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Alt 25.09.2022, 19:33   #1
männlich MeisterPetz
 
Dabei seit: 09/2022
Ort: Gammesfeld
Beiträge: 11


Standard Mord im Affekt

„Notrufzentrale, sie sprechen mit Polizeiobermeister Schmidt!“, die Stimme klang irgendwie monoton und so mit einem nerv-mich-nicht Unterton. „Ich, … ich, … ich habe ihn umgebracht!“, mehr konnte ich nicht sagen, ein Schluchzen raubte mir die Stimme.
„Wen haben sie umgebracht?“, fragte der Polizist nun höchst interessiert und aufmerksam.
„Ich habe ihn umgebracht. Da ist kein Leben mehr in ihm.“, antwortete ich unter mehreren Schluchzern. „Wer sind sie und von wo rufen sie an? Ich kann den Rettungsdienst allarmieren, vielleicht ist er noch zu retten.“, meinte der Mann hoffnungsvoll.
„Rettungsdienst? Nein, ihm kann keiner mehr helfen und ein Rettungsdienst schon gar nicht. Ich habe ihn umgebracht.“
„Hören sie“, meinte der Polizist nun, „sie stehen unter Schock. Sagen sie mir doch einfach, von wo aus sie anrufen. Wo sind sie gerade?“
„Zuhause! Ich bin zuhause. Ich habe ihn umgebracht!“, jammerte ich.
„Wie ist denn ihre Adresse?“, fragte die Stimme ganz freundlich.
„Ach vergessen sie es.“, sagte ich unter Tränen und legte auf.
Wie alles begann:
Es war eine milde Sommernacht und deshalb hatte ich die Terrassentüre offen und den Rollladen halb unten. Außerdem befand sich eine Fliegengittertüre unter dem Rollladen, so dass keine Mücken oder andere Tiere in die Wohnung konnten. Ich schlief herrlich in meinem weichen Bett.
Kaum wurde es hell, kam sie. Eine Katze, die hier wild lebt und von mir immer Futter bekommt. Aber hin und wieder nervt sie gewaltig. Mit dem ersten Sonnenlicht stand sie heute vor der offenen Terrassentüre und miaute lautstark.
„Los, du Faulenzer, steh auf und gib mir Futter!“, dröhnte es fordernd an mein Ohr.
„Geh weg und lass mich in Ruhe ausschlafen!“, rief ich zurück. Aber das war für sie nur ein Ansporn es weiter zu versuchen. Sie miaute noch lauter und begann ihre Krallen in das Gitter der Fliegengittertüre zu schlagen. Das hörte sich an, als würde jemand versuchen mit einem stumpfen Messer die Saiten einer Geige durchzuschneiden.
„Hörst du wohl auf!“, rief ich halb verschlafen und wütend vom Bett aus. Sie nahm zwar ihre Krallen von dem Gitter, dafür bekam ihr Miauen aber einen unglaublich Mitleid erregenden Ton. Ich krabbelte mühsam aus dem Bett, rieb mir die Augen und schwankte in die Küche, um Futter zu holen. Sie würde sonst keine Ruhe geben. Auf dem Rückweg zog ich mir erst einmal Socken an, um mich vor den Bissen der Katze in meine Beine etwas zu schützen, denn sie zwickte mich auf dem Weg zum Futternapf, der etwa zwei Meter von der Terrassentüre entfernt stand, nur allzu gerne in die Waden. Kaum hatte ich die Fliegengittertüre geöffnet, ging es auch schon los. Sie strich mir um die Beine, dass ich kaum gehen konnte und versuchte ständig mich zu kneifen. Bei meiner kurzen Hose halfen die Socken da auch nicht wirklich. Ich hüpfte von einem Bein aufs andere und dachte; Rumpelstilzchen wäre neidisch geworden, wenn es meine Sprünge gesehen hätte. Schnell tat ich das Futter in den Napf und konnte mich nun gefahrlos zurückziehen.
Mit einem Blick auf den Wecker begann ich zu rechnen; noch 20 Minuten Schlaf. Schnell schlüpfte ich unter die Decke und schloss die Augen.
Plötzlich fing draußen eine Taube an, fürchterlich laut zu gurren: „Huh, huh, huh, huuuuuh!“ Und schon kam die Antwort einer anderen Taube. Vorbei war es mit der Aussicht auf Schlaf. In meinem Kopf formte sich das Gegurre zu einem Zwiegespräch:
„Was für eine Nacht!“, gurrte die eine.
„Sag bloß, lief da was?“, fragte neugierig die andere.
„Gestern Abend flog ich an Hugo vorbei und habe ihm zugeblinzelt.“, lächelte stolz die erste.
„Und? Und? Nun mach es nicht so spannend, erzähl schon.“, die zweite war sehr neugierig.
„Er flog hinter mir her und setzte sich zu mir auf den Ast.“, sie begann zu schwärmen.
Weiter bekam ich nichts mehr mit, ich hielt mir meine Bettdecke gegen die Ohren. Ich wollte doch nur noch ein wenig Schlafen.
Ich atmete tief ein und aus und tatsächlich, ich flog förmlich in das Land der Träume. Ich befand mich in einem gigantischen Raum voller Träume, aus denen ich auswählen konnte. Gerade hatte ich mich für einen wundervollen Traum entschieden, da zog mich etwas heftig zurück in die Realität. Ich wehrte mich, aber der Sog wurde stärker und stärker und ging über in ein lautes, penetrantes „RING! RING!“
Erst da realisierte ich, dass es mein Wecker war. Wütend griff ich nach ihm und warf ihn mit aller Wucht an die Wand. Es klirrte, dann schepperte es vom Boden her, aber dann war Ruhe. Der Wecker war tot, mausetot. Erneut zog ich mir die Bettdecke über den Kopf.
Im Traum rief ich dann den Notruf an und gestand: „Ich habe ihn umgebracht! Es war im Affekt.“
Dann stand ich plötzlich im Gerichtssaal, die Hände auf dem Rücken mit Handschellen fixiert. Krachend sauste der Hammer dicht vor mir auf das Pult und der Richter rief: „Unschuldig! Der Wecker war selbst schuld. Man stört keinen schlafenden Menschen.“
Stunden später wachte ich auf. Ausgeruht und voller Tatendrang, bereit einen Kurzkrimi zu schreiben.

© 25.08.22 Andreas Petz
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Alt 25.09.2022, 23:48   #2
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.878


Hallo Meister Petz,
wieso wusste ich schon nach den ersten Worten, dass hier keine spannende Kriminalgeschichte zu erwarten war? Zu "durchsichtig" ist die Anlage deines Werks.
Gewundert hätte es mich nicht, wenn du der Katze den Garaus bereitet hättest.
Also: Bei der gewünschten Spannung war ruckzuck die Luft raus. Zu stark erscheint mir auch die Vermischung von erlebter Realität und Traumerlebnis.
Ich prophezeihe dir: Das wird nicht viele Leser und Kommentare geben.
Gruß,
Heinz
Heinz ist gerade online   Mit Zitat antworten
Alt 26.09.2022, 06:54   #3
weiblich DieSilbermöwe
 
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Beiträge: 6.687


Hallo Meister Petz,

mir hat die Geschichte gefallen, dieser Mix aus Schlafen und Wachen. Ich habe mich gut unterhalten gefühlr.

Besonders schön fand ich diesen Abschnitt:

Zitat:
Plötzlich fing draußen eine Taube an, fürchterlich laut zu gurren: „Huh, huh, huh, huuuuuh!“ Und schon kam die Antwort einer anderen Taube. Vorbei war es mit der Aussicht auf Schlaf. In meinem Kopf formte sich das Gegurre zu einem Zwiegespräch:
„Was für eine Nacht!“, gurrte die eine.
„Sag bloß, lief da was?“, fragte neugierig die andere.
„Gestern Abend flog ich an Hugo vorbei und habe ihm zugeblinzelt.“, lächelte stolz die erste.
„Und? Und? Nun mach es nicht so spannend, erzähl schon.“, die zweite war sehr neugierig.
„Er flog hinter mir her und setzte sich zu mir auf den Ast.“, sie begann zu schwärmen.
Eigentlich schade, dass davon nicht mehr kam.

Zu meckern habe ich nur, dass die Geschichte ein paar Absätze vertragen hätte.

Schöne Grüße
DieSilbermöwe
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Alt 26.09.2022, 08:14   #4
weiblich Ilka-Maria
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Guten Morgen, MeisterPetz,

zunächst: Den Text habe ich von der Gedichte- in die Geschichten-Rubrik verschoben.

Leider ist er nicht stimmig. Wer ist außer dem Ich-Erzähler der Protagonist? Die Katze, die Tauben oder der Wecker? Du schreibst, die Geschichte sei ein Krimi. Aber da man einen Wecker nicht ermorden kann - dieser Begriff ist Menschen vorbehalten -, erkenne ich kein Tatmotiv, wegen dessen man einen Polizisten, der erfahrungsgemäß ohnehin über beide Ohren in Abeit steckt, belästigen sollte. Offensichtlich hast du das selbst gemerkt und die Geschichte am Ende in Richtung Traum abgebogen - ein leider ausgelutschter Trick, den man, wenn man schon auf ihn zugreift, literarisch geschickter verarbeiten sollte.

Vieles an der Handlung und den Dialogen ist unglaubwürdig. So wie hier geschildert würde kein Polizist seine Fragen stellen. Der Dialog der Tauben ist albern und überflüssig, da er mit der Handlung null zu tun hat und sie ergo kein bisschen beeinflusst. Als Autor sollte man sich entscheiden, ob man einen Krimi oder eine Tiergeschichte schreiben will.

Der Stil ist verbesserungswürdig. Wie so oft bei wenig erfahrenen Schreibern häufen sich die Füllwörter und Floskeln: irgendwie, ganz, unglaublich, nicht wirklich, einfach, plötzlich ... Sie blähen den Text auf und sind in den meisten Fällen verzichtbar. Das gilt auch für Widerholungen:
... mehr konnte ich nicht sagen, ein Schluchzen raubte mir die Stimme.
„Wen haben sie umgebracht?“, fragte der Polizist nun höchst interessiert und aufmerksam.
„Ich habe ihn umgebracht. Da ist kein Leben mehr in ihm.“, antwortete ich unter mehreren Schluchzern.
Oder: "... fragte der Polizist nun höchst interessiert und aufmerksam."

Wenn man von einem Fliegengitter spricht, muss man nicht noch erwähnen, dass es Mücken am Reinkommen hindern soll, denn so doof ist der Leser nicht.

Manche Metaphern und sonstigen Vergleiche sind merkwürdig, wie z.B. der Satz über das Rumpelstilzchen. Diese Figur wäre wohl kaum auf die Sprünge des Ich-Erzählers neidisch geworden, denn dieses Märchen ist keine Slapstick-Komödie. Rumpelstilz tobte aus Zorn darüber, dass er betrogen worden war, und riss sich dabei entzwei.

Wenn die Geschichte aus dem Füller einer/eines Zwölfjährigen geflossen wäre, könnte ich ein Auge zudrücken und denken: "Na ja, man muss halt anfangen und dazulernen."

Sorry, aber die Story - auch als Traum verkauft - überzeugt nicht.

VG
Ilka
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Alt 26.09.2022, 09:42   #5
männlich Manni M.
 
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Beiträge: 113


Hallo MeisterPetz,

ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht, jedoch ist die Umsetzung in meinen Augen nicht gelungen. ‚Nicht stimmig‘ trifft es wohl ganz gut.
Was ich allerdings recht witzig fand, war die Anmerkung von Ilka-Maria bezüglich der Füllwörter bei wenig erfahrenen Schreibern, wenn man bedenkt, dass der Autor nach eigenen Angaben bereits zehn Bücher veröffentlicht hat. Was mich außerdem erheblich gestört hat, war, dass Du die Anrede Sie permanent kleingeschrieben hast.
Beste Grüße,
Manni
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Alt 26.09.2022, 10:23   #6
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Manni M. Beitrag anzeigen
Was ich allerdings recht witzig fand, war die Anmerkung von Ilka-Maria bezüglich der Füllwörter bei wenig erfahrenen Schreibern, wenn man bedenkt, dass der Autor nach eigenen Angaben bereits zehn Bücher veröffentlicht hat.
Das beweist nichts. Das kann heute jeder in den zahlreichen Selbstverlagen, meistens kostenlos. Oder bei einem der Abzock-Verlage, die Geld dafür verlangen; dann muss man halt ein paar tausend Euro abdrücken.

Im Selbstverlag habe ich auch schon ein paar Bücher veröffentlicht. Allerdings hatte ich zuvor dreieinhalb Jahre lang Lehrgänge im Schreiben von Romanen und Drehbüchern unter Führung eines Lektors und Schriftstellers sowie einer etablierten Schriftstellerin mitgemacht und einen meterhohen Stapel an Fachbüchern zum Thema "kreatives Schreiben" durchgearbeitet, daneben fast alle Bücher des Journalisten-Ausbilders Rolf Schneider. Ein bissherl weiß ich also, worauf mein Urteil gründet. Ob meine Veröffentlichungen als gelungen angesehen werden, kann ich nicht beeinflussen. Aber ich will damit ja auch kein Geld verdienen.

Und natürlich kann zu dieser Geschichte hier jeder seine eigene Meinung haben.
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