Zitat:
danke fürs ausgraben. ich poste und freue mich, wenn sich - selten - eine resonanz ergibt. dabei frage ich mich nie, ob das poem gefallen oder ohne widerhaken vorbeihuschen soll. es wäre für mich eine verschwendung von schreibspaß - um den geht es doch in erster linie -, wenn ich mich dadurch einschränkte. dazu ist die verbleibende lebenszeit mir zu kostbar. natürlich spiegelt sich in allen texten der widerhall der zeit wieder. wir können uns ja nicht abkoppeln. der moloch stadt ist ein altes thema. menschenansammlungen wie diese/r entwickeln eigene wesenheiten und wesenhaftigkeiten. sie sind oft dunkel gefärbt, weil auch wir, die menschen, das sind. es gibt wenig strahlendes in uns. unser glanz oxidiert bereits durch unser erstes handeln. mit der zeit wird er matt und unansehnlich. und dann wäre da noch das, was man/frau bildung nennt. ich weigere mich bei meiner poesie, sie nicht vorauszusetzen. in der belletristik kann man bilden. im gedicht geht das nicht. lg W. |
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