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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 22.08.2022, 15:32   #1
männlich MonoTon
 
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Standard Das Outing (Trugbild)

Alles ist wie immer. Zumindest für meine Eltern. Aber mir brummt höllisch der Schädel.
Mein Vater liest Zeitung und schaut dabei hin und wieder dezent über seinen Brillenrand. Er strahlt die Ruhe in Person aus, obwohl er schon wieder 5 Minuten zu spät dran ist. So als Systemadministrator kann ich mir nicht vorstellen, dass das wirklich gut sein kann. Er wirkt fast so, als wollte er gar nicht mehr zur Arbeit gehen und nur da sitzen und Frühstücken, Zeitung lesen, um nebenbei meiner Mutter auf den Hintern zu starren, während sie die Aufbackbrötchen in ihren heißen Ofen schiebt. Sie hat auch schon Quark bereit gestellt, das schmiert sie immer gleich drauf, sie meint das wäre gesund.
Meine Mutter? Nun ja, sie ist schon lieb, allerdings auch sehr konservativ. Ihre Lieblingsfarbe ist hellblau, genau wie das Schürzchen, dass sie vom Nacken herab über den Brüsten trägt. Zwei ziemlich große Brüste. Ich vermute fast, dass mein Vater sie nur deswegen geheiratet hat. Wenn sie sich bewegt, schwingen die dicken Titten herum, als würden sie ihr gleich das Tablett aus der Hand schlagen. Mein Vater findet es nach wie vor toll. Sein Randbrillenblick verrät ihn. Auch die hochgezogene Augenbraue.

Und ich? Ich trage ein kleines schmutziges Geheimnis mit mir herum. Aber auch erst seit gestern Nacht. Gott bin ich abgesackt.
Ich bin 16 und mein Name ist Klaus-Peter. Ja ich weiß.
Meine Mutter hat den Namen ausgesucht. Sie erzählte mir als Kind, dass sie immer schon einen Sohn wollte der so hieße, weil der Name ja den Charakter bestimmen würde.
Somit wäre ich also ihr ganzer Stolz. Mein Vater meinte danach, dass ich sicher Schwul werden würde bei so einem Namen, aber er würde mich trotzdem lieben. Bla bla...

Was mein Geheimnis betrifft. Ich traue mich nicht so recht es meinen Eltern zu sagen, allerdings sitze ich ziemlich unruhig auf meinem Stuhl, wie man an meinen vorsichtigen Bewegungen wahrscheinlich ausmachen kann.
Mein Vater schaut bereits rüber zu mir, als würde er etwas ahnen. Bisher dachte ich, das nur Mamas Möpse ihn interessieren würden. Ich frage mich, wie er mich ansieht.
Er fasst zu seiner „Alles Scheiße“ Tasse, während er mich mustert.
Ich versuche krampfhaft still zu halten, während er mit seinen Blicken in mich eindringt.
Wieso bin ich für ihn plötzlich spannender, als Muttis Quarkbrötchen, die sie gerade aus ihrem heißen Ofen zieht? Schau doch da hin...machst du doch sonst auch immer...

Während ich versuche den Blicken meines Vaters auszuweichen überkommt es mich. Ich spüre ein ziepen unter Vaters penetrantem Blick. Er schmunzelt etwas, leckt sich den Mundwinkel und gleitet wieder herab an seiner Zeitung. Bei seinem herum gelecke, musste ich kurz Schlucken.

Es brennt eben noch etwas, aber ProntoLind mildert das ganze ein wenig. Sieht aus wie Gleitgel auf Wasserbasis. Wie soll man das verheimlichen? Und es war eben das erste Mal für mich. Auf alle Fälle erinnere ich mich nicht mehr an das was war, aber ich glaube er hieß Razor oder so. Ein Freund von mir meinte, dass ich mich bei meinem ersten Mal unbedingt von ihm rannehmen lassen sollte. Angeblich wäre er ein toller und besonders guter Stecher.
Aber wie gesagt, ich erinnere mich gerade mal an seinen Namen, ich war ziemlich betrunken. Ich glaube das Ding war riesig, so wie es brennt!

-

Ich weiß gar nicht wirklich wie ich sitzen soll. Verdammt.
Meinem Vater könnte ich es wahrscheinlich ohne Probleme erzählen. Er würde über seine Brille glotzen, laut lachen und danach wieder auf die Titten meiner Mutter schauen, oder in die Bildzeitung, da sind ja auch immer Titten drin. Ihn interessiert so was glaube ich weniger. Oder er würde zu mir kommen und fragen ob ich wüsste, was das für gefahren mit sich bringt.
Ganz unrecht hätte er nicht, denn ich glaube das Ganze war nicht sehr sauber. Ich glaube ich hab mir was eingefangen. Auch wenn es nur ein kleiner Virus ist. Mein Hintern sagt mir, dass es mir nicht so gut geht. Aber ich glaube das kann auch am schlechten Gewissen liegen.
Ich weiß noch, dass es schlecht beleuchtet war als Razor mich dran nahm. Als ich mich in Position brachte und mich auf den Bauch legte, fielen mir die Augen zu. Aber ich hörte noch wie er und meine Kumpels lachten und sich gegenseitig anfeuerten, als Razor meinte dass ich den Knebel wohl nicht bräuchte.

Ich schrecke kurz auf.
Meine Mutter steht neben mir und streicht mir durch die Haare und zart über den Nacken. Ihre dicken Titten hängen neben mir.
„Klausi, was ist los? “
Ich könnte kotzen, wenn sie mich so nennt, zudem schrillt mir ihre Stimme in der Birne nach und ihre Hand in meinem Nacken macht mir Gänsehaut. Ich will mich schütteln. Jetzt.
Mein Vater schaut abermals zu mir. Er legt sogar extra für mich die Zeitung weg und penetriert mich demonstrativ mit seinen Blicken, so als wollte er gleich in mich fahren.
„Deine Mutter hat dich was gefragt.“
Ich bin versucht abermals den Blicken auszuweichen, während meine Mutter wieder das Wort ergreift. Mein Gefühl brechen zu müssen wird fast unerträglich.
„Klausi-Schatz?“
Boah, Himmel...versehentlich entgleisen mir die Gesichtszüge, was mein Vater kurzum bemerkt und auch sofort kommentiert.
„Hör auf mit den Augen zu rollen und sag was los ist, ich seh doch dass du was hast. Mach’s Maul auf. – Schlechte Note geschrieben?“
Dazu muss man sagen, dass ich noch nie wirklich eine gute Note geschrieben habe. Mein Vater glaubt aber, dass ich einiges von ihm habe. Wenn Blödheit vererblich wäre, dann würde ich ihn gerne erschießen.
Ich kann mir den Stoff stundenlang rein prügeln und meine Skills würden allenfalls bis zum Bleistift anspitzen ansteigen. Was übrigens meinen Zeichnungen im Unterricht sehr zugute kommen würde. Und wenn ich so dran denke, der Elternsprechtag letzte Woche sitzt immer noch tief in mir. Mein Vater stobte in mein Zimmer und hat mir dermaßen den Arsch vergoldet! Ob ich das als Grund angeben sollte? Ich frag mich ob das was bringen würde? Ich kann nur hoffen, dass es ihn nach der Arbeit und seinem Feierabendbier nicht überkommt. Allerdings Zitter ich schon jetzt und kriege sicher heute Nacht kein Auge zu, während ich daran denke, wie ich im dunkeln die Tür zu starre. Allerdings hätte ich es wohl auch verdient. Das muss Schicksal sein.
In Gedanken versunken trifft mich ein Brötchen am Kopf.
„Werner! Lass den Jungen in ruhe! Mit Essen wirft man nicht, in anderen Ländern...“ Meine Mutter streckt ihre Titten in Papas Richtung und er ist schlagartig wie paralysiert.
„Ja Schatz. Aber, was hat er denn? Sag doch mal nen Ton, ich muss gleich zur Arbeit.“
...ich wünschte du wärst schon los... Geht es mir durch den Kopf, stattdessen antworte ich.
„Ich mag aber nichts sagen.“

Mein Vater schaut auf seine Uhr und wird ungeduldig und laut.
„Entweder du sprichst jetzt, oder es setzt hier und jetzt einen Arsch voll!“
Klatsch, da hab ich schon eine von Muttis Möpsen an der Stirn, die mich vehement verteidigt und in ihren mütterlichen Schutz nimmt. Die Brust hämmert gerade zu auf meinen Kopf ein und alles wackelt vor mir.
„Nicht so Werner! Was sollen die Nachbarn denken? Die können dich sicher hören.“
Während meine Mutter weiter ihre Brüste an meinem Kopf reibt, bemerke ich, dass die Schürze nach Papa riecht. Ich will gar nicht wissen, was die treiben, wenn ich mal am Wochenende mit meinen Kumpels abhänge.

„Der kleine Pisser spricht jetzt, das ist mein letztes Wort!“ fährt mich mein Vater an.
--
„Ich möchte aber nicht!“
Wut zündelt durch meinen Kopf. Wieso zwingen die mich dazu, etwas das nur mich angeht Preis zu geben? Was geht es sie an?
Sie dringen fast täglich ungefragt in meinen Privaten Raum ein, vor allem mein Vater. Die Tür war immer zu, bevor er sie aufstieß.
Kurz flackert in meinem Kopf ein Bild von Rache und Erhabenheit in meinem Kopf auf und ich nutze die Situation, um meine Eltern zu schockieren.
Vielleicht erschlagen ja Mamas Brüste meinen Vater, wenn sie ihm kreischend um den Hals fällt und vom Glauben abfällt.
„Ich hab mich gestern von nem Typen stechen lassen! Zufrieden?“ schrei ich beide an.
Stille.

Mein Vater blickt mich von oben herab an und meine Mutter schaut Augenblicklich besorgt auf meine Ohren und tastet sie nach Metall ab.
„Nein Mama, nicht da...nicht so...“

Irgendwie hatte ich mir die Situation anders vorgestellt.
Sicher ihrer Worte, aber entsetzt aufgrund meiner Worte herrscht meine Mutter mich an.
„Du bist zu Jung für ein Pissing, das haben wir dir nicht erlaubt.“
„Pissing? Schatz was ist ein Pissing?“ Mein Vater kann sich ein grinsen nicht verkneifen.
„Das ist doch jetzt egal Werner, unser Sohn macht eine Mental schwerwiegende postpubertäre Zeit durch, wir sollten ihm beistehen und ihm ein offenes Ohr haben.
Ich frage mich ob wir irgendwas Falsch gemacht haben. Wo hast du dein Pissing denn Klausi-Liebling?“
Wie eine Katze fängt meine Mutter an, mich wie ein Junges überall am Körper abzutasten.
„Lass den Jungen doch mal in Ruhe. - Er zeigt uns wo er’s hat.“ siegessicher und mit verschränkten Armen grinst mein Vater mich an.

Mit den Worten hatte ich nicht mal in tausend Jahren gerechnet. Ich habe kein Piercing und was ich zeigen würde, würde meiner Mutter die Schamesröte ins Gesicht treiben und meinem Vater den Gürtel ausziehen.

„Ich kann das nicht zeigen, spinnst du?!?“
Angstschweiß macht sich auf meiner Stirn breit und ein Gefühl des ertappt seins. Ich werde bleich und würde am liebsten aufstehen und wegrennen, wenn mir der Arsch nur nicht bei jeder Bewegung so brennen würde. Ich mache Anstalten aufzustehen und mein Vater drückt mich zurück in meinen eigenen Stuhl.

„Aaaaahhhh!! Das ist nötigung Alter!“
Mein Schrei hallt quer durchs Haus und augenblicklich lässt mein Vater mich los.
„Hast du das beschissene Piercing am Arsch, oder was?!?“ fragt mein Vater, unter den verzweifelten Blicken meiner Mutter.
„Werner, wo geht da ein Piercing? Oh mein Gott!“

Die Katze ist aus dem Sack. Meine Mutter hat meinen Vater mit ihren gigantischen Hupen leider nicht wie geplant erschlagen. Stattdessen verlangt mein Vater nun von mir, dass ich die Hosen runter lasse und ihm zeige was passiert ist. Gleichsam sehe ich vor meinem geistigen inneren Auge, wie sich heute Nacht sein Gürtel öffnet, um mir zu zeigen wo der Hammer hängt... Ich will das nicht...

„Ich will das nicht...ich will das nicht zeigen!“
--
„Du hast es dir eingebrockt und jetzt sieh’ zu, dass du dafür gerade stehst! Los, Hose runter!!!“ Mein Vater verkneift die Augen und beißt sich auf die Unterlippe, als würde er auf diesen Moment warten, seitdem ich geboren wurde.

Ich schäme mich, stehe aber auf und drehe mich um.
Mein Vater steht hinter mir und verschränkt die Arme, in seinem Gesicht steht Bestrafung.
Meine Mutter wirbelt um meinen Vater herum und bittet ihn, damit aufzuhören, doch....zu spät, meine Hose ist unten.
Mein Vater verzieht ungläubig die Miene und meine Mutter hält sich die Hände vor die Augen während sie durch die Finger linst, als auch die Unterhose hinterher rutscht.
Ich schäme mich so und höre meine Mutter leise fragen.

„Werner? Was heißt L . L?“
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Alt 22.08.2022, 16:11   #2
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Ihre Lieblingsfarbe ist hellblau, genau wie das Schürzchen, dass sie vom Nacken herab über den Brüsten trägt
Vom Stil her konnte ich in die Story gut einttauchen, trotz einiger korinthenknödeligen Vorbehalte, aber bei obigem Satz habe ich mit dem Lesen aufgehört. Wie kann man etwas vom "Nacken herab", also hinten, über den Brüsten statt über dem Buckel und den Hinterbacken tragen?

Jeder weiß zwar, was gemeint ist, aber die Vorkenntnisse des Lesers machen längst keinen guten Stil. Der Autor ist angehalten, ein genaues Bild zu beschreiben. Er ist ein Maler, der nicht mit einer Farbpalette, sondern mit Sprachbildern arbeitet. Ich hätte die Passage so geschrieben:

Ihre Lieblingsfarbe ist hellblau. Deshalb sind alle ihre Schürzen hellblau, damit sie immer eine zum Umbinden hat, wenn die anderen in der Wäsche sind. Die Schürze, die sind jetzt trägt, ist kein Tarzan-Schurz, der in der rückwärtigen Taille festgehalten wird, sondern eine Schürze mit Latz und Bändern, die man im Nacken knotet. Und dieser Latz hat es in sich! Er war schon immer zu klein geschneidert gewesen, um die üppigen Brüste meiner Mutter vor allem zu schützen, was es in der Küche an Feuerproben auf sie abgesehen hatte. In meiner pubertären Phantasie, als ich zu alt wurde, um meine Mutter noch mit der Heiligen Mutter aus der Bibel gleichzusetzen, schöpfte ich den Verdacht, mein Vater habe sie, meine Mutter, nur wegen ihrer großen Brüste geheiratet.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.08.2022, 17:04   #3
weiblich DieSilbermöwe
 
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Beiträge: 6.708

Hallo MonoTon,

die Geschichte hat mich mitgerissen. Sicher könnte man stilistisch etwas feilen, aber ich finde sie von ein paar Kleinigkeiten abgesehen echt gut geschrieben.
Ich habe noch nicht mal während des Lesens runter gescrollt, um zu sehen, wie lang sie ist - d. h. sie ist spannend.

Schöne Grüße
DieSilbermöwe
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