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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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01.02.2011, 19:39 | #1 |
Nichts
Nichts Ich seh' dich wie durch dichten Nebel. Ein stumpfer Druck liegt auf den Ohren; die Worte dringen durch zu mir, doch die Bedeutung geht verloren. Ich fühle mich so schwach und leer, das Nichts in mir nimmt alles ein; nichts bleibt was ich dir sagen könnte, ich lass dich los, ich bin allein. Ich denk an Epikur, Lukrez. Was jetzt nichts ist, war niemals etwas; Ich bin nicht, und ich war nie hier, und du bist reine Illusion. |
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01.02.2011, 19:47 | #2 |
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Ich mag diese Jammer-Texte nicht, in denen die Rede davon ist, daß die eigene Existenz nur von irgendeiner anderen, überwaltigenden, geradezu göttlichen Person abhängt. Wie wäre es dagegen mit dem eigenen, geradezu unzerstörerischem Selbst? Was soll die Sache mit dem "Nichts"? Mir ist noch nie jemand begegnet, der das "Nichts" gesehen hat. Und wie kann denn "ein Nichts" es fertigbringen, daß es "alles einnimmt"?
Es gibt kein "Nichts". Wenn es anders wäre, gäbe es keine Probleme auf der Welt. |
01.02.2011, 19:53 | #3 |
Es geht hier nicht darum, dass jemand von irgendeiner göttlichen Macht abhängig ist, oder "das Nichts" sieht. Es geht um Realitätsverlust, jemand sieht sich um, und weiß nicht mehr, was echt ist, und was nicht. Wenn ich von Nichts rede, meine ich eine emotionale Leere; das LI findet keinen Sinn mehr in seinem Leben, es merkt, dass es immer weniger empfindet, und hat Angst davor.
lg Caora |
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01.02.2011, 19:58 | #4 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Aber egal, das ist meine Weltsicht. Mal abwarten, was die anderen User dazu sagen. |
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01.02.2011, 20:12 | #5 |
Ich mag diese Jammer-Texte schon
Wobei sie meiner Meinung nach sehr menschlich sind. Und wer stand nicht schon einmal vor so einem Nichts? Ob jetzt bewusst oder nicht... Wenn man eben an die Grenzen seiner (Vorstellungs-) Kraft stößt. Noch dazu ist das Gesicht vom Klang her sehr schön, also vom Aufbau und Wortwahl gut getroffen. Die erste Strophe finde ich am stärksten. Wie gesagt - ich mag das Gedicht. Und solche Jammer-Texte. Aber nur als geschriebene Worte. Nicht als Lebenseinstellung. lg |
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01.02.2011, 20:20 | #6 |
Diese "emotionale Leere" kenne ich zwar auch,
aber irgendwie geht es immer weiter im Leben. Das sind Phasen des Lebens, die jeder mal irgendwie durchlebt. Jeder IST ... |
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01.02.2011, 20:22 | #7 |
R.I.P.
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Halli Hallo, caora -
ich finde es auch gut gemacht. Mir perönlich präsentiert sich hier eine manifestierte Depression. Thing |
01.02.2011, 20:23 | #8 | |
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Zitat:
Dieses vermeintliche Nichts klingt mir eher nach pubertärem Erst-Liebe-Verlust. Da geht die Welt innerhalb kürzester Zeit unter, aber komischerweise geht am nächsten Tag die Sonne wieder auf. Aber okay, vielleicht bin ich von diesem Zustand auch schon Lichtjahre entfernt. Ich war auch mal idealistischer - inzwischen habe ich Hornhaut angesetzt. |
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01.02.2011, 20:26 | #9 |
Manchmal sollte man sich dieses Selbstmitleid einfach mal gönnen. Solange es nicht - wie gesagt - zu einer Lebenseinstellung und Krankheit wird.
Einen Moment lang sich bei sich selbst ausheulen und sich leer fühlen - und dann geht's weiter. |
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01.02.2011, 20:34 | #10 |
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Also eine Art "Wellness"-Programm? Ich verstehe. Für mich war das immer das Kino. Auf das "Nichts" wäre ich nie nicht gekommen.
Aber ich kam immer mit gestählten Muskeln aus dem Saal. |
01.02.2011, 20:39 | #11 |
Wäre das wirklich der Fall, würde ich dir vielleicht sogar Recht geben. Tatsächlich handelt es sich hier, wie Thing richtig erkannt hat, um Depressionen, die man nicht einfach überwinden kann; wenn du da eine gescheiterte erste Liebe hineininterpretierst, dann hast du mich wohl missverstanden.
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01.02.2011, 20:50 | #12 |
Forumsleitung
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Dann muß ich das wohl unter diesem Aspekt sehen. Falsch interpretiert - ich lese es mir nochmal durch.
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01.02.2011, 21:02 | #13 |
@ Ilka-Maria:
Ich gebe zu, das LD könnte den Eindruck einer "Liebe" erwecken; ich hatte da eher an Freund oder Schwester gedacht, aber Partner/Schwarm funktioniert genauso, und die Bedeutung des Gedichtes ändert sich dadurch für mich nicht. Man könnte die beiden Interpretationen auch koppeln; eine gescheiterte Liebe könnte Depressionen auslösen, aber nur bei einem Menschen, der von vorn herein dazu neigt (ist z.B. auch genetisch Bedingt). lg Caora |
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01.02.2011, 21:07 | #14 |
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Dann sind ja auch alle Alkoholiker entschuldigt. Ich begreife so langsam ...
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01.02.2011, 21:52 | #15 |
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Eine genetische Veranlagung für Depressionen wird derzeit erforscht. Dazu ist Depression eine echte Krankheit, die dazu jeden treffen kann, und nicht nur ein subjektives Weicheisyndrom psychisch instabiler Jammerlappen. Es gibt durchaus Hilfe. Sogar chemische. Ich wollte das zuerst auch nicht glauben.
--- Ich finde, das Gedicht beschreibt sehr gut und verdichtet einen depressiven Zustand, besonders die innere Erosion und den Realitätsverlust, der damit einhergehen kann. |
02.02.2011, 10:45 | #16 |
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Man sollte nicht "Nichts" und "Leere" verwechseln. Aber das nur nebenbei.
Ich kann nicht sagen, dass ich solche "Jammertexte" mag, aber ich kann auch nicht sagen, dass ich sie nicht mag. Sie haben manchmal ja durchaus einen selbsttherapierenden Effekt und Sinn. Und das ist ja auch in Ordnung. Sie sind für private Anlässe sicher manchmal sinnvoll, z.B. als Ausdruck des Trostes, der Empathie, der Solidarität, der Mitfreude, des Mitleids, des Mitgefühls, des Glückwunsches. Was mich aber stört, ist, dass die Autoren oft glauben, das sei bereits "Literatur". Sicherlich, das lyrische Werk von Celan oder Nelly Sachs oder Rose Ausländer könnte man streckenweise auch als "Jammerlyrik" abtun. Aber bei ihnen kommt eben oft noch etwas hinzu: Dass es den Lesenden im Innersten treffen kann (nicht immer, aber oft...). Ich finde, dieses Gedicht ist handwerklich durchaus gelungen. Vor allem beherrscht die Autorin die deutsche Sprache, was ja bei manchen Autoren leider nicht der Fall ist. Der Inhalt interessiert mich nicht, denn er spricht nichts in mir an, und auch nichts von dem, was ich von Freunden kenne. Möglicherweise habe ich hier bald den Ruf eines "Empirikers" weg, aber für mich ist Erfahrung etwas ganz Wichtiges in der Literatur. Aber nicht nur die eigene Erfahrung ist wichtig (da genügt ein Tagebuch), sondern auch die mögliche Relevanz der eigenen Erfahrung für die Erfahrungsebenen anderer Menschen. Diese Relevanz fehlt mir hier. Aber vielleicht fehlt mir ja auch die Antenne dafür?! P. |
02.02.2011, 11:35 | #17 |
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Richtig. Ersteres ist eine undefinierbare Fiktion, letzteres existiert real in meinem Kühlschrank.
--- Ohne Flachs - drei Viertel aller Lyrik nach 1945-50 ist doch nur noch egozentrische, bauchnabelschauende Jammerlyrik. Ungefähr die gesamte Sylvia Plath zum Beispiel. Für Empiriker sei (unnötigerweise) darauf hingewiesen, daß letztlich alle Erfahrung subjektiv und individuell gemacht wird. Ob bei der Kommunikation individueller Erfahrung ein intersubjektiver Funke überspringt, hängt letztlich von den beteiligten Subjekten ab. Bei mir springt hier etwas über, bei anderen nicht. Das ist völlig in Ordnung. Ich suchte gestern vergeblich nach einem Fachbegriff für das Phänomen, das dem Gedicht zugrunde liegt - hier sind gleich zwei: Depersonalisation und Derealisation. |
02.02.2011, 11:51 | #18 | |||
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Zitat:
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Zitat:
P. |
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02.02.2011, 12:03 | #19 |
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02.02.2011, 12:06 | #20 |
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Ich habe nicht von "Psychopathie" gesprochen (das ist eine sehr schlimme Persönlichkeitsstörung), sondern von "Psychopathologie", der Lehre von der kranken Seele (siehe z.B. Karl Jaspers, deren "Psychopathologie" bis heute an den Universitäten als Standardwerk verwendet wird).
Gruss P. |
02.02.2011, 12:11 | #21 |
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Alles klar. Diese Begriffe werden halt viel durcheinandergeworfen.
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02.02.2011, 12:22 | #22 |
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02.02.2011, 12:26 | #23 |
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