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Alt 09.08.2022, 15:43   #1
männlich dr.Frankenstein
 
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Standard Kapitän Feuchter Fleck

Ich lungere am Rand der sinnlosen, Produktivität besessenen Welt im Wald,
bin ja mittlerweile Waldpirat.
Zum Glück haben diese verunglimpften Menschchen das equatouristische Potenzmittel des Tagtraumes verdrängt. Ich baue Kreativitätsfallen zwischen die Bäume
oder treffe abgeschilfte Kreuzungen auf dem Weg und alles während ich aus dem Fenster glotze.
Als ob mein Geist in Astralien rebellische Piratenlieder singt. Sagt Mera immer.

Manchmal sagt mir dann diese seltsame innere Stimme, ich soll was anderes machen, als hier so blöd aus dem Fenster zu glotzen.

Dabei bin ich doch beim Faulenzen fast immer mit dem weisesten, aber verborgenen Piratenkapitän auf hoher See und kann kucken, was der mir zu sagen hat.

z. B.: "Fox du alte Kanallie, häng das Segel hoch."

Und dann häng ich mir die Hängematte off und schaukel mit den Wellen.
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Alt 09.08.2022, 16:38   #2
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Ich weiß schon Kapitän. Meine Sinne entscheitern, was die Realität gern tät. Umso schöner ist es, wenn meine Sinneseindrücke von denen der Anderen abschweifen.
Das passiert oft bei Habitilationen.

Dann werden meine Sinneseindrücke ganz weich, so biegsam wie die realen Außenreize mit mir spielen, gekonnt lasziv. Bei meiner Sinnestäuschung bin ich häufiger enttäuscht vom Sinneseindruck der sinnlich dreinkuckt.

Fehlgebeutelt im Schiff der rauschenden Blätter der Dunkelheit sitzt die kauernde Gestalt des Kapitäns und lacht bei seinem Geschäft. Oh diese dreckige Lache.

Wahnvorstellungsgespräche bei ihm funktionieren aber nur durch die unkorrigierbare Überzeugung an seinem Dasein festzuhalten, auch wenn er im Widerspruch zum Urteil anderer vor dir steht und der Logik jedes Idioten widerspricht.

Bei seinen Feinden wird er zum gehässig lachenden Verfolgungswahn. Harhaarrr
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Alt 09.08.2022, 17:12   #3
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In den letzten Jahren der Tagträumerrei schien mir diese neue Wirklichkeit mit Mera hier im Wald so erfolgreich, dass alle Zweifel an dieser Lebensformel mir wie bloßgestellte Traum-Propaganda erschien und ich in einer romantischen Idealwelt der Natur gelandet bin. Viele Mondhaken später, nachdem die Verbindung mit ihr zu einem einsamen Rumhängen aufschaukelt, zerfällt die Fantasie-Piraten-Gesellschaft in Raufbolde und Trinker, fluchende Piraten und stinkende Flittchen rufen mich des Nächtens lauter als ehemals.

Auf dem Schiff ist ein bunter Haufen zufriedener Schläfer, entgeisterter Trottel, getäuschter Gelähmter, gekränkter Getränke, verlorener Schätze, gewaltbereiter freier Radikale, Versicherter, Rubbellos kaufender Resignatörtchen. Für all das lässt sich vielleicht eine klausible Verklärung finden.

Doch am wichtigsten für meine Launen und die Verwertung meines gepresst triefenden Dahinvegetieren ist Freiheit, Fantasie und die Leute die mit dabei sind.

Gerade weil meine Fantasie in dieser Blessur vom Blesshuhn abgewertet abwehrt was da auf mich einfährt, fließt meine Selbstwerterfahrung den Bach runter, egal ob ich diese neuen Umstände ablehnige oder angenehmige,

bleib ich doch der Alleinige.
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Alt 10.08.2022, 01:16   #4
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Aber ich liebe Mera, meine Liebe zu ihr ist wie das Internet, völlig sinnlos, aber ich sterbe am fehlenden W-Lan.
Trotzdem ruft mich der Kapitän auf meinen Streifzügen durchs Unterholz.
"Du musst dieser Angst den Enterhaken zeigen Matrose."
Und ich weiß es ja auch.
Das is so ein innerer Alarm der da klingelt wenn die Frachter am Horizont erscheinen,
der will mich schützen in meinem kleinen Pisspot.
Denn lieg ich wach und kann nix mehr machen – Der Kapitän hat viele Fratzen.

Was aber volle Kanone is:
Das Meer lässt sich nich eben mal abschalten, wir hängen da mit unserem Kahn so voll fest
und auch wenn der alte ranzige Halunke Schweißausbrüche kriegt, und total Zittern is, verkrampft der sich immer so das wir irgendwie aus jeder misslichen Lage rausgekommen sind.

Solange der Kapitän das Boot und die Mannschaft antreibt, immer besser zu werden und der ganze verlauste Haufen niemals nicht gut genug ist,

stehen wir erfolgreich dieser erbärmlichen Zufriedenheit entgegen.
Fehler sind die Schuld von Spinnen, dem Kanonier der stolpert oder dem Stuhl auf dem die Sachen im dunkeln zusammengeknüllt wie ein Angreifer wirken.

Und so war es auch auf unserem Kahn der Brunhilde heißt. Wenn einer jetzt das Maul aufreißt.
Der Geldtransporter fuhr gemächlich über die Landstraße als ihnen die Kanonensalven des gestolperten Kanoniers trafen.
"Zu früh" schrie der Kapitän: "viel zu früh du bleiernes Blechgesicht."
Er zuckte nur mit den Schultern und die Mannschaft rann schreiend aufs Land. Wie eine Welle aus Körpern, cremige Masse die sich auf der Wiese dem Transporter nähert, während die Wachen die Riegel zu schließen versuchen.
Fasr jeder Wachmann kennt es, Angst zu haben.

Es ist sein normales Gefühl wie Wut und aufs Klo zu müssen. Die Ursachen sind unsäglich: Schmerz, fremde Piraten und das Versagen aller Sicherheitsmaßnahmen.

Auf die rennenden Wilden bezogen: ihr Lachen, ihre Tritte und Kanonen.

Dabei ist diesen Typen nich bewusst, wie gefährlich starke Angstgefühle für sie sind. Das Adrenalin bringt sie dazu, dass er die Tür nicht mehr richtig verschließt, wenn er sich verkrampft und dann wie gelähmt in seiner Ecke kauert. Wodurch er den Anweisungen aus der Zentrale nicht mehr folgt.
Natürlich spüren das schlechte Piraten und reagieren auf das seltsame Verhalten. Wir springen gegen die Scheiben und schneiden Grimassen.
Winnetou packt das Schweißgerät aus dem Rucksack. Während dem Wachmann panisch das Handy entgleitet.

Der Kapitän sagte mir mal
Angst is zum verbeugen oder zum befreunden. Mit den fiesesten Vorkehrungen kannst du das Angstflittchen um den Finger wickeln. Die brauch garkein eigenes Raum Zimmer, die kann schön mit dir im feuchten Fleck schlafen.
Als Pirat muss man schon aus Prinzip melodisch methodisch abgehen. Du musst nur immer mit den leichten, bekannten und einfachen Piratenliedern anfangen, bevor die schwereren, unbekannten Komplexe sich zu deinem Zwecke nutzbar machen.
Angst ist einfach Überforderung, du Gießkannenflöte.
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Alt 10.08.2022, 01:33   #5
männlich dr.Frankenstein
 
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An die Position des Kapitäns einer Piratenflotte kommt man meist nur extropulverisiert – bunte Hampelmänner und stille Piepser fallen keiner Sprotte auf, um sich in der echten demokratischen Klopperei auf dem Schiff, bei anderen Kapitänen, Kopfgeldjägern oder vielleicht der Königin für Spitzenverdienste zu perfektmunitionieren.

Nur welcher harte Hund sich das traut, Dutzenden von Wahnsinnigen zu sagen wo es lang geht und wer über millionen von Goldschätzen verfügen will, muss in der Regel optimistisch und selbstbewusst sein.

Aber nicht unser Kapitän.
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